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Teilnehmer leuchten mit ihren Handys während einer Demonstration gegen Rassismus und rechtsextreme Politik vor dem Reichstagsgebäude in Berlin.

© AFP/Christian Mang

Anti-AfD-Demo in Berlin : Polizei zählte mehr als 100.000 Menschen bei Protest gegen rechts

Die Veranstalter der Groß-Demo rund um den Bundestag sprachen von 350.000 Teilnehmenden, angemeldet waren nur 1000. Das Bündnis „Zusammen gegen Rechts“ hatte aufgerufen.

| Update:

Mehr als 100.000 Menschen haben laut Polizei am Sonntag gegen die AfD und den Rechtsruck vor dem Bundestag protestiert. Die Teilnehmerzahl bestätigte ein Sprecher der Berliner Polizei am Montagmorgen. Aufgrund der hohen Fluktuation und einer wechselhaften Dynamik lasse sich die Anzahl der Teilnehmenden nicht enger eingrenzen, so der Sprecher.

Das Bündnis „Zusammen gegen Rechts“ hatte ab 16 Uhr dazu aufgerufen, um „ein starkes Zeichen gegen Rechtsextremismus“ zu setzen. Die Veranstalter sprachen zwischenzeitlich von 350.000 Teilnehmenden.

Auch ein Tagesspiegel-Reporter, der bereits von vielen Demonstrationen berichtete, ging davon aus, dass die Teilnehmerschätzung der Polizei deutlich unter der tatsächlichen Teilnehmerzahl lag. Angemeldet waren 1000 Personen. Am frühen Abend ist die Kundgebung nach Angaben eines Polizeisprechers zu Ende gegangen.

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Hier das Wichtigste in Kürze:

  • Wegen des großen Zustroms konnte sich ein großer Teil der Demo nicht wie angekündigt in Bewegung setzen, sondern verblieb auf dem Platz der Republik.
  • Ebenfalls aufgrund der großen Teilnehmerzahl hielten die Bahnen der U5 zeitweise nicht im Regierungsviertel. Die Versammlungsfläche wurde erweitert auf die Straße des 17. Juni vom Brandenburger Tor bis zur Siegessäule.
  • Hintergrund der Proteste waren Enthüllungen des Recherchezentrums Correctiv über weitreichende Deportationspläne rechter Akteure.
  • Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) nahm nicht an der Demonstration teil, mit Verweis auf das Hertha-Spiel im Olympiastadion. Er sagte dem Tagesspiegel im Vorfeld aber, er begrüße es, „dass es in Berlin keinen Platz für rechte Hetze oder Hass gibt“.
  • Auch in Brandenburg wurde am Sonntag in einer Reihe von Städten gegen rechts demonstriert. In Cottbus, das als rechte Hochburg gilt, nahm Ministerpräsident Dietmar Woidke an einer Demonstration teil.

Lesen Sie hier mehr zur Demo in Berlin und Eindrücke unseres Reporters

Bereits kurz nach 16 Uhr hatte sich eine riesige Menschenmenge auf der Wiese vor dem Reichstag versammelt. Zahlreiche Schilder und Fahnen waren zu sehen.

Hinter dem Aufruf steckte das Bündnis „Zusammen gegen Rechts“, das sich aus verschiedenen Gruppen zusammensetzt. Vertreten sind – neben Akteure aus der Klimabewegung – etwa Gewerkschaften und Kulturinstitutionen. Erwartet wurden bei der Demo unter anderem Redebeiträge von Vertretern von Fridays for Future, der Protestplattform Campact, des Seenotrettungsvereins Sea-Watch und der Diakonie.

„Die Funktionsweise der Demokratie beruht darauf, dass sie nicht nur existiert, sondern auch verteidigt und aktiv gelebt wird“, hatte das Bündnis „Zusammen gegen Rechts“ in ihrem Aufruf zur Demo geschrieben. Die AfD wolle die Gesellschaft spalten und gegen Minderheiten hetzen, um „ihr menschenverachtendes Gedankengut salonfähig zu machen“.

