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Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin, während einer Plenarsitzung des Berliner Abgeordnetenhauses.

© dpa / Wolfgang Kumm

Streit um Reform der Berliner Verwaltung : Giffey steht nach Schnellschuss in der Kritik – und stichelt zurück

Bezirke und Grüne werfen der SPD vor, das wichtige Thema für den Wahlkampf zu missbrauchen. Intern greift die Regierungschefin zu harten Worten.

Die SPD drückt bei der Vorbereitung einer Verwaltungsreform aufs Tempo und erntet dafür heftige Kritik aus Koalition und Bezirken. Einem für die Beschlussfassung im Senat vorgesehenen Eckpunktepapier zufolge, das dem Tagesspiegel vorliegt, sollen noch in diesem Jahr tiefgreifende Veränderungen in der Struktur der zweigliedrigen Verwaltung vorgenommen werden.

Konkret vorgesehen sind in einer ersten, bis zum Jahresende dauernden Stufe: die Neuordnung der Aufsicht über die Bezirke und damit die Einführung der Fachaufsicht, eine Neuordnung der Zuständigkeiten zwischen Land und Bezirken sowie die Konkretisierung der Leitungsaufgaben mithilfe verbindlicher Zielvereinbarungen. In einer zweiten, für den Zeitraum 2023 bis 2024 vorgesehenen Stufe sollen Verfassungsänderungen wie jene zur Einführung des politischen Bezirksamts umgesetzt werden, das klare politische Verantwortlichkeiten schaffen soll.   

Unklar ist, ob und wenn ja welche Eckpunkte tatsächlich vom Senat beschlossen werden. Bereits am Montagabend hatte Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch Bedenken geltend gemacht und weitere Gespräche mit den Bezirken gefordert. Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) hatte auf eine Beschlussfassung am 7. Februar insistiert und auf einen „intensiven Austausch“ zwischen Senat und Bezirken verwiesen.

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Der Streit, angefacht durch den selbst in der SPD kritisierten Zeitplan, das Papier trotz Mäßigungsgebot fünf Tage vor der Wahlwiederholung abstimmen zu lassen, setzte sich am Dienstag fort. Grünen-Fraktionschef Werner Graf erklärte dem Tagesspiegel: „So, wie das von der SPD nun zeitlich aufgesetzt wird, ist das zum Scheitern verurteilt.“

Grüne fordern „echtes Beteiligungsverfahren“

Ein „vorschneller“ Senatsbeschluss am 7. Februar gefährde den gesamten Prozess, erklärte Graf und fügte hinzu: „Ich halte es für extrem bedenklich, wie mit den Bezirken umgegangen wird.“ Eine Unterstützung des Reformpakets durch die Grünen sei nur dann denkbar, „wenn wir einen Beschluss für ein echtes Beteiligungsverfahren hinbekommen“, ergänzte Graf.

Aus den Bezirken heraus war der Vorstoß bereits unmittelbar nach der Besprechung der Unterlage im Rat der Bürgermeister am vergangenen Donnerstag scharf kritisiert worden. Sören Benn (Linke), Bürgermeister von Pankow, wandte sich in einem dem Tagesspiegel ebenfalls vorliegenden Schreiben an den für Erarbeitung und Vorlage des Eckpunktepapiers zuständigen Chief Digital Officer, Ralf Kleindiek (SPD). Selbiges hatten zwei Tage zuvor bereits die Vorsteher:innen der Bezirksverordnetenversammlungen getan und dabei – genau wie Benn – eine stärkere Beteiligung eingefordert.

Wer den Teich trockenlegen will, darf nicht die Frösche fragen.

Franziska Giffey, Regierende Bürgermeisterin von Berlin

Während Linke-Spitzenkandidat Klaus Lederer signalisiert hatte, einer Beschlussfassung am 7. Februar nicht im Wege stehen zu wollen, legten einzelne Bezirksvertreter:innen am Dienstag nach. Clara Herrmann (Grüne), Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, erklärte: „Eine echte Reform kann nur miteinander und auf Basis einer breit angelegten Lösung funktionieren. Alles andere ist Wahlkampf.“ Gordon Lemm (SPD), Bürgermeister von Marzahn-Hellersdorf, sagte dem Tagesspiegel: „Die SPD-Bürgermeister haben nicht auf eine Abstimmung zum jetzigen Zeitpunkt gedrungen.“

Dass Franziska Giffey die Kritik der Bezirke im Senat Tagesspiegel-Informationen zufolge mit dem Satz „Wer den Teich trockenlegen will, darf nicht die Frösche fragen“ quittierte, dürfte die ohnehin angespannte Situation weiter verschärfen. Das Thema war abseits der eigentlichen Tagesordnung aufgerufen und nur kurz diskutiert worden, hieß es weiter.

So oder so werden bis zur Umsetzung der seit Jahrzehnten angemahnten Verwaltungsreform Monate oder eher Jahre vergehen. Ohnehin bedeutet der Senatsbeschluss lediglich den ersten von vielen weiteren Schritten hin zur Gesetzgebung –oder gar Verfassungsänderung – durch das Abgeordnetenhaus. Für Letztere braucht es im Übrigen die Opposition, auf die dem Vernehmen nach bislang niemand aus Koalition oder Senat zugegangen ist.

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