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Schon in der Krise: US-Präsident Donald Trump

© AFP/Saul Loeb

Update

USA unter Donald Trump: Der schlingernde Riese

Ob Nahost, Russland oder Nato: US-Präsident Donald Trump verwirrt mit widersprüchlichen Aussagen. Damit verunsichert er auch sein eigenes Lager.

Wenn sich nach vier Wochen Präsidentschaft von Donald Trump eine neue außenpolitische Maxime der USA abzeichnet, dann ist es die, traditionelle Positionen mit Nonchalance über den Haufen zu werfen, ohne klare Alternativen zu präsentieren. Beim Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Washington lieferte Trump am Mittwoch ein neues Beispiel dafür. Er rückte von der Zwei-Staaten-Lösung ab, dem bisherigen Fundament amerikanischer Nahost-Politik. Welches Modell er statt dessen für einen Frieden zwischen Israel und den Palästinensern anstrebt, blieb unklar.

Nachdem sich Diplomaten jahrelang an historischen, religiösen und politischen Aspekten des Nahost-Problems abgearbeitet haben, gab Trump die simple Devise aus, beide Seiten müssten eben etwas Flexibilität zeigen. Er wolle eine „wirklich großartige Friedensvereinbarung“. Israel solle sich „eine Weile“ mit dem Ausbau jüdischer Siedlungen zurückhalten. Die Palästinenser sollten aufhören, ihren Kindern den Hass auf Israel einzuimpfen.

Ob es am Ende das Nebeneinander eines jüdischen und eines palästinensischen Staates geben werde, sei ihm egal, sagte der US-Präsident. Er schließe sich der Meinung der beiden Parteien vor Ort an. Aber genau das ist das Problem: Die Palästinenser werden keine Lösung ohne eigenen Staat akzeptieren. Und Netanjahu bekräftigte bei seiner Pressekonferenz mit Trump, Israel bestehe auf der dauerhaften Polizeigewalt über das – palästinensische – Westjordanland. Wie dies zusammenpassen soll, blieb offen.

Ohnehin war unsicher, ob diese facettenreiche Problematik für Trump das wichtigste Thema an diesem Tag war. Vor Netanjahus Ankunft im Weißen Haus hatte sich Trump nicht mit den Details der Lage im Nahost befasst, sondern seinen Twitter-Feldzug gegen die Medien fortgesetzt. Neue Berichte über Beziehungen zwischen seiner Mannschaft und russischen Geheimdiensten seien Ausdruck von Verschwörungstheorien und purem Hass, schrieb er wütend.

Dass Mitglieder seines Teams, inklusive seines bisherigen Sicherheitsberaters Michael Flynn, regelmäßige und vertrauliche Gespräche mit russischen Regierungsvertretern pflegen, ist für Trump offenbar kein Problem. Der eigentliche Skandal liege darin, dass die US-Geheimdienste vertrauliche Erkenntnisse an die Presse durchsickern ließen, schäumte er.

Das Verhalten des Präsidenten bei der Begegnung mit Netanjahu und auf Twitter erklärt zum Teil, warum die Supermacht USA auf der internationalen Bühne innerhalb weniger Wochen von einem berechenbaren Akteur zu einem schlingernden Riesen geworden ist: Trump geht es mehr um sich selbst und sein Image in der Öffentlichkeit als um konkrete Politik.

Der 70-jährige trat sein Amt mit dem Anspruch an, die Außenbeziehungen des Landes nach der angeblich so schädlichen Kompromiss-Suche seines Vorgängers Barack Obama wieder selbstbewusst zu gestalten. Die Nato sei „obsolet“, die EU ein Instrument Deutschlands, verkündete er. In Sachen Nato legte Trumps Verteidigungsminister James Mattis nun nach: Beim Nato-Verteidigungsministertreffen in Brüssel forderte er am Mittwoch von den Alliierten einen klaren Plan zur Steigerung des Militärbudgets bis Ende des Jahres. „Amerika wird seiner Verantwortung nachkommen“, sagte Mattis nach einem Redemanuskript. „Aber wenn eure Länder nicht sehen wollen, wie Amerika sein Bekenntnis zu diesem Bündnis abschwächt, muss jede Hauptstadt Unterstützung für unsere gemeinsame Verteidigung zeigen.“ Der amerikanische Steuerzahler könne nicht länger einen unverhältnismäßig hohen Anteil für die Verteidigung westlicher Werte zahlen.