Mit der Kundgebung sollte versucht werden, die Perspektive von diskriminierten Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, sagte Samira Ghandour, Pressesprecherin von Fridays for Future Berlin, die Teil des Bündnisses sind. Es sei großartig, wie viele Menschen bereits seien, gegen rechts auf die Straße zu gehen.

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„Die Grundpfeiler unserer Demokratie stehen unter Beschuss“, hatten Ghandour und Pit Terjung von Fridays for Future Berlin im Vorfeld der Demonstration erklärt. „In diesen Zeiten muss man nicht politisch sein, um auf die Straße zu gehen. Es geht darum, ob wir Demokraten sind. Wir alle sind jetzt gefragt, Haltung zu zeigen und für eine wehrhafte Demokratie einzustehen.“

Das empfanden am Sonntag offenbar viele Menschen ähnlich und strömten ins Regierungsviertel. Doch anders als in Hamburg am Freitag und München am Sonntag musste die Berliner Demo nicht wegen Überfüllung abgebrochen werden. Eng wurde es dennoch.

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Die Polizei teilte am Nachmittag mit, dass die ursprünglich geplante Versammlungsfläche wegen der Menschenmassen erweitert wurde und die Straße des 17. Juni vom Brandenburger Tor bis zur Siegessäule für die Demonstration genutzt werden konnte. Wegen des großen Zustroms konnte sich zumindest ein großer Teil der Demo nicht wie angekündigt in Bewegung setzen, sondern verblieb auf dem Platz der Republik.

Auch der U-Bahn-Verkehr im Bereich des Regierungsviertels war eingeschränkt. Die U5 hielt zeitweise nicht an den Stationen Unter den Linden, Brandenburger Tor und Bundestag. Die S-Bahn bat auf der Plattform X, den Bereich weiträumig zu umfahren.

Demo-Teilnehmende am Sonntag in Berlin.
Demo-Teilnehmende am Sonntag in Berlin.

© dpa/Carsten Koall

In der Stadt sei es voll, schrieb die Polizei auf X, vor allem aber am Hauptbahnhof. Die Beamten rieten, auf Alternativen wie den Potsdamer Platz oder den Alexanderplatz auszuweichen – „oder spazieren Sie noch ein paar mehr Schritte durch Berlin in Ihre Richtung“, hieß es.

Zehntausende erleuchten mit Handys den Platz

Nach Anbruch der Dunkelheit war auch der Platz vor dem Bundestag voller Menschen. „Überall im Land hört ihr unseren Widerstand“, rief die Menge, als Clara von Fridays for Future die Bühne betrat. „Nichts ist so gefährlich für die Demokratie wie Gleichgültigkeit“, sagte sie. „Was wir gerade erleben, ist schockierend, aber nicht überraschend. Wenn man hingeschaut hat bei NSU, Hanau und Halle, war klar: Rechtsextreme sind Teil unseres Landes. Aber seit den Recherchen von Correctiv ist klar, wie Rechte unsere Demokratie zerlegen wollen. Aber nicht mit uns. Wir alle stellen uns dagegen.“

Zehntausende Menschen erleuchteten daraufhin die Reichstagswiese mit ihren Handys.

Berlins Regierender lobte: „Kein Platz für rechte Hetze“

Berlins Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatte dem Tagesspiegel im Vorfeld der Demonstration gesagt, er begrüße es, dass viele Menschen zeigten, „dass es in Berlin keinen Platz für rechte Hetze oder Hass gibt“. Selbst nahm er allerdings nicht an der Demonstration teil, da er am Nachmittag das Spiel von Hertha BSC besuchte, bei dem des verstorbenen Club-Präsidenten Kay Bernstein gedacht wurde.

