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Hans-Christoph Berndt, Kandidat für den Spitzenplatz der AfD Brandenburg für die Landtagswahl, spricht beim Landesparteitag der AfD Brandenburg in der Wiesenhalle. Auf dem Programm steht die Wahl der Landesliste sowie der Verabschiedung des Wahlprogramms der AfD-Brandenburg für die Landtagswahl am 22. September 2024.

© dpa/Monika Skolimowska

Update

Partei liegt in Umfragen vorn: Brandenburger AfD wählt rechtsextremen Fraktionschef Berndt zum Spitzenkandidaten

Hans-Christoph Berndt will die Partei in die Landesregierung führen. Ein Ziel: Abwicklung des Landesverfassungsschutzes, der die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall führt.

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In Brandenburg will die rechtsextreme AfD mit Hans-Christoph Berndt als Spitzenkandidat die Landtagswahl im September gewinnen, die Regierung führen und das Land umkrempeln.

„Deshalb färben wir Brandenburg nach dem 22. September blau“, erklärte Berndt am Samstag auf einem Landesparteitag in Jüterbog. Dort wurde der 67-Jährige, der seit 2019 Chef der Landtagsfraktion ist, auf Platz eins der AfD-Landesliste für die Brandenburg-Wahl gewählt.

Für Berndt votierten 408 von 471 anwesenden AfD-Mitgliedern, was einer Zustimmung von 86,6 Prozent entspricht. 48 Mitglieder stimmten mit Nein, es gab 15 Enthaltungen. Berndt erhielt für seine radikale Rede stehende Ovationen. Einen Gegenkandidaten gab es nicht.

AfD-Spitzenkandidat Berndt greift Regierungschef Woidke an

Scharfe Angriffe richtete Berndt gegen Brandenburgs SPD-Regierungschef Dietmar Woidke, der das Land seit 2013 führt und bei der Wahl wieder antritt. „Woidke ist der personifizierte Parteienstaat, den wir überwinden müssen“, sagte Berndt. „Sorgen wir dafür, dass Dietmar Woidke am 22. September in Brandenburg abgewählt wird!“ Er behauptete sogar, dass Woidke am Ende der Wahlperiode länger im Amt gewesen sei als Erich Honecker SED-Generalsekretär, was allerdings nicht der Wahrheit entspricht.

Für den Ausgang der Wahl zeigte sich Berndt siegesgewiss. „Es ist keine Fata Morgana, dass wir bei der Wahl in diesem Jahr stärkste Kraft werden und die Machtfrage stellen können“, sagte er. „Wenn die Staatsparteien zum geistigen Bürgerkrieg gegen die AfD aufrufen, macht uns das nicht ängstlich, sondern entschlossen.“ Die AfD werde „die Dominanz der Staatsparteien brechen“.

Die AfD in Brandenburg wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet, die Jugendorganisation Junge Alternative gilt als „gesichert rechtsextremistisch“. Trotzdem liegt die AfD mittlerweile seit Sommer 2023 in allen Umfragen ununterbrochen vorn, zuletzt mit 25 Prozent vor SPD und CDU mit je 19 Prozent. Alle anderen Landtagsparteien haben eine Koalition mit der AfD ausgeschlossen.

Verfassungsschutz sieht Berndt als Rechtsextremist

AfD-Spitzenkandidat Berndt, der in Cottbus den fremdenfeindlichen Verein Zukunft Heimat gegründet hat, ist für den Verfassungsschutz ein erwiesener Rechtsextremist. In seiner Rede bekräftigte er offen den Schulterschluss zu rechtsextremistischen Organisationen, die von Verfassungsschutzbehörden beobachtet werden.

„Weil nur eine Volksbewegung die krankhafte Verachtung des Eigenen korrigieren kann, ist eine enge Verbindung mit dem Vorfeld für uns wichtiger als für jede andere Partei“, sagte Berndt mit Blick auf das rechtsextreme Spektrum. „Und deshalb, ob Junge Alternative, Compact-Magazin, Institut für Staatspolitik, Ein Prozent oder Zukunft Heimat – wir unterwerfen uns keinem Verdammungsdiktat verfassungsfeindlicher Verfassungsschützer“, so Berndt. „Wir distanzieren uns nicht, wir halten zusammen.“

Partei will Remigration, Verfassungsschutz abwickeln, Briefwahl abschaffen

Er präsentierte einen Zehn-Punkte-Vorschlag für ein AfD-Regierungsprogramm, zu dem die Abwicklung des Landesamtes für Verfassungsschutz gehört. An erster und zweiter Stelle stehen „Sach- statt Geldleistungen für Asylanten und Remigration“ und die „Kündigung aller Rundfunkstaatsverträge“. Weitere Punkte waren etwa: „Keine Windräder in Wäldern, keine Photovoltaikanlagen auf Feldern“, „Entschädigung für Impfopfer“ und „Abschaffung der Briefwahl“.

