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Wenn das vegane Streusalz aus ist, sehen die Straßen in Berlin nunmal so aus.

© dpa

Matthies' exklusiver Jahresrückblick: Was in Berlin 2015 passiert sein wird

In Kreuzberg fehlt veganes Streusalz, das "Wowi und Jörn" ist die neue In-Kneipe. Doch plötzlich stört der Einmarsch von Putins Truppen den Frieden in der Stadt. Lesen Sie hier schon heute, was im Lauf des Jahres erst passieren wird - in unserem satirischen Rückblick auf das Jahr 2015.

Januar

Der neue Regierende Bürgermeister Michael Müller will die neuen Medien ernster nehmen als sein Vorgänger und twittert seine Neujahrsbotschaft: „Erstens: BER, zweitens BER, drittens BER, und den Wohnungsbau nicht vergessen.“ Flughafenchef Mehdorn teilt mit, er habe noch keinen Eröffnungstermin, werde ihn aber definitiv vor Ende seiner Amtszeit nennen. Bei Probebohrungen auf den skandalumwitterten Schutthalden im Gelände des Tierparks Friedrichsfelde werden Reste einer alten „Prawda“ mit dem Porträtfoto Stalins gefunden.

Februar

Schneekatastrophe in Berlin, die S-Bahn stellt ihren Betrieb ein. Wegen der enormen, anhaltenden Glätte erlaubt der Senat den Einsatz von Notsalz auf den Gehwegen. Die BVV Friedrichshain-Kreuzberg schreibt in ihrem Bezirk allerdings die ausschließliche Nutzung von veganem Biosalz aus fairem und nachhaltigem Anbau vor. Es ist im Handel aber nicht aufzutreiben. Bürgermeisterin Herrmann bittet die Bürger, in ihren Häusern zu bleiben, und hebt hervor, dass wegen der Glätte auch der Drogenhandel im Görlitzer Park zum Erliegen gekommen und die Gerhart-Hauptmann-Schule von der Außenwelt abgeschnitten sei, was sehr zur Beruhigung der Lage beitrage.

März

Der Deutsche Olympische Sportbund trifft zur Bewerbung für die Olympischen Spiele 2024 eine überraschende Entscheidung: Berlin und Hamburg sollen dieses Projekt nach Ansicht des DOSB gemeinsam stemmen. Dafür genüge es dann auch, wenn bei der obligatorischen Volksbefragung zu diesem Thema jeweils 25 Prozent Ja-Stimmen zustande kämen, heißt es, denn das seien zusammen auch 50 Prozent. Die Offiziellen beider Städte geben sich enttäuscht, einigen sich aber in einem „Letter of Understanding“ darauf, die Segelwettbewerbe nach Kiel zu vergeben. Der Marathonlauf soll auf 280 Kilometer verlängert werden, um beide Städte symbolisch zu verbinden.

April

Die Abraumhalde auf dem Tierpark rückt ins öffentliche Interesse, weil Unbekannte nachts auf der Spitze eine russische Flagge hissen. Der Hintergrund der Aktion bleibt unklar, doch diplomatische Kreise weisen irritiert darauf hin, dass dieser „Schulbubenstreich“ (Müller) überhaupt erst bekannt wird, weil er schon am nächsten Morgen zur Spitzenmeldung der russischen Fernsehnachrichten aufrückt. Die Umweltverwaltung lehnt die Bitte des Bezirksamts Kreuzberg ab, zehn Tonnen veganes Biosalz, das erst nach Frühlingsbeginn geliefert wurde, auf der Halde abladen zu dürfen.

Mai

Klaus Wowereit wird Wirt, zusammen mit seinem Lebenspartner Jörn Kubicki – das und noch viel mehr weiß die Tagesspiegel-Jahresvorschau.
Klaus Wowereit wird Wirt, zusammen mit seinem Lebenspartner Jörn Kubicki – das und noch viel mehr weiß die Tagesspiegel-Jahresvorschau.

© picture-alliance/ dpa

Eine weitere viel beachtete Premiere findet in Schöneberg statt: Klaus Wowereit eröffnet die gemütliche Bierkneipe „Wowi und Jörn“ und verkündet, alle Besucherinnen und Besucher seien unabhängig von Parteizugehörigkeit und sexueller Identität willkommen. „Ich habe für mich diese Entscheidung getroffen“, sagt er, „ich wollte es sogar schon letztes Jahr machen, aber da sind wir Weltmeister geworden.“

Juni

Hartmut Mehdorn tritt zurück, obwohl noch kein Nachfolger gefunden ist. Auf die Frage nach dem Eröffnungstermin teilt er mit, dass er seinem Nachfolger darin nicht vorgreifen wolle. Klaus Wowereit lehnt den Job ab und betont, er habe viel Spaß beim Bierzapfen und werde demnächst in Bonn eine Filiale eröffnen. Und im Übrigen besitze er gewisse Informationen, dass sich um diesen „dussligen Flughafen“ bald andere kümmern werden.

