„Umweltpolitik auf Französisch“: Großer Wurf oder leere Versprechen?
Macron verspricht viel in der „Nationalen Strategie“ für den Klima- und Umweltschutz. Zur Finanzierung sagt er wenig. Daher ist die Skepsis groß.
Klimaschutz und eine ambitionierte Umweltpolitik bedeuten nicht automatisch Verzicht, Minus-Wachstum und Benachteiligung der Schwächsten – diese Botschaft versuchte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei der Präsentation eines Klima-Plans am Montagabend auszusenden.
Die „Umweltpolitik auf Französisch“, wie er sie nannte, schaffe Jobs, mache das Land unabhängiger und lasse „niemanden ohne Lösungen zurück“, versprach er im Rahmen eines Ministertreffens.
So wie Macron seit seinem Amtsantritt schon umfassende Visionen zur Europa- und Energie-Politik skizziert hat, so tat er das nun bei einem Thema, das er in den Augen vieler Kritiker lange vernachlässigt hat, nämlich der Ökologie.
Kohleausstieg bis 2027
Frankreich sei „das erste Land, das sich mit einer nationalen Strategie“ ausstatte, rühmte er sich bei der Ansprache, einem Redefluss von knapp einer halben Stunde. Die Verringerung des CO2-Ausstoßes um 55 Prozent bis zum Jahr 2030, ausgehend von 1990 als Basis-Jahr, sei „erreichbar“.
Frankreich ist Klassenletzter in Europa hinsichtlich der Erneuerbaren.
François Gemenne, Politologe und Co-Autor des französischen Klima-Berichtes GIEC
Frankreich befinde sich sogar schon „auf der Hälfte des Weges“. Denn in den vergangenen fünf Jahren habe das Land die Emissionen doppelt so schnell reduziert wie zuvor. Den Kohleausstieg bereite es bis 2027 vor. Das sei ein „fundamentales Ziel“, um innerhalb der nächsten sechs Jahre den Anteil der fossilen Energie von 60 auf 40 Prozent zu verringern.
Das schaffe Arbeitsplätze, ebenso wie der Ausbau einer Industriebranche für Wärmepumpen. Bis 2027, wenn Macrons zweite Amtszeit endet, sollen 30.000 Personen zu Installateuren ausgebildet und die Produktion verdreifacht werden auf eine Million Exemplare. Ebenso viele Elektroautos würden bis dahin in Frankreich gebaut, versprach der Präsident.
Breitseite gegen chinesische E-Autos
Insgesamt entstehen vier Fabriken für Batterien auf französischem Gebiet, vor allem im desindustrialisierten Norden des Landes – die erste wurde in diesem Mai eröffnet. Im November soll außerdem ein Leasing-System für in Europa produzierte Elektroautos ab 100 Euro im Monat eingeführt werden.
Diese müssen dann künftig von der französischen Umweltbehörde Ademe als umweltfreundlich eingestuft werden, unter Berücksichtigung des gesamten Energiemixes. Die Maßnahme richtet sich vor allem gegen Elektroautos aus China, dessen Hersteller Modelle zu deutlich günstigeren Preisen auf den Markt bringen.
Die Maßnahme richtet sich vor allem gegen Elektroautos aus China.
Birgit Holzer, Korrespondentin
Vision „grüner“ Flugzeuge nützt heute nichts
Macrons Ausführungen waren mit etlichen Schlagworten gespickt – es gehe um eine „wettbewerbsfähige, zugängliche und gerechte“ Umweltpolitik, die kompatibel mit den Zielen der Reindustrialisierung und der Vollbeschäftigung sei. Die Opposition überzeugte er allerdings nicht.
Man kann den CO2-Ausstoß nicht ohne einen echten Finanzierungsplan senken.
Antoine Vermorel-Marques, republikanischer Abgeordneter
Macron schlage neue Atomreaktoren oder grüne Flugzeuge vor, welche erst 2050 bereit stünden, kritisierte der grüne EU-Abgeordnete Yannick Jadot: „Mit diesen Technologien werden wir die Probleme in zehn, 20, 30 Jahren lösen, aber nicht heute.“ Er sei „fürchterlich enttäuscht“, reagierte der republikanische Abgeordnete Antoine Vermorel-Marques: „Man kann den CO2-Ausstoß nicht ohne einen echten Finanzierungsplan senken.“ Daran fehle es.
Klassenletzter bei Erneuerbaren
Tatsächlich sagte Macron zur Finanzierung lediglich, der Staat bringe in diesem Jahr 33 Milliarden Euro und im nächsten 40 Milliarden für die Umweltpolitik auf.
Der Politologe und Co-Autor des französischen Klima-Berichtes GIEC, François Gemenne, bewertete das Konzept einer ökologischen Planung grundsätzlich als positiv. Doch Macron rühme zwar die CO2-freie Nuklearenergie, aber Frankreich sei „Klassenletzter in Europa hinsichtlich der Erneuerbaren“.
Große Ankündigungen blieben zu oft ohne Folgen. So sei der Kohleausstieg sei ursprünglich für 2022 versprochen gewesen. „Die Umweltpolitik ist immer noch kein grundlegendes Projekt dieser Amtszeit von Emmanuel Macron“, bedauerte Gemenne. „Frankreich muss noch schneller vorangehen.“
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