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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wurde von US-Präsident Joe Biden im Oval Office empfangen.

© dpa/Guido Bergmann

Update

Steinmeier bei Biden: Blitzbesuch in schweren Zeiten

Ganz kurzfristig ist der Bundespräsident nach Washington gereist. Offiziell zum deutsch-amerikanischen Freundschaftstag. Die beiden Präsidenten betonen die „enorme Wichtigkeit“ der gemeinsamen Beziehungen.

Von
  • Juliane Schäuble
  • Daniel Friedrich Sturm

| Update:

Frank-Walter Steinmeier ist in seiner mehr als sechsjährigen Amtszeit als Bundespräsident schon viel gereist. Nach Washington kam er indes noch nie, auch US-Präsident Joe Biden hat er in dieser Funktion noch nicht getroffen.

Das hat sich nun überraschend geändert: Mit einem Tag Vorlauf wurde für diesen Freitag ein kurzes Treffen der beiden Staatsoberhäupter im Weißen Haus angekündigt. In Bidens Tagesvorschau heißt es über den Termin: Steinmeier werde „vorbeischauen“ („drops by“), was zeigt, wie wenig Zeit dafür eingeplant wurde.

Nach der kurzen Begegnung veröffentlichte das Bundespräsidialamt eine gemeinsame Erklärung. Biden und Steinmeier heben darin die enorme Wichtigkeit der deutsch-amerikanischen Beziehungen im Kampf gegen weltweite Herausforderungen hervor.

„Unsere Partnerschaft ist unverzichtbar für unser Streben, globale Herausforderungen anzugehen: von Klimawandel und Ernährungssicherheit bis zur Verteidigung von Demokratie und Menschenrechten“, heißt es in der Mitteilung. „Unser Bündnis ist von zentraler Bedeutung in unserem fortwährenden Einsatz für die Unterstützung der Ukrainerinnen und Ukrainer und ihrer tapferen Verteidigung ihres Landes, ihrer Freiheit und ihrer Zukunft“.

Die von der Bundesregierung zur Verfügung gestellte Aufnahme zeigt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (rechts) bei einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus.

© dpa/Guido Bergmann

Steinmeier hielt sich am Donnerstag noch in Kap Verde auf, wo er einen zweitägigen Staatsbesuch absolviert hatte, als der Termin bekannt wurde. Er wollte von dort eigentlich nach Portugal weiterfliegen, um an diesem Freitag in Porto am 18. Arraiolos-Treffen nicht-exekutiver Staatspräsidenten der Europäischen Union teilzunehmen.

Über den genauen Grund für die Kurzfristigkeit des Überraschungsbesuchs war zunächst wenig bekannt. Offiziell nannte das Weiße Haus den Tag der deutsch-amerikanischen Freundschaft, der an die Ankunft erster deutscher Siedler in Philadelphia im Jahr 1683 erinnert.

Treffen mit dem CIA-Chef

Die amerikanische Regierungszentrale verwies aber explizit auch auf die „gemeinsame Verpflichtung, der Ukraine bei der Verteidigung gegen die russische Invasion zu helfen“. Als Erstes stand daher auch ein Treffen Steinmeiers mit CIA-Chef William Burns auf dem Programm.

Zu diesem Austausch wollte Steinmeier im Anschluss an sein Treffen mit Biden zwar nichts sagen. Aber über sein Gespräch mit Biden im Oval Office sagte er: „Es war ein wirklicher Austausch unter Freunden.“ Es sei vor allem um die „kraftvolle Unterstützung der Ukraine“ gegangen, als auch „über die „Entwicklung unserer liberalen Demokratien des Westens“.

Sorge um die Ukraine-Hilfe

In dieser Woche sind die Zweifel daran gewachsen, ob die weitere Finanzierung der Ukraine-Hilfe wegen der Blockadehaltung mancher Republikaner auf der Kippe stehen könnte. Auch Steinmeier äußerte sich besorgt über die aktuellen Entwicklungen im US-Kongress.

