zum Hauptinhalt
Die Straße des 17. Juni war zeitweise vom Brandenburger Tor bis zur Siegessäule mit geparkten Traktoren versperrt.

© imago/Stefan Zeitz/imago/Stefan Zeitz

Update

6600 Bauern protestierten in Berlin: Buh-Rufe, Pfiffe und eine Ladung Mist auf der Straße

Mit einer Sternfahrt und einer Kundgebung demonstrierten Landwirte am Montag gegen die Streichung von Subventionen. Aus einem Bundesland erhielten sie politische Unterstützung.

Mit schweren Maschinen haben Bauern aus ganz Deutschland am Montag in Berlin gegen Pläne der Regierung protestiert, Subventionen für die Landwirtschaft zu streichen. An einer Kundgebung vor dem Brandenburger Tor nahmen etwa 6600 Menschen teil, nach Zählung der Berliner Polizei. Der Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) wurde von wütenden Demonstranten ausgebuht, ein Teilnehmer kippte Mist auf die Straße.

Der Polizei zufolge fuhren am Vormittag mehr als 1300 Traktoren aus den vier Himmelsrichtungen nach Mitte, was zu Staus führte. Zur Sternfahrt mit dem Motto „Zu viel ist zu viel! Jetzt ist Schluss!“ hatte der Deutsche Bauernverband (DBV) gemeinsam mit mehreren Landesverbänden aufgerufen. Die Straße des 17. Juni war zwischen dem Platz des 18. März und dem Großen Stern für mehrere Stunden auf allen Fahrbahnen mit geparkten Traktoren blockiert.

Betriebe in ihrer Existenz gefährdet

Der Frust der Landwirte richtet sich gegen Pläne der Bundesregierung, Erstattungen für Agrardiesel sowie eine Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftlich genutzte Fahrzeuge zu streichen. Bislang können Betriebe den Kraftstoff für Traktoren oder Mähdrescher mit grünen Kennzeichen am Ende des Jahres bei der Steuer geltend machen. Das soll Plänen der Ampel-Regierung zufolge ersatzlos wegfallen.

Unter dem Motto „Zu viel ist zu viel! Jetzt ist Schluss!“ demonstrieren Bauern und Unterstützer in Berlin.
Unter dem Motto „Zu viel ist zu viel! Jetzt ist Schluss!“ demonstrieren Bauern und Unterstützer in Berlin.

© dpa/Fabian Sommer

Heiko Terno, Vizepräsident des Brandenburger Landesbauernverbandes (LBV) sagte dem Tagesspiegel, diese Streichung gefährde viele Betriebe in ihrer Existenz, denn die Einkünfte seien bereits jetzt sehr niedrig. Betriebe könnten zum Teil nur überleben, weil sie ihre Notgroschen ausgeben: „Zurzeit wird Vermögen verwirtschaftet.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Die harte Arbeit lohne sich nicht mehr, Nachwuchs werde abgeschreckt. Wenn mehr Betriebe schließen müssten, werde am Ende auch der Verbraucher mehr für die Produkte zahlen müssen. „Irgendwann trifft es jeden“, meint Terno.

Es reicht, zu viel ist zu viel.

Joachim Rukwied, Bauernpräsident

Johannes Knorr zum Beispiel ist wütend. Der junge Bauer aus Hessen sagt, die „Politik der letzten Jahre“ habe den landwirtschaftlichen Betrieben hart zugesetzt. Die Subventionsstreichungen hätten nun „das Fass zum Überlaufen gebracht“.

6600 Menschen demonstrierten am Brandenburger Tor.
6600 Menschen demonstrierten am Brandenburger Tor.

© imago/Stefan Zeitz

Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir hielt eine Rede und sagte, dass er die Wut der Bauern verstehen könne. Aufgrund des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts müsse gespart werden, doch eine Benachteiligung der Landwirtschaft lehne er ab.

Eine Ladung Mist als Protest

Die meisten Demonstranten schien das nicht zu überzeugen, ihr Ärger galt der Ampel-Regierung insgesamt. „Neuwahlen!“, riefen einige im Chor, andere pfiffen und läuteten mit Kuhglocken. Aus einem Mähdrescher, an dem eine Fahne der Organisation „Freie Bauern“ hing, schoss Stroh auf die Straße. An einer anderen Stelle kippte ein Bauer eine Wagenladung Mist auf den Boulevard.

Ein Teilnehmer kippte eine Wagenladung Mist aus.
Ein Teilnehmer kippte eine Wagenladung Mist aus.

© dpa/Fabian Sommer

Bauernpräsident Joachim Rukwied sagte, mit dem Wegfall der Regelungen werde die Branche pro Jahr mit einer Milliarde Euro zusätzlich belastet. Er bezeichnete die Streichungspläne als „eine Kampfansage“ gegen die Bauernschaft, und fügte hinzu: Die Bauern seien bereit, diese anzunehmen.

Die Regierung müsse auf die Forderungen eingehen, dann könnten die Landwirte zurückkehren auf ihre Höfe und tun, „was wir seit Jahrhunderten tun“: Nahrung für die Bevölkerung herstellen. „Aber wenn man uns nicht zuhört, dann war das hier der Auftakt für viele weitere Aktionen in ganz Deutschland.“

Hubert Aiwanger (Freie Wähler), der bayerische Wirtschaftsminister, nahm an der Demonstration teil.
Hubert Aiwanger (Freie Wähler), der bayerische Wirtschaftsminister, nahm an der Demonstration teil.

© dpa/Fabian Sommer

Unter den Protestierenden waren auch viele junge Menschen. Am frühen Nachmittag stieg Rauch auf zwischen den Traktoren auf der Straße des 17. Juni. Jugendliche hatten in einer mitgebrachten Tonne Feuer gemacht. Die Demonstration sei „zu lasch“ gewesen, meinte einer, die Bauern sollten seiner Ansicht nach entschlossener für ihre Rechte eintreten.

Politische Unterstützung kam indes aus dem Freistaat Bayern. Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) nahm an der Demonstration teil. Und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte am Sonntag er in einem Video im sozialen Netzwerk Instagram zur Teilnahme aufgerufen: „Wir fordern die Regierung auf, die einseitigen Belastungen für unsere Bauern zurückzunehmen“, sagte Söder.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
showPaywallPiano:
false