zum Hauptinhalt
Verschwörungsideologen, Rechte und Putinversteher feiern in Friesack.

© IMAGO/ZUMA Wire

Umstrittenes Festival in Brandenburg: Pax Terra Musica erteilt Tagesspiegel „Hausverbot“

Im Havelland findet bis Sonntag die fünfte Ausgabe eines Festivals statt, das in der Vergangenheit vor allem Verschwörungsgläubige anzog. Warum der Tagesspiegel dort nicht erwünscht ist.

Auf diesem Festival sind Verschwörungsideologen, Rechte und Putinversteher willkommen. Kritische Berichterstattung ist es jedoch nicht: Das vermeintliche Friedensfest „Pax Terra Musica“, das dieses Wochende im brandenburgischen Friesack stattfindet, hat dem Tagesspiegel vorab „Hausverbot“ erteilt.

In einer Mail schrieb Veranstalter Malte Klingauf dem Tagesspiegel, dieses Hausverbot beinhalte „sowohl das Festivalgelände als auch den Campingbereich“. Der Grund seien „vergangene Erfahrungen“ mit der Zeitung.

Beim „Pax Terra Musica“ treten szenebekannte Verschwörungsideologen wie Dirk Pohlmann, Robert Fleischer und Mathias Bröckers auf. Alle drei sind in der Vergangenheit durch das Verbreiten kruder Theorien aufgefallen. Dirk Pohlmann etwa hielt den russischen Einmarsch in die Ukraine für „eine begrenzte Militäroperation“, schließlich habe Wladimir Putin lediglich 200.000 Soldaten in das Nachbarland geschickt. Russland habe also „sehr zurückhaltend reagiert“.

Verschwörungstheorien zu russischen Massakern in der Ukraine

Dirk Pohlmann stellte auch infrage, ob es die Gräueltaten, die russische Soldaten an Zivilisten in Butscha verübt haben, tatsächlich gegeben hat. Er sagte: „Wenn aus emotionalen Ereignissen mit Sachen wie Massaker strategische Entscheidungen abgeleitet werden, die weitreichende Folgen haben, hat man es mit einer 95-prozentigen Wahrscheinlichkeit mit inszenierten Fake-Ereignissen zu tun, die extra zu diesem Zweck hergestellt werden.“

Auch Mitglieder der Querdenker-Partei „Die Basis“ wollen in Friesack mitfeiern. Deren ehemaliger Bundesvorsitzender fiel durch Holocaustverharmlosung auf, anderere hielten Aids für eine „erfundene Krankheit“ oder pflegen Kontakte zur AfD.

In der Vergangenheit trat der Aktivist Mathias Tretschog als Sprecher des Festivals auf. Dieser ist ebenfalls für verschwörungsideologisches Gedankengut bekannt. Laut Tretschog sei Deutschland etwa kein souveräner Staat, sondern ein „besetztes Land“. Israel sei ein „teuflischer Partner“ der Bundesrepublik.

UFO-Experte und Kräuterfee

Auf dem Festivalgelände finden seit Mittwoch Konzerte, Workshops und Vorträge statt. Darunter sind Programmpunkte wie ein Referat des „UFO-Experten“ Robert Fleischer oder Workshops mit den Titeln „Frieden und Liebe manifestieren“, „Kakao-Zeremonie“ und „Heilkräuter und essbare Wildkräuter“ mit einer Referentin, die sich „Angela Kräuterfee“ nennt. Ein fünftägiges Festivalticket inklusive Camping kostet in diesem Jahr 140 Euro.

Das „Pax Terra Musica“ fand erstmals 2017 in Brandenburg statt, war ursprünglich als „Woodstock 2.0“ geplant. Die Teilnehmerzahlen blieben jedoch weit hinter den eigenen Erwartungen zurück. Zudem sagten etliche der eingeplanten Musiker ihre Teilnahme im Vorfeld ab, weil sie erfahren hatten, worum es sich bei dem „Friedensfest“ handelte.

„Offenheit gegenüber antidemokratischen Ideologien“

Seit seinem Start vor sechs Jahren ist das Festival massiver Kritik ausgesetzt. Das „Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus“ sieht es als „Ort für einen niedrigschwelligen Einstieg in die verschwörungsideologische Szene“. Die „harmlose Außendarstellung“ täusche. Das brandenburgische Aktionsbündnis gegen Rechtsextremismus warnte vor mangelnder Abgrenzung gegen demokratiefeindliche Positionen beim Festival. Im Programm sei eine „Offenheit gegenüber antidemokratischen Ideologien“ erkennbar. 

Schauplatz der Veranstaltung ist die Freilichtbühne in Friesack, Eigentümer und Betreiber des Geländes ist die Gemeinde. Friesacks Bürgermeister Christoph Köpernick sagte dem Tagesspiegel im vergangenen Jahr im Hinblick auch auf das Festival, er freue sich auf „bunte und abwechslungsreiche Veranstaltungen in Friesack“, die Vermietung der Bühne an das Festival halte er für unproblematisch.

Etwas anders sieht man das in Potsdam. Das brandenburgische Innenministerium teilte 2022 auf eine Anfrage des rbb mit, dass der Veranstalter Aussagen vertrete, die unter anderem die Schuld Russland am Überfall der Ukraine relativiere. Thesen wie diese seien grundsätzlich ein „Anknüpfungspunkt für Extremisten und Verschwörungsgläubige“, hieß es vom Ministerium.

Die Macher des Festivals haben schon in der Vergangenheit versucht, kritische Berichterstattung zu unterbinden. Unter anderem verklagten sie bereits den Tagesspiegel: Dieser sollte nicht mehr berichten dürfen, dass sich unter den Teilnehmern des „Pax Terra Musica“ auch Israel-Hasser und esoterische Hetzer finden. In der Verhandlung wurde jedoch deutlich, dass das Gericht sämtliche Klagepunkte abweisen werde.

Bevor es zum Urteilsspruch kam, beantragte Malte Klingaufs Anwalt eine Pause, um sich mit seinem Mandanten besprechen zu können. Anschließend erklärte er, man wähle die „kostengünstige Variante“ und ziehe die Klage komplett zurück.

Nachtrag: In der ersten Fassung dieses Artikels haben wir berichtet, dass sich Herr Köpernick auf das Festival Pax Terra Musica freue. Wir halten fest, dass er uns letztes Jahr geschrieben hat, dass er sich generell über bunte und abwechslungsreiche Veranstaltungen in Friesack freue. Wir haben den Artikel angepasst. Die Redaktion

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false