Er gehöre zu den Vielen in Deutschland, sagte Steinmeier, die die jüngsten Entwicklungen im Kongress mit Sorge beobachtet hätten. „Wir haben gespürt, welche Spannungen hier Im politischen Washington herrschen.“ Aber Biden habe ihm versichert, dass es mit Blick auf die fortwährende Unterstützung der Ukraine zu einer Lösung kommen werde.

Steinmeier würdigt die deutsch-amerikanische Freundschaft

In einem am Wochenende beschlossenen Übergangshaushalt wurden weitere Hilfen für das von Russland attackierte Land ausgeklammert. Biden hat aber bekräftigt, dass die von ihm angekündigten 24 Milliarden Dollar bald freigegeben würden und die USA auch weiterhin fest an der Seite der Ukraine stünden.

Steinmeier erklärte, Biden habe ihm im Gespräch versichert: „Auf die USA ist Verlass.“ Es sei ihnen wichtig gewesen, an diesem Tag das Signal zu senden: „Wir werden die Ukraine in ihrem Kampf für ihr Land, ihre Freiheit, ihre Demokratie weiter unterstützen.“

Die deutsch-amerikanische Freundschaft, sie ist tief, und sie ist stark.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

„Die deutsch-amerikanische Freundschaft, sie ist tief, und sie ist stark“, sagte Steinmeier weiter. Deutschland und die USA seien heute „Freunde, Alliierte und Partner“. „Gemeinsam stehen wir seit dem Beginn des brutalen russischen Angriffskrieges fest an der Seite der Ukraine. Die USA sind weltweit der größte, Deutschland der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine.“

Der US-Präsident habe dabei auch keine Erwartungen an Deutschland gerichtet, sondern „ganz im Gegenteil“ seiner Zufriedenheit darüber Ausdruck gegeben, was Deutschland in den vergangenen Monaten geleistet habe, so der Bundespräsident. „Die Menschen in der Ukraine wissen: Was Deutschland zusagt, das wird gehalten. Auf Deutschland ist Verlass.“

Doch bei allen freundlichen Worten zeichnet sich ab: Europa und insbesondere Deutschland sollten sich besser darauf einstellen, dass Washington künftig noch mehr Engagement der Europäer einfordern wird. Im kommenden Jahr wird ein neuer US-Präsident gewählt, und bei den Republikanern wächst die Zahl derjenigen, die ein Ende der Ukraine-Hilfe fordern.

Der SPD-Politiker Michael Roth sieht daher auch eine Chance in Steinmeiers Abstecher in Washington. „In Zeiten eines wieder grassierenden Antiamerikanismus ist der Besuch des Bundespräsidenten im Weißen Haus wichtiger denn je“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses dem Tagesspiegel. „Vielen in Deutschland und Europa scheint nach wie vor unklar zu sein, dass im Wesentlichen die USA mit ihrer massiven Nato-Präsenz unsere Sicherheit und unseren Frieden garantieren.“

Bogen um Donald Trump

Steinmeier war als Bundespräsident mehrfach in den USA gewesen, hatte aber in der Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident immer einen Bogen um Washington gemacht. Das Verhältnis zwischen beiden Politikern galt als angespannt, seitdem Steinmeier im August 2016 noch als Außenminister im US-Wahlkampf Trump einen „Hassprediger“ genannt hatte.

Trumps „America first“-Politik, die oft einer regelbasierten internationalen Ordnung zuwiderlief, wurde von Steinmeier vehement abgelehnt.

Bei der ersten USA-Reise nach Kalifornien 2018 saß Trump noch im Weißen Haus. 2019 besuchte Steinmeier dann Boston. Die dritte Reise führte Steinmeier im November 2022 nach New York. Aber für ein vom Bundespräsidialamt angestrebtes Treffen mit US-Präsident Biden im Weißen Haus war auch da keine Zeit.

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