Nun hat Trump offenbar auch seinen Kurs gegenüber Russland geändert

Bei Trumps bisherigen Verbalattacken blieb nur eine Großmacht verschont: Russland mit seinem Präsidenten Wladimir Putin. Nun kommen mögliche Motive dafür ans Licht. Die „New York Times“ meldete unter Berufung auf US-Behördenvertreter, führende Mitglieder von Trumps Wahlkampfteam hätten vor der Wahl auffallend viele Kontakte zu russischen Geheimdienstlern gehabt. Demnach ist unklar, ob es eine regelrechte Zusammenarbeit zwischen dem Team Trump und Moskau gab. Entsprechende Vorwürfe waren im Januar aufgetaucht, als bekannt wurde, dass russische Hacker im Auftrag des Kreml mit gezielten Attacken auf das Mail-System der US-Demokraten dem Trump-Wahlkampf helfen wollten.

Einer der Trump-Vertrauten, der regelmäßig mit den Russen sprach, war dem Zeitungsbericht zufolge Ex-General Michael Flynn, bis Montagabend Sicherheitsberater im Weißen Haus. Da passt es ins Bild, dass Flynn zurücktreten musste, weil er dem russischen Botschafter in Washington die Aufhebung kürzlich erlassener Sanktionen gegen Moskau in Aussicht gestellt und dann andere Regierungsmitglieder über die Gespräche angelogen hatte.

Inzwischen hat der Präsident jedoch einige Entscheidungen getroffen, die Moskau nicht gefallen dürften. So verlangt Trump von Russland die Rückgabe der Halbinsel Krim an die Ukraine. Ist dies das Ende von Trumps Kuschelkurs mit Moskau? Niemand weiß es.

Auch Netanjahu hatte sich von seinem Treffen mit Trump wohl mehr Berechenbarkeit gewünscht. Im Wahlkampf hatte Trump zeitweise versprochen, er werde das internationale Atomabkommen mit dem Iran aufkündigen, doch nun ist davon keine Rede mehr. Dasselbe gilt für Israels Politik gegenüber den Palästinensern. Trump hat angekündigt, die US-Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, was die israelischen Ansprüche auf die heilige Stadt untermauern würde. Doch damit hat es Trump nun nicht mehr so eilig. Seine Regierung schaue sich die Frage sehr genau an, sagte er.

Buchmacher nehmen bereits Wetten auf ein Amtsenthebungsverfahren an

Bei der Begegnung mit Netanjahu kehrte Trump auch wieder zu seinem eigentlichen Lieblingsthema zurück, der angeblichen Verschwörung der Medien und der US-Geheimdienste gegen ihn und seine Regierung. Aus den Geheimdiensten sickere Material an die Presse durch, beschwerte er sich. Auf Twitter nannte er dies „sehr un-amerikanisch“.

Wichtige Parteifreunde des Präsidenten im Kongress sehen das ganz anders. Da sich viele Politiker im Parlament allmählich auf die im Herbst kommenden Jahres anstehenden Neuwahlen für das Repräsentantenhaus und einen Teil des Senats vorbereiten müssen, stellt sich für sie die Frage, wie sie sich gegenüber dem Präsidenten positionieren sollen. Im Senat haben die Republikaner eine Mehrheit von nur zwei Stimmen – schon wenige Abweichler könnten die Regierung bei Gesetzgebungsverfahren in Schwierigkeiten bringen. Das Magazin „Politico“ meldete, Buchmacher auf der ganzen Welt nähmen bereits Wetten auf ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump an. (mit dpa)

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