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Ein Traktor trägt bei einer Demonstration im thüringischen Frankendorf die Aufschrift „Unser Land wird nicht regiert – sondern ruiniert“.

© dpa/Martin Schutt

Proteste gehen weiter: „Der Vertrauensverlust bei uns Bauern ist immens“

Im Bundestag werden wohl kommende Woche die Agrardiesel-Kürzungen beschlossen. Deshalb demonstrieren die Bauern wieder – und auch aus den Ländern kommt Kritik.

Gibt es noch Bewegung im Streit um den Agrardiesel? Vor der kommenden Sitzungswoche des Bundestages sieht es nicht danach aus. Aller Voraussicht nach wird in der Haushaltswoche die Kürzung der Beihilfen beschlossen. Deshalb kommt es in diesen Tagen wieder vermehrt zu Demonstrationen von Landwirten.

„Der Vertrauensverlust bei uns Bauern in diese Ampel-Koalition ist immens“, erklärte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, am Donnerstag. „Wenn man ein Stück Vertrauen in unserem Berufsstand wieder zurückgewinnen will, muss jetzt ein deutliches Signal gesetzt werden und nicht erst in einem halben Jahr.“

Das Abschmelzen ist aus meiner Sicht viel zu kurzfristig, um echte Alternativen zu entwickeln. 

Werner Schwarz (CDU), Agrarminister aus Schleswig-Holstein

Zuvor hatte der Bundestag vor einer Woche einen Fahrplan mit einem Sieben-Punkte-Katalog zur Verbesserung der Lage der Landwirtschaft beschlossen. Bis zum Sommer wollen die Ampel-Fraktionen ihre Pläne für eine zukunftssichere Landwirtschaft beschließen. Dazu zählen Bürokratieabbau und alternative Treibstoffe anstelle des Agrardiesels.

Zudem hatte Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) angekündigt, die Monopolkommission mit einer Überprüfung der Wertschöpfungskette zu beauftragen. Die Landwirte haben bei der Festsetzung der Preise gegenüber den Handelskonzernen eine unterlegene Stellung.

In den vergangenen Wochen hat es bundesweit mehrfach große Demonstrationen der Landwirte gegeben, hier in Berlin.

© IMAGO/Olaf Schuelke/IMAGO/Olaf Schuelke

Weil aber die Bauernverbände weiter auf unmittelbare Zugeständnisse beim Agrardiesel hoffen, ist in den kommenden Tagen wieder vermehrt mit Trecker-Blockaden zu rechnen. Der Landesbauernverband Brandenburg hat für diesen Freitag zu Demonstrationen vor den Zentralen der Regierungsparteien in Berlin aufgerufen. Das Landvolk Niedersachsen plant einen „Brückentag“, an dem die Bauern auf Autobahnbrücken sichtbar sein werden.

Aber auch aus den Bundesländern kommt Kritik an den Kürzungsplänen der Bundesregierung. Die gegenwärtige Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat eine Initiative der Länderkammer zum Agrardiesel angekündigt. Vor der Bundesratssitzung am 2. Februar stimmt sich Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin derzeit noch mit anderen Ländern ab.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und Agrarminister Till Backhaus (beide SPD) auf der Grünen Woche in Berlin.

© imago/Rüdiger Wölk/imago/Rüdiger Wölk

Zuvor hatte der Schweriner Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) einen Kompromissvorschlag gemacht, demzufolge die geplanten Kürzungen der Agrardiesel-Subventionen über einen längeren Zeitraum gestreckt werden sollen. Gleichzeitig sollen laut Backhaus Anreize für die Landwirte geschaffen werden, um auf alternative Kraftstoffe wie Biogas oder Biodiesel umzusteigen.

Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) hält unterdessen die Kürzungsbeschlüsse der Bundesregierung für „nicht akzeptierbar“. Derzeit gebe es beim Agrardiesel „keine marktfähigen alternativen Antriebe für die Landwirtschaft“, sagte Schwarz dem Tagesspiegel. Das von der Ampelkoalition geplante Abschmelzen der Agardiesel-Beihilfen sei „viel zu kurzfristig, um echte Alternativen zu entwickeln“, sagte Schwarz weiter.

Bayerns Agrarministerin verlangt „Auflagenmoratorium“

Bayern will wiederum im Bundesrat eine eigene Initiative einbringen – mit dem Ziel, die Kürzungen des Bundes im Agrarsektor vollständig zurückzunehmen und für spürbare Entlastungen für die Landwirte zu sorgen. Sie fordere zuerst die vollständige Rücknahme der Kürzungsmaßnahmen, sagte Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) dem Tagesspiegel. „Wenn das passiert ist, dann muss in einem weiteren Schritt die Situation für die Landwirte aktiv verbessert werden“, fügte sie hinzu.

Dies könne einerseits durch die „Entlastung von zu vielen Auflagen und von Bürokratie“ geschehen, sagte Kaniber weiter. Einen weiteren Beitrag könne eine „ehrliche Wertschätzung der Leistungen unserer Landwirte“ erbringen, sagte die CSU-Politikerin. „Es muss einfach aufhören, dass die Landwirtschaft als Spielball für andere politische Interessen benutzt wird“, verlangte sie. „Ich bin deshalb dafür, dass wir ein politisch von allen demokratisch legitimierten Parteien getragenes Auflagenmoratorium vereinbaren. Das wäre der Beweis, dass es dann auch alle ernst meinen mit besseren Zukunftsperspektiven für die Landwirtschaft“, so Kaniber.

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