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Der Bürgermeister von Toulouse Jean-Luc Moudenc beim Solidaritätstreffen mit Bürgern vor dem Rathaus.

© AFP/LIONEL BONAVENTURE

Gewalt gegen Frankreichs Bürgermeister: „Wir fühlen uns allein gelassen“

Die Ausschreitungen richteten sich gegen staatliche Institutionen, aber auch gegen Bürgermeister. Am Dienstag werden sie von Präsident Macron empfangen.

Gefasst, aber doch deutlich mitgenommen berichtet der Bürgermeister von L´Hay-Les-Roses von dem Anschlag, der auf sein Haus verübt wurde.

Während Vincent Jeanbrun wie viele Amtskollegen seit Tagen im Rathaus übernachtete, rasten Unbekannte mit ihrem Auto auf das Grundstück in der Kleinstadt bei Paris. Es wurde nur aufgehalten von einer Treppe.

Die Täter steckten ihn anschließend in Brand und legten aus Gestrüpp eine Spur bis zum Haus. Dort schliefen die Ehefrau und die Kinder des Bürgermeisters, die sich über einen Gartenzaun zu den Nachbarn retten konnten.

Alle Symbole der Republik angegriffen

„Ich hätte mir nie vorstellen können, dass man einen Mordversuch durchführt“, sagte Lebrun am Sonntagabend im Fernsehsender TF1.

Als Kind italienischer Einwanderer, der die konservative Partei „Les Republicains“ vertritt, ist er selbst in einer Sozialbausiedlung der Stadt mit seinen etwa 30.000 Einwohnern aufgewachsen. Der 39-Jährige hatte zuvor Drohungen erhalten, ebenso wie andere Bürgermeister Frankreichs.

Nach der Polizei stehen sie und kommunale Einrichtungen als Vertreter und Symbole der Republik in der ersten Reihe bei den Angriffen der vergangenen Nächte. Am Dienstag will Staatspräsident Emmanuel Macron daher 222 Bürgermeister von Städten und Kommunen empfangen, in denen es zu Gewaltakten kam.

Bürger demonstrieren Solidarität mit Bürgermeistern

Für Montag mittag hatten die Bürgermeister nach dem Angriff auf Jeanbruns Haus zu Solidaritätsversammlungen der Bürger vor ihren Rathäusern aufgerufen. Sirenen ertönten und vor vielen Rathäusern versammelten sich Menschen. „Wir brauchen das, wir fühlen uns allein gelassen“, hatte Vincent Jeanbrun am Vorabend geworben.

Auch der Bürgermeister von St. Pierre des Corps bei Tours war von Gewalt betroffen. Sein Auto wurde von maskierten Tätern demoliert und sie versuchten, es in Brand zu stecken, während er danebenstand. Dennoch analysiert er nuanciert: „Sie haben niemals versucht, mich tätlich anzugreifen“, sagt er. Sie hätten seinen Dienstwagen angegriffen, „der das Amt repräsentiert“. Am Montag mittag dankte er den vor dem Rathaus versammelten Bürger emotional für ihre Unterstützung.

Insgesamt sind nach offiziellen Angaben in den nächtlichen Unruhen seit Dienstag vergangener Woche mindestens 150 staatliche Gebäude – Rathäuser, Schulen, Bibliotheken, Polizeireviere – angegriffen oder zerstört worden.

Der Bürgermeister von Neuilly-sur-Marne östlich von Paris, Zartoshte Bakhtiari, beziffert den Schaden in seiner Stadt auf zwei Millionen Euro. Hier wurden die neuen Polizeiwagen in Brand gesteckt und das Rathaus teilweise zerstört, unter anderem das Wohnungsamt mit 2300 aktuellen Anträgen von Bürgern auf Wohnungssuche. Er warnt im Gespräch mit dem Tagesspiegel, „wenn das weiter geht, kann die Stadt in den nächsten fünf Jahren keinen Euro investieren.“

Daher wird es bei dem Treffen mit Macron am Dienstag neben symbolischer Rückenstärkung für die Bürgermeister auch um Geld gehen. Es muss aber auch neue Konzepte gegen die Gewalt geben.

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