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Arbeitsbedingtes Leiden ist weitverbreitet und führt zu viele Krankschreibungen.

© Getty Images/Westend61

Millionenfinanzierung für Berliner Start-up: Plattform für psychologische Hilfe will Marktführer werden

Die Berliner Firma Likeminded hat 5,9 Millionen Euro Finanzkapital eingesammelt. Unternehmen kaufen die Produkte, damit ihre Mitarbeitenden keinen Burnout kriegen.

Eine mentale Krise kostet Nerven und Geld. Ist die Sache ernst, kann man nicht produktiv am Schreibtisch oder an der Werkbank sein. Viele Firmen investieren deshalb in das mentale Wohlbefinden ihrer Angestellten, um arbeitsbedingtes Leiden zu vermeiden oder wenigstens abzumildern. Wegen psychischer Erkrankungen kamen in Berlin 2022 laut der Krankenkasse DAK auf 100 Versicherte 312 Fehltage.

Ein Unternehmen, das diese Arbeitsausfälle reduzieren will, ist das Berliner Start-up Likeminded. „Wir wollen der führende Anbieter von mentaler Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz in Europa werden“, sagt die Mitgründerin Kimberly Breuer. Dazu hat das Start-up nun 5,9 Millionen Euro Kapital eingesammelt, unter anderem von den Kapitalgesellschaften Holtzbrinck Digital und Heartcore Capital. Das Geld erweitert die Seed-Finanzierung, bei der 2021 schon 3,5 Millionen zusammengekommen waren.

Likeminded bietet keine Psychotherapie an. Die Plattformangebote sind auf den präklinischen Bereich zugeschnitten, also auf Mitarbeitende, die noch kein psychisches Leiden haben, sondern entweder ihre Gesundheit stärken oder ihre Leistung steigern wollen. Sie können sich unter anderem Psycholog:innen in digitalen Einzelgesprächen anvertrauen oder an Gruppensitzungen teilnehmen. Die schweren Fälle leiten die Likeminded-Leute an Psychotherapeut:innen in der Regelversorgung weiter.

KI soll die Angebote personalisieren

Mit dem neuen Kapital will das Start-up seine Angebote personalisieren. Ein Machine-Learning-Algorithmus soll „die beste zielgerichtete User-Journey“ ermöglichen, heißt es auf der Webseite in BWL-Sprech. Übersetzt bedeutet dies, dass die Nutzer:innen einen Fragebogen ausfüllen; der Algorithmus schlägt ihnen anschließend die passenden Angebote vor.

Apps für die psychische Gesundheit stehen in der Kritik, weil sie eine normale Therapie nicht ersetzen können. Firmen, so die Befürchtung, würden die Angebote nur zur Verfügung stellen, um Stresssymptome abzufedern und um nicht an der Art und Weise zu rütteln, wie Arbeit im Betrieb organisiert wird. Breuer kennt die Kritik. Sie setzt sich nach eigener Aussage dafür ein, dass sich ihre Kund:innen auch mit der Arbeitskultur beschäftigten. Sonst, sagt sie, würde Likeminded nur an Symptomen schrauben.

Dieses Jahr noch werde eine Universität die Wirksamkeit von Likeminded evaluieren. Als Medizinprodukt sind die Angebote nicht registriert. Das sei in absehbarer Zeit auch nicht das Ziel. Denn Likeminded richtet sich an weitgehend gesunde Arbeitnehmer:innen. Unternehmen bezahlen für den Service rund 50 bis 150 Euro pro Angestellter und Angestelltem im Jahr. Dies sei nicht viel, sagt Breuer. Andere Angebote, zum Beispiel die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio, kosteten deutlich mehr Geld.

Im deutschsprachigen Raum hat Likeminded nach eigenen Angaben Kund:innen im „hohen zweistelligen Bereich“. Darunter befinden sich namhafte Unternehmen, etwa die Berliner Onlinebank N26 und die Strategieberatung Oliver Wyman. Bei Likeminded arbeiten derzeit 35 Vollzeitkräfte.

Hinweis in eigener Sache: Es bestehen keine wirtschaftlichen oder personellen Verflechtungen zwischen dem Tagesspiegel als Teil der DvH Medien des Verlegers Dieter von Holtzbrinck und dem hier genannten Kapitalgeber Holtzbrinck Digital.

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