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Bundesweit finden Gedenk-Aktionen statt

© dpa/Andreas Arnold

„Gedenken nicht instrumentalisieren“: Zwist um politische Flaggen bei Hanau-Demo in Berlin

In Berlin wird am Montag der Opfer des rechtsextremistischen Anschlags gedacht. Angehörige wollen, dass auf politische Symbole verzichtet wird – die Migrantifa erlaubt sie trotzdem.

| Update:

Er wolle keine Ruhe geben – „bis Gerechtigkeit geschieht“, sagt Çetin Gültekin. „Wir lassen nicht zu, dass die Namen der Opfer vergessen werden. Wir tragen die Namen überall hin, seit vier Jahren“, schildert er in einem Statement der „Initiative 19. Februar“. Çetin Gültekin ist der Bruder des ermordeten Gökhan Gültekin, dessen Tod sich am 19. Februar zum vierten Mal jährt. Der damals 37-Jährige und acht weitere Menschen wurden 2020 im hessischen Hanau von einem Rechtsextremisten getötet, mehrere weitere Personen wurden verletzt. Die Opfer hatten Migrationsgeschichte. Anschließend tötete der Täter seine Mutter und schließlich sich selbst.

Nicht nur in Hanau wird am Montag der Opfer des rassistischen Anschlags gedacht, bundesweit soll es Gedenk-Aktionen geben. Auch in Berlin.

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Die Migrantifa und die Wünsche der Angehörigen

Zu einem Gedenken mit anschließender Demonstration auf der Sonnenallee erwartet die linke Organisation Migrantifa etwa 2000 Menschen. Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit weiteren linken und migrantischen Initiativen unter dem Motto „Die Konsequenz ist Widerstand“ organisiert. Um 17.30 Uhr soll das Gedenken beginnen. Ab 19 Uhr haben die Veranstalter einen Demonstrationszug gegen rassistische Gewalt in Deutschland geplant.

National-, Partei- und Organisationsfahnen haben in diesem Erinnern keinen Platz. Unser Gedenken soll nicht instrumentalisiert werden.

„Initiative 19. Februar“

Das Netzwerk Migrantifa hat sich im Jahr 2020 als Reaktion auf das rassistische Attentat in Hanau gegründet und steht laut ihrem Mitglied Meryem Malik in engem Austausch mit den Angehörigen der Opfer von Hanau.

Diese hatten für die Gedenk-Demonstrationen den Wunsch geäußert, auf politische Symbole zu verzichten. „National-, Partei- und Organisationsfahnen haben in diesem Erinnern keinen Platz. Unser Gedenken soll nicht instrumentalisiert werden“, schreibt die von Angehörigen und Unterstützern gegründete „Initiative 19. Februar“ auf Instagram. Die Forderung ist Folge von Debatten und Protesten zu der Eskalation des Nahostkonflikts.

Migrantifa hat den Aufruf nicht weitergegeben. Fahnen und politische Symbole sind weiterhin erlaubt. Die 24-jährige Meryem Malik sieht das nicht als Widerspruch zu den Wünschen der Angehörigen: „Deswegen machen wir sowohl ein Gedenken, das den Anschlag zentriert im Sinne der Angehörigen, als auch eine antirassistische Demonstration, die den Rassismus zentriert, gegen den wir als Migrant:innen zu kämpfen haben“, sagt Malik. Den Vorwurf der Instrumentalisierung könne sie nicht nachvollziehen.

Wie in vergangenen Jahren werden somit vermutlich auch palästinensische Fahnen auf der Demo zu sehen sein. „Für uns ist das kein Überdecken, weil das eben aktuelle Verhältnisse sind, aus denen sich Deutschland nicht rausnehmen kann“, sagt die Berliner Studentin. „Wir stellen keine Personengruppen unter Generalverdacht und stehen alle zusammen, außer es kommt zu rassistischem, antisemitischem, sexistischem Verhalten oder ähnlichem“, kündigt Malik an.

Auf Nachfrage äußert sich Newroz Duman, Sprecherin der „Initiative 19. Februar“, zu der in Berlin geplanten Großdemonstration: „Der Code of Conduct (Verhaltenskodex, Anm. d. Red.) sollte eigentlich für alle Gedenkveranstaltungen einen Maßstab bilden, weil das Gedenken weder in Hanau noch woanders instrumentalisiert werden soll.“ Auch sei die „Initiative 19. Februar“ nicht an der Planung der Berliner Großdemonstration beteiligt gewesen.

Gedenkkundgebung am Oranienplatz

Keine Fahnen und Symbole soll es indes bei einer Gedenkveranstaltung von 17 bis 19 Uhr am Oranienplatz in Kreuzberg geben, kündigt Bahar Şanlı vom Netzwerk „Oplatz4Hanau-Gruppe“ an. „Wir gehen voll mit den Wünschen der ‚Initiative 19. Februar’ mit“, sagt sie. „Wir gedenken als Menschen, nicht als Organisationen, Parteien oder Nationen. Daher keine Flaggen.“

Bei der Gruppierung handelt es sich um einen Zusammenschluss von politisch aktiven Einzelpersonen und Menschen, die sich in Initiativen wie „We’ll come united Berlin“, „Seebrücke“ und „Ende Gelände“ engagieren. „Unser Fokus sind die Kontinuitäten rechter, rassistischer, antisemitischer Anschläge“, sagt Şanlı über die am Oranienplatz geplante Gedenkveranstaltung für die Opfer des rassistischen Anschlags.

Gedenken auf dem Markt Spandau

Von 16 bis 17 Uhr findet außerdem das Hanau-Gedenken unter dem Motto „Trauern und erinnern“ auf dem Markt Spandau statt. Organisiert wird es vom „Netzwerk Demokratie, Toleranz, Respekt und Vielfalt Spandau“, das sich selbst als Zusammenschluss von Akteuren aus Bezirkspolitik, Zivilgesellschaft und Glaubensgemeinschaften beschreibt. Auch der Verein „Omas gegen rechts“ nimmt an dem Gedenken teil. Geplant ist laut Renate Christians von „Omas gegen rechts“ unter anderem, Rosen niederzulegen und die Namen der Ermordeten zu verlesen.

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