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Drei Ökonom:innen sind sich einig: Ein Hilfspaket würde, wenn überhaupt, nur kurzfristig helfen.

© mauritius images/Westend61 / Dieter Heinemann

Wirtschaft tritt auf der Stelle: Brauchen wir ein Konjunkturprogramm?

Die deutsche Wirtschaft arbeitet sich nur schwerlich aus der Rezession heraus, die Prognosen sind düster. Was bringt neuen Schwung? Drei Meinungen.

Nach zwei Quartalen zurückgehender Wirtschaftsleistung stagnierte die deutsche Wirtschaft von April bis Juni. Das gab das Statistische Bundesamt in einer ersten Schätzung bekannt. Auch die Prognose für das Jahr 2023 ist nicht gut. Der Internationale Währungsfonds sagt für Deutschland mit minus 0,3 Prozent als einziges G7-Land kein Wachstum voraus. Welche Maßnahmen helfen der deutschen Wirtschaft aktuell?

In unserem Format „3 auf 1“ fragen wir drei Expert:innen nach ihrer Einschätzung. (Alle Folgen „3 auf 1“ können Sie hier nachlesen)


Es braucht bessere Angebots- und Standortbedingungen

Seit drei Quartalen ist die Wirtschaft nicht gewachsen, auch die Aussichten für die nähere Zukunft sind trübe. Wir stecken damit zwar in einer Rezession, die aber vor allem strukturelle Probleme offenlegt und durch ein klassisches Konjunkturprogramm nicht bekämpft werden kann. Es fehlt nicht an der Nachfrage, sondern an adäquaten Angebots- oder Standortbedingungen, die Produktion und Investition in Deutschland attraktiv machen.

Deutschland ist mit den höchsten Unternehmenssteuern, steigenden Sozialabgaben, hohen Lohnstückkosten und den dramatisch gestiegenen Energiekosten ein Hochkostenland. Diese hohen Kosten können jedoch inzwischen nicht mehr durch Standortvorteile gerechtfertigt werden. Die Infrastruktur schwächelt, der Fachkräftemangel beschränkt die Unternehmen, Detailregeln und bürokratische Hürden werden zunehmend als Fesseln wahrgenommen. Für Investitionen in die Dekarbonisierung fehlt vielfach der verlässliche Rahmen. Diese strukturellen Probleme müssen kurzfristig angegangen werden, um die Stagnation zu überwinden. 


Ein Konjunkturpaket würde das Wachstum, wenn überhaupt, nur kurzfristig anschieben

Deutschland braucht kurzfristig kein Konjunkturprogramm – das wäre alles andere als eine gute Idee. Die deutsche Wirtschaft hat im zweiten Quartal zwar stagniert, damit aber immerhin die Rezession, in der sie noch im Winter steckte, hinter sich gelassen. Der private Konsum hat sich nach dem starken Rückgang im ersten Quartal bereits stabilisiert, in der zweiten Jahreshälfte dürfte er sich sukzessive erholen – und mit ihm auch viele Dienstleistungsbranchen.

Ein Konjunkturpaket würde in diesem Umfeld vielleicht kurzfristig das Wachstum anschieben, damit aber auch die Inflation weiter befeuern und so zu noch höheren Zinsen führen. Einige Maßnahmen der im Rahmen der Energiekrise geschnürten Entlastungspakete, wie die Inflationsausgleichsprämie, werden erst in der zweiten Jahreshälfte voll wirken.

Wichtiger ist jetzt, Klarheit über wirtschaftspolitische Maßnahmen im Rahmen der Energiewende zu schaffen, um bestehende Unsicherheiten aufzulösen und Investitionsanreize zu setzen.


Eine Reform bei den steuerlichen Abschreibungen wäre eine Investition in die Zukunft

Deutschland benötigt kein kurzfristiges Konjunkturprogramm, sondern eine Maßnahmenoffensive auf breiter Front, um die Wettbewerbsfähigkeit als Investitionsstandort nachhaltig zu stärken. Dazu gehören Bürokratieabbau, Fachkräftemobilisierung durch Bildung, qualifizierte Zuwanderung sowie Reformen im Steuer- und Transfersystem, Investitionen in Infrastruktur und die Energieversorgung, aber auch eine Reduktion der Steuerlasten für Unternehmen. Die Richtung des Entwurfs zum Wachstumschancengesetz mit steuerlichen Abschreibungen auf Investitionen stimmt, aber sie ist zu eng gefasst, da sie nur auf Energieeinsparung und Energieeffizienzmaßnahmen abzielt.

Vielmehr sollte die Abschreibungsregel steuerliche Anreize schaffen, damit Unternehmen stärker in klimaschonende Technologien, in Digitalisierung und die Forschung und Entwicklung investieren. Auch der Impuls mit dem geplanten Volumen von sechs Milliarden ist zu klein. Dabei könnte eine Verbesserung der Abschreibungen die Wirtschaftsentwicklung stark anschieben und langfristig sogar Steuermehreinnahmen ergeben.

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