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Berlins CDU und SPD stehen kurz vor dem Ende ihrer Koalitionsverhandlungen.

© IMAGO/Political-Moments/imago

„Es darf kein Behörden-Pingpong mehr geben“: Berliner CDU und SPD wollen Bezirke entmachten

Die Bezirke könnten künftig Kompetenzen an den Senat verlieren. Außerdem einigen sich die Verhandler auf einen Queerbeauftragten und mehr Videoüberwachung.

Berlins CDU und SPD wollen sich künftig stärker politisch in die Bezirke einmischen. „Wir wollen eine gesamtstädtische Steuerung“, sagte CDU-Landeschef Kai Wegner nach den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen am Mittwoch. Wegner kündigte an, dass die Fachaufsicht in den Plänen des künftigen Senats eine Rolle spielen werde. Damit könnten die zwölf Bezirke Kompetenzen an die Landesregierung verlieren.

„Wir sind angetreten mit dem ganz klaren Ziel, dass Berlin an allen Stellen funktioniert“, begründete Wegner den Schritt. Man wolle daher „schnellstmöglich“ das Zuständigkeitsgesetz neu ordnen. „Es darf kein Behörden-Pingpong mehr geben“, sagte CDU-Generalsekretär Evers. Er kündigte zudem an, die Rolle der Bezirksbürgermeister zu stärken.

Eine Direktwahl der Bürgermeister, für die die CDU geworben hatte, wird es dagegen nicht geben. Auch die SPD-Pläne für ein „politisches Bezirksamt“, bei dem die Bezirksverwaltungen nicht mehr proportional, sondern nach Mehrheiten durch die Parteien besetzt werden sollten, werden nicht umgesetzt.

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Dennoch äußerte sich die wohl scheidende Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) zufrieden. „Wir sind entschlossen, die Berliner Verwaltung als Serviceunternehmen zu entwickeln.“ Dazu sollen offenbar die Digitalisierung und das Angebot mobiler Bezirksämter vorangetrieben werden.

Mehr Polizisten, Videoüberwachung und ein Queerbeauftragter

Neben der Verwaltungsreform einigten sich CDU und SPD auf Maßnahmen in den Bereichen Inneres und Vielfalt. Beide Parteien wollen künftig mehr Polizisten auf die Straße bringen und an kriminalitätsbelasteten Orten mehr Videoüberwachung ermöglichen. „Das wird die Stadt sicherer machen“, sagte Wegner.

Weiter vereinbart wurde der Bau zweier neuer Frauenhäuser und eines Regenbogenhauses für die queere Community. Zudem soll es erstmals einen landeseigenen Queerbeauftragten geben. „Das ist ein Zeichen an die bunte, vielfältige und heterogene Stadtgesellschaft“, sagte SPD-Fraktionschef Raed Saleh.

Raed Saleh freut sich über den vereinbarten Queerbeauftragten.
Raed Saleh freut sich über den vereinbarten Queerbeauftragten.

© dpa/Jörg Carstensen

Ärger gab es bei den Besprechungen beider Parteien am Mittwoch beim Thema Kopftuch bei Lehrkräften. Wie berichtet, war die Bildungsverwaltung am Montag in einem Schreiben an die Schulleitungen von ihrer strikten Auslegung des Neutralitätsgesetzes abgerückt. „Nur in den Fällen, in denen sich konkret die Gefährdung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität abzeichnet, ist das Tragen religiös geprägter Kleidungsstücke und Symbole zu untersagen“, heißt es in dem Brief. Vorausgegangen war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Februar, das eine Verfassungsbeschwerde des Landes Berlins abgelehnt hatte.

Ärger wegen Schreiben der Bildungsverwaltung

„Den Zeitpunkt des Briefes finden wir unglücklich“, sagte Wegner nach den Verhandlungen, in denen es auch um den Bereich Bildung gegangen war. Man werde das Urteil natürlich umsetzen, sagte er weiter: „Wir werden klare Kriterien formulieren, um den Schulfrieden sicherzustellen.“

Dies sei Aufgabe der nächsten Regierung. Die CDU hatte es als Affront gewertet, dass die derzeit SPD-geführte Bildungsverwaltung mitten in den Koalitionsverhandlungen den Brief verschickt hatte.

Die Bildungsverwaltung rechtfertigte dagegen den Zeitpunkt des Schreibens am Mittwoch nur knapp: „Das Schreiben ging jetzt an die Schulen, um rechtzeitig vor den nun anstehenden Einstellungsrunden für das kommende Schuljahr Klarheit zu schaffen“, teilte ein Sprecher mit.

Mir machen die Koalitionsgespräche echt Spaß.

Kai Wegner, CDU-Landeschef

In der Bildungspolitik haben SPD und CDU weiter vereinbart, ein sogenanntes „Kita-Chancen-Jahr“ einzuführen. Damit sollen Kinder zu einem Kita-Jahr verpflichtet werden, wenn sie die sprachlichen Voraussetzungen für den Schulbesuch noch nicht erfüllen. Eine entsprechende Regelung gibt es zwar seit Jahren, wird aber nur teilweise durchgesetzt. Nun wolle man die Kriterien verschärfen, kündigten die Spitzen von SPD und CDU an. „Es sorgt dafür, dass Startchancen gleichberechtigter verlaufen als das bisher der Fall war“, sagte Giffey.

Am Donnerstag und Freitag wollen beide Parteien ihre Verhandlungen abschließen, am Montag soll der Koalitionsvertrag dann vorgestellt werden. Offen sind vor allem noch finanzpolitische Fragen und die Verteilung der Ressorts. Man werde rechtzeitig fertig, versprach CDU-Chef Wegner. „Mir machen die Koalitionsgespräche echt Spaß.“

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