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Hier am Russischen Haus in Berlin-Mitte soll die Straßenweihnachtsfeier stattfinden.

© imago stock&people

„Russisches Haus“ in Berlin auf Sanktionsliste: Beschwerde eingelegt gegen die Untätigkeit der Behörden

Die Propaganda-Außenstelle an der Friedrichstraße steht auf der EU-Sanktionsliste. Bisher hatte das keine Konsequenzen. Doch nun beschwerte sich Grünen-Politiker Volker Beck beim Außenministerium.

Das „Russische Haus“ in Berlin-Mitte wird von einer Regierungsagentur in Moskau betrieben, die seit Juli 2022 auf der EU-Sanktionsliste steht – doch die deutschen Behörden tun nichts, obwohl sie dazu gesetzlich verpflichtet sind. Obendrein stellte die Staatsanwaltschaft Berlin nun die Ermittlungen wegen Verstößen gegen das Außenwirtschaftsgesetz ein, weil die Verantwortlichen Diplomatenstatus haben.

Der frühere Bundestagsabgeordnete Volker Beck (Grüne) hat jetzt bei der Staatsanwaltschaft Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens eingelegt, das durch seine Strafanzeige ausgelöst wurde. Denn die Staatsanwaltschaft müsste zumindest gegen jene Mitarbeiter in den Behörden ermitteln, die nicht einschreiten, die Verstöße gegen die Sanktionen hinnehmen und damit Beihilfe zu Straftaten leisten.

So sieht es Becks Anwalt Patrick Heinemann, der bereits die zeitweise Aufstellung eines Panzer-Mahnmals vor der russischen Botschaft gegen das Bezirksamt Mitte durchgesetzt hatte. „Das Russische Haus wird von der russischen Agentur Rossotrudnichestvo betrieben, die auf der Liste für repressive Maßnahmen der Europäischen Union steht und damit sanktioniert ist“, erklärte Heinemann. Die Agentur sei damit der Weiterbetrieb des Hauses untersagt. Ein Sanktionsverstoß stehe unter Strafe.

Becks Strafanzeige richtete sich auch gegen das bis Ende 2022 zuständige Bezirksamt Mitte und die seither verantwortliche Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung, die dem Bundesfinanzministerium untersteht. Beide Behörden seien untätig geblieben, hätten damit ihre Pflichten zu Durchsetzung der EU-Sanktionen verletzt – und so den sanktionswidrigen Fortbetrieb des Hauses ermöglicht.

Beck schrieb am Sonnabend auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) an. Seine Bitte: die Verantwortlichen des Russischen Hauses zu persona non grata zu erklären und damit die Sanktionen durchzusetzen. Es gehe nicht an, dass hier unter dem Deckmantel des Diplomatenstatus Straftaten verübt werden, sagte Beck.

Es kann nicht sein, dass eine Propagandazentrale Russlands in Berlin mitten im Krieg weiter aktiv ist.

Volker Beck, Publizist und früherer Bundestagsabgeordneter der Grünen

Bereits im Juni hatte das Auswärtige Amt dem RBB erklärt, dass es gegen das Russische Haus keine weiteren Maßnahmen ergreife. Dabei gibt es Hinweise, dass die Einrichtung zentrale Figuren prorussischer Protestgruppen unterstützt, die in Deutschland Autokorsos abhielten. 2022 zeigte das Haus einen Propagandafilm des russischen Staatssenders RT über den Holocaust. Darin hieß es, dass sich die NS-Gräueltaten nun in der Ukraine wiederholten. Ukraine und Europa werden mit dem Nationalsozialismus gleichgesetzt.

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass alle Mitarbeiter im Russischen Haus Diplomatenstatus haben“, sagte Beck. „Doch selbst dann müsste es geschlossen werden. Mich erstaunt das Verhalten der Behörden, dass die Mitarbeiter nicht ausgewiesen werden. Es kann nicht sein, dass eine Propagandazentrale Russlands in Berlin mitten im Krieg weiter aktiv ist.“

Auch Becks Anwalt Heinemann meint: „Diplomatische Immunität hin oder her: Die Frage ist doch auch, ob sich die Verantwortlichen der Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung des Bundesfinanzministeriums strafbar gemacht haben, weil sie dem rechtswidrigen Treiben seit Monaten tatenlos zusehen.“

Aus Kreisen von Ukraine-Gruppen in Deutschland, die in Kontakt mit Bundestagsabgeordneten stehen, ist von bewusster Zurückhaltung der Bundesregierung die Rede. Sie befürchtet laut einem Focus-Bericht eine harte Reaktion Moskaus – zum Beispiel Nachteile für deutsche Einrichtungen und die deutsche Minderheit in Russland.

„Die Europäische Union hat beschlossen, das Russische Haus zu sanktionieren. Darüber darf sich Deutschland nicht im nationalen Alleingang hinwegsetzen, auch wenn Moskau droht – wir dürfen uns nicht erpressen lassen“, sagte Jurist Heinemann.

Zuvor hatte CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter beim Kurznachrichtendienst X erklärt: „Das Russische Haus ist das Symbol für Russlands hybriden Krieg, der auch gegen Deutschland geführt wird. Es werden gezielt Desinformation und Kreml-Narrative verbreitet, die Sanktionsverstöße sind offenkundig.“ Die Schließung sei überfällig. Jetzt liege es am politischen Willen, den Betreiber auszuweisen.

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