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Überflutungen in Pakistan im Jahr 2022 hingen wahrscheinlich mit dem Klimaphänomen La Niña zusammen.

© dpa/NADEEM KHAWER

Neue Prognose der Weltwetterorganisation: Temperaturanstieg überschreitet 1,5-Grad-Limit

Wegen des Klimaphänomens El Niño könnte in einem der nächsten Jahre das UN-Klimaschutzziel überschritten werden. Auch langfristig erscheint es Fachleuten kaum noch haltbar.

Erstmalig könnten die Temperaturen auf der Erde bald jahresdurchschnittlich 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau liegen, prognostiziert die Weltorganisation für Meteorologie (WMO). Damit wäre das Ziel der Vereinten Nationen, die Erderwärmung langfristig unter diesem Limit zu halten, noch nicht verfehlt. Aber Fachleute gehen davon aus, dass das nur noch eine Frage der Zeit ist.

Der Anstieg in den nächsten Jahren wird durch den erwarteten Wechsel von Klimaphänomenen verstärkt. Die zuletzt vorherrschenden Bedingungen, die vom global kühlend wirkenden Klimaphänomen La Niña geprägt sind, wechseln zu denen des Klimaphänomens El Niño. Damit geht ein Temperaturanstieg einher, der in den vergangenen Jahrzehnten bereits zu Rekordwerten für einzelne Jahre geführt hat, etwa im Jahr 1998.

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Anstieg von bereits hohem Temperaturplateau

Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird eines der kommenden fünf Jahre das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen, erwartet die WMO. Ihr am Mittwoch veröffentlichtes „Global Annual to Decadal Climate Update“ enthält auch die Prognose, dass die kommenden fünf Jahre im Schnitt wärmer werden als die vergangenen fünf.

„Es kann durchaus sein, dass in den nächsten Jahren zeitweise die 1,5-Grad-Schwelle überschritten wird“, sagte Karsten Friedrich vom Deutschen Wetterdienst dem Science Media Center Deutschland (SMC).

Das sei nicht überraschend, da im Frühjahr mit 423 ppm (Teile pro Million Teile) der bislang höchste Wert der atmosphärischen Konzentration von Kohlendioxid CO₂ gemessen wurde. „Und die Emissionen steigen weiter an“, sagt Friedrich. Der Klimatologe hält es für möglich, dass in den nächsten Jahren das 1,5-Grad-Ziel auch langfristig überschritten wird.

„Außerdem bewegen wir uns im Oktober in Richtung des Schwellenwerts für El Niño“, sagt Friedrich. Laut Vorhersagen des Deutschen Wetterdienst, des Europäischen Wettervorhersagedienstes (ECMWF) und des US-amerikanischen Climate Prediction Center endet voraussichtlich eine dreijährige Phase, die vom Gegenstück dieses Klimaphänomens La Niña geprägt war.

„Der eigentlich kühlende Effekt von La Niña hat sich fast nicht gezeigt“, resümiert Friedrich. Die zusätzlich erwartete Erwärmung durch El Niño beginne von einem bereits hohen Plateau der globalen Mitteltemperatur, die im Bereich der warmen Jahre der zurückliegenden El-Niño-Phase lag.

Auswirkungen mit unterschiedlichen Vorzeichen

Sowohl El Niño als auch La Niña verändern das Wetter vor allem in Regionen nahe des tropischen Pazifiks. In La-Niña-Jahren wird es an der Pazifikküste in Süd- und Nordamerika tendenziell trockener, da weniger Wasser aus dem kühleren Pazifik verdunstet.

In El-Niño-Jahren nehmen die Niederschläge dort eher zu. In Südostasien und Australien kommt es in El-Niño-Jahren dagegen vermehrt zu Dürren, während La Niña Starkregen und Überflutungen begünstigt, wie den starken Monsunregen in Pakistan im Sommer 2022 oder das wiederholte Hochwasser in Australien in den vergangenen Jahren. Am Horn von Afrika kommt es in La-Niña-Jahren wiederum eher zu Dürren, wie es in den vergangenen Jahren der Fall war. Auswirkungen auf das Wetter in Europa sind nicht bekannt.

Ausschlaggebend für die Bezeichnung als La-Niña- oder El-Niño-Phase sind Schwellenwerte der Wassertemperatur, der Lufttemperatur und des Luftdrucks über dem Ost- und Westpazifik. Inwiefern La Niña und El Niño selbst durch den Klimawandel häufiger oder heftiger werden, ist in der Forschung umstritten.

Kurzzeitige Ausschläge und ein langfristiger Trend

Der Einfluss der Klimaphänomene auf die globale Durchschnittstemperatur wird langfristig vom Erwärmungstrend überlagert. „Die Vorhersage von El-Niño-Bedingungen für 2023/24 ist nicht entscheidend für die Prognose, dass die Jahre 2023 bis 2027 mit hoher Wahrscheinlichkeit der bislang wärmste Fünf-Jahres-Zeitraum werden dürften“, sagte Helge Goessling vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven dem SMC. Die El-Niño-Vorhersage erhöhe aber die Wahrscheinlichkeit eines bevorstehenden Fünf-Jahres-Rekords.

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Die globalen Mitteltemperaturen sind seit etwa 2015 ungefähr gleichgeblieben, weil sich der tropische Pazifik von El-Niño-Bedingungen in 2015/16 zu La-Niña-Bedingungen in den vergangenen drei Jahren entwickelt hat, sagt Goessling. „Selbst bei anhaltenden La-Niña-Bedingungen würde der langfristige globale Erwärmungstrend diese Erwärmungspause nun innerhalb der nächsten Jahre beenden.“

Komme ein deutlicher El Niño in den Jahren 2023/24 hinzu – und das legten die aktuellen Vorhersagen nahe –, sei eine neue Fünf-Jahres-Höchstmarke „fast sicher“.

Die Vorhersagen des Climate Prediction Center liegen bei einer mehr als 90-prozentigen Wahrscheinlichkeit eines El-Niño-Ereignisses. „Die Wahrscheinlichkeit eines starken El-Niño-Ereignisses wird hier mit etwa 50 Prozent angegeben“, berichtet Andreas Fink vom Karlsruher Institut für Technologie.

Er erwartet nicht, dass die globale Mitteltemperatur danach stagnieren oder abfallen wird. „Die globale Mitteltemperatur wird weiter ansteigen, auch wenn die Emissionen der Treibhausgase sofort beendet würden.“ Daher sei nicht auszuschließen, dass eine 30-jährige Klimaperiode um das Jahr 2025 das 1,5-Grad-Ziel reißen wird.

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