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Die Tour der Forschungsteams startet am 1. Juni im sächsischen Zwickau.

© IMAGO/Zoonar

Aus dem Elfenbeinturm in die Provinz: Forscherteams stellen sich Bürgerfragen in ostdeutschen Kleinstädten

Vier große Wissenschaftsorganisationen gehen auf Werbetour durch Deutschland: Die Forschenden wollen hören, was die Menschen bewegt und wie ihre Arbeit zu Lösungen beitragen kann.

Mit Blick auf die nahenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg sorgen sich viele vor einem Erstarken der AfD. Im Superwahljahr, in dem auch das 75-jährige Bestehen des Grundgesetzes gefeiert wird, werben jetzt auch vier große Wissenschaftsorganisationen für ihre Anliegen und Ideen. Und zwar, ähnlich wie Parteien im Wahlkampf, auf den Marktplätzen deutscher Kleinstädte.

Unter dem Slogan „Die Wissenschaft und ich?!“ gehen die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die Hochschulrektorenkonferenz (HRK), die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) und die Union der deutschen Wissenschaftsakademien zunächst in den drei Landtagswahl-Ländern im Osten auf Tour, um mit Bürgern ins Gespräch darüber zu kommen, welche Rolle Forschung „im täglichen Leben und für eine demokratische Gesellschaft” spielt.

Ziel ist laut einer Mitteilung der Partner zum Start der Kampagne, dass sich Wissenschaftler mit den Anwohnern austauschen, insbesondere über „globale Herausforderungen und Krisen“ und ihre Probleme im eigenen Umfeld. Man wolle zeigen, „dass es faktenbasierte Antworten auf viele Herausforderungen gibt“ und dass die Wissenschaft gemeinsam mit „der Gesellschaft“ Lösungen finden könne, so DFG-Chefin Katja Becker zur Tour.

Teams werden vorab für Konfliktsituationen geschult

Start ist am 1. Juni auf dem Kornmarkt im sächsischen Zwickau, weiter geht es am 8. Juni auf dem Neustädtischen Markt in Brandenburg an der Havel und am 15. Juni auf dem Museumsmarkt in Gera in Thüringen, jeweils ab 10 Uhr. Bei den ersten beiden Terminen sei er selbst dabei, sagte BBAW-Präsident Christoph Markschies dem Tagesspiegel. Er erwarte „neugierige Fragen, spannende, durchaus auch kontroverse Gespräche und im Ergebnis neue Einsichten für alle Seiten“.

Angesichts von Elitenfeindlichkeit, die populistische Parteien schüren, und der jüngsten Attacken auf Wahlkampfhelfer stellt sich trotz allem die Frage, ob die Wissenschaftler womöglich verbale zu befürchten haben und vor möglichen körperlichen Attacken geschützt wären. Erst kürzlich wurde ein SPD-Politiker in Dresden auf offener Straße zusammengeschlagen, als er tagsüber ein Wahlplakat anbrachte.

Markschies hofft, dass die Veranstaltungen konfliktfrei ablaufen, und hat selbst keine Angst, wie er sagt. „Im Zentrum der Dialogreihe steht ja die Wissenschaft – es handelt sich nicht um eine politische Veranstaltung“. Die Organisatoren hätten aber „gemeinsam mit lokalen Ansprechpartner:innen ein Sicherheitskonzept erstellt“, fügt der Professor für Antikes Christentum an der Humboldt-Universität hinzu. Alle Teilnehmenden würden auch im Umgang mit Konflikt- und Gefahrensituationen vorbereitet.

Austausch mit Forschenden über KI und den Arbeitsmarkt

Ein bisschen wie ein Wahlstand klingt die Beschreibung der Stände dennoch: Es soll Stehtische und Sitzmöglichkeiten geben, Kaffee, Getränke und Kuchen zu den Gesprächen, wobei die Logos der Hochschul-Schwergewichte HRK und DFG sowie der Akademien im Hintergrund bleiben sollen. Die Wissenschaftler:innen bringen Expertise mit zu Themen wie Energie und Umwelt, Arbeitsmarkt, Technik und Künstlicher Intelligenz, Gesundheit und Ernährung sowie Kunst und Kultur. Und haben laut Markschies Exponate dabei, um ihre Arbeit zu veranschaulichen.

An den Teams seien auch Forschende aus der Region und den besuchten Städten beteiligt - und auch bekanntere Wissenschaftsfiguren sind auf den Marktplätzen anzutreffen: so etwa die Soziologin und WZB-Präsidentin Jutta Allmendinger und der Chemiker Robert Schlögl, Präsident der Alexander-von-Humboldt-Stiftung. Im Herbst wird die Tour in Deutschland fortgesetzt, unter anderem in Recklinghausen in Nordrheinwestfalen und dem hessischen Wetzlar.

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