„Lassen Sie uns gemeinsam die klare Kante gegen rechts ziehen“, hatte Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch in einem Aufruf zur Teilnahme appelliert. „Als sozialer Dienst der evangelischen Kirchen steht die Diakonie mit vielen anderen für Zusammenhalt, Vielfalt und Solidarität mit den Schwächsten – gegen Ausgrenzung, Rassismus und rechten Hass.“

„Wir sind viele. Und wir sind mehr als ihr“, sagte der Chef der Diakonie vor Ort mit Blick auf diejenigen, die Hass und Ausgrenzung säten. „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das steht am Anfang unseres Grundgesetzes. Als Christ sage ich: Das steht am Anfang der Bibel.“ Und weiter: „Die Rechten sprechen von Remigration. Die meinen Deportation. Das lassen wir nicht zu.“

Auf einem Schild sind die Wahlergebnisse der NSDAP für die Jahre 1928, 1930 und 1933 und der Frage „Wie konnte das passieren?“ zu lesen.
Auf einem Schild sind die Wahlergebnisse der NSDAP für die Jahre 1928, 1930 und 1933 und der Frage „Wie konnte das passieren?“ zu lesen.

© dpa/Kay Nietfeld

Für Christoph Bautz von Campact müsse der Druck jetzt hochgehalten werden, auch gegenüber der CDU, sagte er vor Ort: „Die Brandmauer muss stehen. Es darf keinerlei Kooperation mit der AfD geben. Und ich glaube, dass gerade viele Menschen noch mal ins Zweifeln kommen. Die Demos machen einen Unterschied.“

Das sahen auch die beiden Redner von Verdi so. Sie arbeiten beim Jüdischen Krankenhaus. „Unabhängig vom Background arbeiten wir zusammen: Menschen muslimischen und jüdischen Glaubens. Und natürlich gibt es mal Probleme. Aber wir handeln die aus. Und das ist ein tolles Beispiel für unsere Stadt.“

Das sagen Teilnehmende der Demo

Zehnke Schmidt aus Pankow ist am frühen Nachmittag bereits auf dem Weg zur Demo.
Zehnke Schmidt aus Pankow ist am frühen Nachmittag bereits auf dem Weg zur Demo.

© Moritz Valentino Matzner

Bereits am frühen Nachmittag waren am Alexanderplatz die ersten Menschen auf dem Weg zur Kundgebung zu sehen. „Hass ist der Orgasmus der Ungestreichelten“ stand auf dem Schild von Zehnke Schmidt. „Die AfD ist im Osten bei über 30 Prozent. Ich habe keine Lust mehr, zu Hause zu sitzen und mir in die Hosen zu machen“, sagte der 56-Jährige aus Pankow. „Wir müssen uns als wehrhafte Demokratie verstehen.“

Die 72-jährige Inge aus Reinickendorf wünscht sich ein AfD-Verbotsverfahren.
Die 72-jährige Inge aus Reinickendorf wünscht sich ein AfD-Verbotsverfahren.

© Moritz Valentino Matzner

Auch Inge aus Reinickendorf war gekommen. Vor ein paar Jahren hatte sie gegen Pegida demonstriert, jetzt ging sie gegen die AfD auf die Straße: „Ich kriege regelrecht Albträume, wenn ich daran denke, wie viele Prozente diese Partei bekommen kann“, sagte sie. Die 72-Jährige hat eine Petition für ein AfD-Verbotsverfahren unterzeichnet.

Die Enthüllungen des Recherchezentrums Correctiv hatten am 10. Januar weitreichende Deportationspläne rechter Akteure publik gemacht.

Bundesweit sind seitdem und auch an diesem Wochenende Hunderttausende Menschen für die Demokratie auf die Straße gegangen und haben friedlich gegen rechts protestiert. In München brach der Organisator eine Demonstration gegen rechts mit mindestens 80.000 Menschen wegen Überfüllung ab. Die Sicherheit der Teilnehmer sei nicht mehr zu gewährleisten, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag. Der Veranstalter sprach sogar von 250.000 Demonstrierenden. (mit dpa)

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