Die AfD sei die einzige Partei, „die sich gegen Überfremdung stellt und das Dogma der Transformation bestreitet“, sagte Berndt weiter. Er prangerte Massenmigration, seitdem „alltägliche Messerstechereien und Gruppenvergewaltigungen“ an, sprach „vom Nato-Krieg gegen Russland“.

Jüterboger Bürgermeister spricht auf AfD-Parteitag

Der AfD-Parteitag hatte mit einer Premiere begonnen, mit einem offiziellen Auftritt von Arne Raue, des parteilosen Bürgermeisters der Stadt Jüterbog: „Es grüßt ein durch freie demokratische Wahlen legitimierter Bürgermeister, ein Urdemokrat aus Jüterbog, sehr, sehr herzlich alle anwesenden Demokraten aus dem ganzen Land Brandenburg“, sagte das Stadtoberhaupt.

Als Dankeschön der AfD überreichte ihm Anna Leisten, die Landeschefin der rechtsextremen Jungen Alternative, eine Präsenttüte – darin laut Leisten eine Flasche Wein und selbst gebrannter Johannisbeerlikör. Arne Raue, der auf AfD-Ticket bereits im Präsidium des Städte- und Gemeindebundes sitzt, kandidiert selbst für den Landtag. Im Wahlkreis in und um Jüterbog hat die AfD keinen eigenen Kandidaten aufgestellt. Die AfD sammelte auf dem Parteitag Spenden, falls wegen des Raue-Auftritts Sponsoren für die demnächst stattfindende Jüterboger 850-Jahr-Feier abspringen sollten.

Auf Platz zwei der AfD-Landesliste gewählt wurde der Potsdamer Landtagsabgeordnete Dennis Hohloch (366 Ja, 94 Nein, 11 Enthaltungen), bislang parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsfraktion. Er hob „den Weg der Professionalisierung und der Einigkeit der AfD in den letzten Wochen“ hervor. Die SPD, die Altparteien, hätten aus der Demokratie einen Parteienstaat gemacht. „Wir müssen diesen Parteienstaat abschaffen“, forderte er.

Wie bereits bei der Neuwahl der Parteispitze um Chef René Springer zeigte sich die AfD in Jüterbog geschlossen, ohne Querelen, ganz nach dem Drehbuch von Partei- und Fraktionsspitze. Erst ab Listenplatz 9 kam es überhaupt zu Kampfkandidaturen. Der von den Freien Wählern zur AfD übergetretene Landtagsabgeordnete Philip Zeschmann setzte sich auf Platz 18 durch. Frauen spielen in dieser Partei ohnehin nur eine Randrolle. Die erste Frau auf der AfD-Liste ist die Landtagsabgeordnete Lena Kotré – auf Platz 10. Ex-Parteichefin Birgit Bessin ist raus, sie kandidierte nicht für einen Listenplatz.

Zwar versuchte zumindest der AfD-Landtagsabgeordnete Peter Drenske, ein Handwerksmeister aus Elbe Elster, gegen das interne Establishment den Listenplatz 9 zu erkämpfen, damit für die AfD „nicht nur die Parteisoldaten“ im Landtag säßen. Doch Drenske scheiterte gegen den Cottbuser Kreischef Jean-Pascal Hohm, dem eine Nähe zur Identitären Bewegung zugeschrieben wird.

„Von den Schlachten des 30-jährigen Krieges bis zur Wiedervereinigung Deutschlands haben die Generationen vor uns jede Herausforderung gemeistert“, sagte Hohm. Brandenburg müsse das „Land der Brandenburger“ bleiben, „Deutschland ist das Land der Deutschen. Deshalb heißt es nicht Takatuka-Land.“ Das ist Brandenburgs AfD.

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