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Spaniens Premier Pedro Sánchez und der katalanische Ex-Präsident Carles Puigdemont, der seit der Verhaftung in Deutschland im Exil lebt.

© AFP/THOMAS COEX

EU droht Spaniens Regierung: Ernste Bedenken gegen Amnestie-Deal mit Separatisten

EU-Kommission, Europaabgeordnete und der spanische Außenbeauftragte Borrell gehen auf Distanz zur Absprache des Premiers Sánchez mit Puigdemont. Droht ein Rechtsstaat-Verfahren?

| Update:

Eine parteipolitisch motivierte Amnestie für unbestritten schwere Rechtsbrüche, um eine Regierungsmehrheit für den sozialistischen Premier Pedro Sánchez zu ermöglichen: Diese Absprache stößt nicht nur in Spanien auf breiten Protest, sondern auch in den EU-Institutionen in Brüssel.

EU-Justizkommissar Didier Reynders verlangt von der spanischen Regierung Auskunft über die Details des beabsichtigten Amnestiegesetzes. Der belgische Liberale hat „ernste Bedenken“ und möchte prüfen, ob das Vorgehen gegen Prinzipien des Rechtsstaats verstößt.

Manfred Weber (CSU), Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei (EV) im Europäischen Parlament (EP) nennt den Deal mit den katalanischen Separatisten um Carles Puigdemont den „Anfang vom Ende der Rechtsstaatlichkeit und den Zusammenbruch der Gewaltenteilung“ in Spanien. Er verlangt eine Debatte im EP und eine formelle Untersuchung durch die Kommission.

Das könnte man als Lagerstreit zwischen dem Christdemokraten Weber, der sich mit den spanischen Konservativen solidarisiert, und der sozialdemokratischen Parteienfamilie SD abtun. Doch auch Josep Borrell, der Beauftragte für die Außenpolitik der EU, sagt, er habe „Bedenken“ gegen die Amnestie. Das lässt aufhorchen, denn Borrell ist ein Sozialdemokrat aus Katalonien und verdankt seinem Parteifreund Sánchez die Nominierung für den EU-Posten.

Roland Freudenstein sieht „Widersprüche auf beiden Seiten“. Er leitet das Brüsseler Büro des europäischen Thinktanks Globsec. Im Wahlkampf hatte Sánchez eine Kooperation mit den Separatisten ausgeschlossen, nun paktiert er mit ihnen und verspricht die Amnestie, um sich eine Regierungsmehrheit zu verschaffen. Aber „wenn es um die Macht geht, würden Konservative in einer vergleichbaren Situation ähnlich handeln“, sagt Freudenstein.

Freudenstein hält den spanischen Konservativen zudem vor, dass sie in ihren Regierungsjahren „keinen strategischen Ansatz“ für den Umgang mit separatistischen Bewegungen gesucht haben. „Sie hätten die Extremen isolieren können, indem sie auf die moderaten Kräfte zugehen und sie einbinden.“

Kommt es zu einem Rechtsstaatsverfahren der EU gegen Spanien nach dem Muster des Vorgehens gegen Polen und Ungarn? Freudenstein glaubt das nicht. Zunächst müsse Spaniens Verfassungsgericht über die Zulässigkeit des Amnestiegesetzes entscheiden, sobald es vorliegt. Dass sich dabei Hinweise auf eine parteipolitische Instrumentalisierung der Justiz ergeben, sei heute unwahrscheinlich.

Der Grund, warum EU-Justizkommissar Reynders schon jetzt Aufklärung von Spanien verlangt, ist für Freudenstein: „Ungarn wirft der EU-Kommission immer wieder vor, dass sie auf dem linken Auge blind sei und nur gegen nationalpopulistische Regierungen vorgehe. Diese Blöße will er vermeiden.“

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