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Juli

Ein russisches Konsortium gibt ein Gebot für den Weiterbetrieb der S-Bahn ab und kauft den Traditionsclub Hertha BSC, der nach dem erneuten Abstieg in die zweite Bundesliga ohne Präsident, Trainer und Manager dasteht. Lothar Matthäus wird wieder einmal als neuer Trainer genannt, aber auch von Pep Guardiola hört man, er habe „ein Angebot erhalten, das man nicht ablehnen kann“. Auf der Friedrichsfelder Schutthalde wird wieder eine russische Fahne gehisst, was den Regierenden Bürgermeister zu der Mitteilung veranlasst, dies sei ein Zeichen einer unmittelbaren politischen Bedrohung.

August

Der russische Präsident Putin verblüfft die Bundesregierung mit einem überraschenden Anspruch: Er belegt mit Kopien verschiedener Frachtbriefe, dass die Sandhaufen auf dem Gelände des Tierparks Friedrichsfelde in den Jahren 2009 und 2010 aus Moskau geliefert worden seien. Es handele sich um Aushub von Großbaustellen und damit völkerrechtlich unzweifelhaft um russischen Boden, den er bis zum letzten Mann verteidigen werde. Der Tierpark wird von schwer bewaffneten Söldnern umzingelt, die keine Nationalitätskennzeichen tragen. Darauf angesprochen, dass sie sich auf Russisch verständigten, behaupten sie, auf Urlaub zu sein. Der Besuch der Tiergehege ist ab sofort nur noch mit russischem Einreisevisum möglich.

Im Lauf dieses Jahres wird sich herausstellen: Dieser Dreck im Tierpark ist russischer Dreck und damit gehört der Tierpark zu Russland.
Im Lauf dieses Jahres wird sich herausstellen: Dieser Dreck im Tierpark ist russischer Dreck und damit gehört der Tierpark zu Russland.

© Promo

September

In der Straße Alt-Friedrichsfelde liefern sich die Beamten einer Funkstreife eine Schießerei mit Söldnern vom Tierpark, werden dann aber vom Innensenator zurückgerufen. Frank Henkel begibt sich in Begleitung des Polizeipräsidenten zu offiziellen Verhandlungen an den Ort des Geschehens. Ergebnis: Friedrichsfelde und das angrenzende Karlshorst werden vom Bezirk Lichtenberg, wie es heißt, ohne präjudizierende Wirkung an Russland ausgeliehen. Die Russen verzichten dafür auf den Einsatz schwerer Artillerie in bewohnten Gebieten.

Oktober

Die Jubiläumsfeier „25 Jahre Deutsche Einheit“ in Frankfurt am Main wird von einer unerwarteten Deklaration aus östlicher Richtung überschattet. Der großrussische Präsident Putin verkündet die Neugründung der DDR in den Grenzen von 1988 als assoziierte Provinz Russlands mit Ost-Berlin als Hauptstadt. Die Reise- und Niederlassungsfreiheit solle uneingeschränkt erhalten bleiben, sagt er. Niemand habe die Absicht, eine Mauer zu bauen. Matthias Platzeck übernimmt trotz großer Bedenken den Posten des Großkurators der DDR, der ihm von Moskau angeboten wurde. Die Annexion Ostdeutschlands müsse nun einmal nachträglich völkerrechtlich so geregelt werden, dass sie für alle hinnehmbar sei, sagt er.

November

Der Regierende Bürgermeister Müller kündigt an seinem neuen Dienstsitz im Rathaus Schöneberg an, dass der Senat die Flughäfen Tegel und Tempelhof als Lebensadern der Stadt erneuern und stärken wolle. Das Projekt BER werde für die Summe von einem symbolischen Rubel an die Russen abgegeben, denen er dabei viel Spaß wünsche. Einige Tage später wird bekannt, dass Altkanzler Gerhard Schröder den Aufsichtsratsvorsitz der Flughafengesellschaft übernimmt. Air Berlin verkündet eine Namensänderung: Man werde ab 1. Januar unter dem Namen „Air West-Berlin“ firmieren.

Dezember

Die traditionelle Silvesterparty findet in diesem Jahr in zwei getrennten Abschnitten auf Ost- und West-Berliner Seite statt. Auf der Straße des 17. Juni singt David Hasselhoff „I’ve been looking for freedom“, auf dem Pariser Platz dirigiert Valery Gergiev die Moskauer Philharmoniker. Als Zugabe singt Anna Netrebko „Moskau“ nach der Originalversion von Dschingis Khan: „Moskau, Moskau, komm, wir tanzen auf dem Tisch, bis der Tisch zusammenbricht, ha ha ha ha ha.“ Ein aufregendes Jahr geht zu Ende.

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