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Ein Schriftzug der Zentralen Notaufnahme ist an einem Gebäude der Charité · Universitätsmedizin zu sehen, während davor ein Rettungswagen steht.

© dpa/Joerg Carstensen

Einigung auf Krankenhausreform: Für die Patienten verbessert sich erst einmal nichts

Viel wurde über Finanzierung und Standortsicherung von Kliniken gestritten – und viel zu wenig darüber, wie man Heilungserfolge verbessert und Komplikationen verhindert.

Ein Kommentar von Ingo Bach

Menschen, die ins Krankenhaus müssen, noch besser zu behandeln, das ist die Prämisse der jetzt beschlossenen Reform. Ach nein, ist es erstaunlicherweise nicht: „Das Ziel der Krankenhausreform ist es, unnötige Klinikschließungen zu vermeiden und flächendeckend eine qualitativ hochwertige Versorgung auch in ländlichen Regionen sicherzustellen.“ So zumindest definiert das Bundesministerium für Gesundheit das Vorhaben auf seiner Website.

Man gewinnt den Eindruck, dass in den langen Debatten um die Reform das Überleben von Krankenhausstandorten wichtiger geworden ist als die bange Frage, die sich Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen vor jeder stationären Behandlung stellen: Wo werde ich am besten versorgt? Wo behandelt mich das erfahrenste Team mit der besten Ausstattung und der geringsten Komplikationsrate?

In den monatelangen Debatten, die nun mit dem Beschluss von eher unkonkreten Eckpunkten ihr vorläufiges Ende fanden, kam das Thema Qualität der Behandlungen erst sehr spät zur Sprache. Stattdessen wurde die Gefahr der Insolvenz von Krankenhäusern beschworen. Hauptargument: Die Versorgung auf dem Land wäre gefährdet, den Patienten längere Wege zu „ihrer“ Klinik nicht zumutbar.

Doch die Abstimmung mit den Füßen läuft schon lange. Spezialkliniken für einen sehr schmalen medizinischen Bereich, die überregional einen guten Ruf genießen, ziehen Patienten von weit her an. In der Gelenkchirurgie beispielsweise oder für Prostata-Operationen quer durch die Republik. Denn wenn sie die Wahl haben zwischen hervorragenden Heilungsaussichten, aber einem längeren Weg, oder einer mittelprächtigen Qualität, dafür aber in der Nachbarstadt, fällt die Wahl leicht.

Patienten interessiert die beste Behandlung

Kliniken, Politikerinnen und Politiker und Kassenfunktionäre seien freundlich daran erinnert, wozu es Krankenhäuser gibt: Im Mittelpunkt sollte stehen, kranke Menschen schnell und ohne Komplikationen wieder gesundzumachen oder, wenn das nicht mehr möglich ist, ihre Leiden effektiv zu lindern. Und deshalb müssen alle an der Krankenhausreform Beteiligten vor allem eine Frage beantworten: Was verbessert die Reform für die Patienten?

Doch dazu haben die Eckpunkte bisher wenig Konkretes zu bieten. Dabei müsste die Spezialisierung der Krankenhauslandschaft viel konsequenter vorangetrieben werden, auch um den Preis längerer Wege. Eine Klinik, die sich ganz auf die Hüft- und Knieoperationen konzentriert, auf die Krebschirurgie oder die Behandlung von Herzerkrankungen, hat höhere Patientenzahlen bei diesen Behandlungen als Krankenhäuser, die alles machen wollen.

Wer etwas oft macht, hat damit größere Erfahrung, weiß auch mit selteneren Komplikationen umzugehen, ist besser trainiert.

Doch für diesen Schritt braucht es den Mut, Kliniken andere Aufgaben zuzuweisen oder zu schließen. Denn selbstverständlich lässt sich die Versorgung nur verbessern, wenn es Vorgaben für die Behandlungsqualität gibt – also für Komplikationsraten, Wiederholungsoperationen und Überlebensraten. Jedes Krankenhaus muss sich an diese Vorgaben halten. Wer es auf Dauer nicht kann, macht offenbar das Falsche.

Das Eckpunkte-Papier zeigt den fehlenden Mut der Beteiligten: Qualitätsvorgaben sollen zwar erarbeitet werden, aber in einem so bürokratischen, langwierigen Prozess mit vielen Beteiligten zeigt sich, dass dessen Beschreibung und Ausnahmedefinitionen in dem Eckpunkte-Papier mehr Platz einnehmen als konkrete Qualitätskriterien.

Eine ähnliche Initiative floppte schon einmal

Man könnte einwenden: Wenn schon flächendeckende Qualitätsvorgaben so lange dauern, so will man doch den Patienten die Wahl des besten Krankenhauses erleichtern. Am 1. Januar 2024 will der Bund eine „Transparenzinitiative“ starten. „Patienten haben ein Recht darauf zu wissen, welches Krankenhaus welche Leistungen mit welcher Qualität anbietet“, heißt es dazu in dem Papier.

Doch so etwas Ähnliches gab es schon einmal. Seit knapp 20 Jahren müssen alle Krankenhäuser Qualitätsberichte vorlegen. Doch diese Berichte waren von Anfang an Datenfriedhöfe, 200 und mehr PDF-Seiten pro Klinik, gefüllt mit jeder Menge Angaben, die die wichtigen Daten unter sich begraben.

Bleibt abzuwarten, ob der „Transparenzoffensive“ das gleiche Schicksal droht. Für die Patientinnen und Patienten jedenfalls verbessert die Krankenhausreform in absehbarer Zeit nur wenig.

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