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EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola am Donnerstag in Straßburg.

© AFP/FREDERICK FLORIN

Green Deal wackelt: Europa legt den Rückwärtsgang ein

Bei Pestizid- und Verpackungsverordnung hat das Parlament den Ambitionen der EU-Kommission für mehr Nachhaltigkeit eine krachende Abfuhr erteilt. Was bleibt von der Vision für mehr Klimaschutz?

Ein Kommentar von Felix Kiefer

Der Green Deal hat in den vergangenen Tagen deutlich an Farbe verloren. Ob bei der Einschränkung umweltschädlicher Pestizide, dem Verbot von Einwegverpackungen oder dem Verbrenner-Aus von Lastwagen.

Das Europäische Parlament hat diese Woche entscheidende Umwelt- und Klimaschutzvorhaben der EU-Kommission gestutzt und damit mehrheitlich für die Wahrung des Status Quo gestimmt.

Das ursprüngliche Gesetz zur Dekarbonisierung des LKW-Verkehrs sah vor, die Emissionen von schweren Nutzfahrzeugen bis 2040 um mindestens 90 Prozent zu reduzieren. Hersteller ziehen mit, steuern voll auf Batterie und Wasserstoff und rechnen dadurch sogar schon 2030 damit, dass drei von vier neu zugelassenen Fahrzeugen emissionsfrei fahren.

In Straßburg hat man dieses Vorhaben am Dienstag dadurch verwässert, dass auch Biosprit aus Palmöl oder Raps als klimaneutral eingestuft wird. Doch die sind alles andere als nachhaltig und binden wertvolle Flächen. Auch Hersteller gewinnen dadurch sicher nicht an Technologieklarheit.

Bei den Pestiziden ist es ähnlich. Ursprünglich wollte die EU-Kommission den Einsatz chemischer Pestizide auf Ackern oder Grünstreifen bis 2030 mindestens halbieren. Die gefährdeten nicht nur natürliche Ressourcen, sondern auch „unsere Gesundheit, das Klima und die Wirtschaft“, hieß es aus Brüssel.

Das Parlament sah das mehrheitlich anders und entschied sich am Mittwoch gegen Überregulierung statt gegen Umweltschäden. Das Plenum lehnte sowohl den Vorschlag insgesamt als auch Nachverhandlungen ab. Das Gesetzesvorhaben ist dadurch zunächst faktisch begraben.

So auch konkrete Maßnahmen zur Eindämmung des Abfallproblems. Bei Verpackungen setzte sich die EU ehrgeizige Ziele auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft: 15 Prozent weniger Abfälle bis 2040, Mehrweg statt Einweg für Pappbecher, Essensboxen und Versandpakete.

Statt dem geplanten Verbot von Wegwerfverpackungen für To-Go-Artikel oder Plastikfolien für Gemüse zuzustimmen, vereinbarten die EU-Parlamentarier am Mittwoch zahlreiche Ausnahmen. Wie die gesetzten Ziele durch die abgeschwächten oder verworfenen Maßnahmen erreicht werden sollen, bleibt offen.

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Das eint alle drei Vorhaben, so unterschiedlich ihre Anwendungsbereiche sind. Die Kommission gibt eine ehrgeizige Zielrichtung zur Bewältigung der Klimakrise vor. Doch im Gesetzgebungsprozess fallen alle drei zunächst dem Einfluss großer Lobbyverbände aus Kraftstoff- und Verpackungsindustrie sowie Bauernverbänden zum Opfer.

Es bleibt zu hoffen, dass die verabschiedeten Schlupflöcher in den Verhandlungen mit den EU-Mitgliedstaaten wieder geschlossen werden. Sonst bleibt vom Green Deal als Vision für Europas grüne Zukunft nicht viel übrig.

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