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Der Bildhauer Ali Akbar Safaian floh 1979 aus dem Iran und ging zunächst nach Paris.

© Pegah Vaez

Atelierbesuch beim Bildhauer Ali Akbar Safaian: Kritiker des Schah und der Mullahs

Der iranische Künstler lebt seit zehn Jahren in Berlin im Exil. Seine abstrakten Reliefs erinnern ihn an die Natur seiner Heimat, er sieht sie als „Realismus fantastischer Art“.

Er steht vor seinen Werken, als wären es nicht seine. Wenn man ihm sagt, dass die Holzreliefs beeindruckend sind, bedankt er sich leise, schaut fast beschämt. Ali Akbar Safaian wirkt bescheiden, besonders, wenn er von seiner Arbeit spricht. Er ist höflich, in seinem Atelier ist man Gast, es wird Schwarztee gebracht und lächelnd eingegossen.

Safaian gehört mit 75 Jahren der älteren Generation der iranischen Künstlerriege an. Der Bildhauer und Maler ist Safaian in der nordiranischen Provinz Semnan als einer von vielen Söhnen einer ärmeren Arbeiterfamilie geboren. „Meine Familie war nicht kunstbeflissen“, sagt er, „aber sie haben mich moralisch bei meiner Kunst unterstützt“.

Safaian wuchs in einer kunstfernen Familie auf

Ohne Hast läuft er in seinem Atelier zu einem Relief in Schwarz. Steht man davor, braucht es ein paar Minuten, um Safaians Kunst in Gänze zu erfassen. Das ist nicht nur der Größe der Reliefs geschuldet, sondern auch den eingehauenen Strukturen, die in fließenden Bewegungen ineinander verlaufen. Konzentriert man sich eine Weile auf die Holzplatte, entwirrt sich das Geflecht.

Eines der Holzreliefs des Bildhauers Ali Akbar Safaian.

© Pleschke Nieswand

Es ist schwarz, weil es mich an den Damavand erinnert, den höchsten Berg im Iran. „Auf dem Berg befindet sich ein Vulkankessel, die Erde dort ist schwarz, daran erinnerte ich mich beim Malen.“

In seinen Zeichnungen verarbeitet er sein tägliches Leben. In der Bildhauerei aber behandelt er „das Tiefe, das Unterbewusste“. Wie in eine Felswand schreibt er sein Innenleben in das Holz ein. „Der Bezug zu meiner Heimat ist eine Form von Seelenausdruck.“

„Ich habe eine ganz starke Bindung zur Natur, stundenlang kann ich mit Bäumen und Steinen sprechen. Die Natur ist für mich eine ewige Heimat, die mir ein Zufluchtsort ist und vielleicht auch eine Lösung für meinen biografischen Hintergrund, mein Exil.“

In der Bildhauerei verarbeitet er das Unbewusste

Der Kunst als sein zukünftiges Schaffen ist er in einem Tante-Emma-Laden im Iran begegnet. Dort arbeitete er tagsüber und besuchte abends die weiterführende Schule, damals war er 16 Jahre alt.

„Während der Arbeit habe ich immer gezeichnet. Eines Tages kam ein Künstler rein und sagte mir, dass meine Zeichnungen gut sind.“ Er habe ihm die Kamal-ol-Molk Universität in Teheran ans Herz gelegt, eine freie Universität, an der er für wenig Geld Kunst studieren könnte. Als er 17 Jahre alt war, folgte er dem Rat.

Angekommen. Ali Akbar Safaian in seinem Atelier in Charlottenburg.

© Büşra Delikaya/TSP

Nach einiger Zeit gab er den Ladenberuf auf und widmete sich der Malerei. Galerien nahmen ihn unter Vertrag, seine Ausstellungen waren erfolgreich. Safaian gehörte zu den Vorreitern des fantastischen Realismus in der iranischen Kunstszene.

„Die Mystik bildet den Unterbau der persischen Kultur. Sie besteht aus sehr vielen symbolischen und fantastischen Erzählungen, die ihren Weg in die Poesie und Dichtung und für mich auch in die Malerei gefunden haben.“

Ich habe Bücher gelesen und dann verbrannt, damit sie nicht mehr gefunden werden.

Ali Akbar Safaian, Bildhauer und Maler

Die Europäer sagen dazu Surrealismus, weil es die Verbindung zum Unbewussten sei, erklärt Safaian. „Für die iranische Kultur ist dies aber als ein Realismus fantastischer Art zu verstehen, weil man tagtäglich mit dieser Art von Poesie lebt.“

Bücher lesen und dann verbrennen

Demokratie habe es auch unter dem Schah nicht gegeben, sagt Safaian. Intellektuelle standen unter Zensur, Bücher wurden verboten. „Ich habe manchmal Bücher gelesen und dann verbrannt, damit sie nicht gefunden werden, denn unsere Häuser wurden durchsucht.“ Einmal habe er ein Buch von Maxim Gorki vernichten müssen.

Als 1979 die Islamische Revolution kam, verließ Safaian sechs Monate später den Iran und ging mit seiner Frau nach Paris. Er sah, wie die Revolution in die falsche Richtung ging, sagt er. „Es wurden Instrumente kaputtgemacht, Kultur nicht mehr zugelassen und Redefreiheit unterbunden.“

Der Künstler beherbergte politisch Verfolgte in seiner Wohnung. Seine Kunst missfiel dem Mullah-Regime. „Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie mich gefunden hätten.“ Also floh er 1986 nach Deutschland. „Es war sehr schwer für mich, mein Land zu verlassen.“

Berlin war für mich die einzig richtige kulturelle Stadt in Deutschland.

Ali Akbar Safaian, Bildhauer und Maler

In Berlin lebt der Exilkünstler seit über zehn Jahren, zuvor war er in Bayern. Damals habe es in Deutschland kein großes Interesse für Kunst aus dem Iran gegeben, weil Deutschland gute Beziehungen zum Iran und zu dem Mullah-Regime pflegte.

Die politischen Restriktionen begleiteten Exilanten bis nach Europa. „Trotzdem war Berlin für mich die einzige richtige kulturelle Stadt in Deutschland.“ Hier fand er Freunde, hat ein Atelier in Charlottenburg und eines in Bayern, kann künstlerisch tätig sein.

Für Safaian war Kunst nie etwas Privates. Er entlädt seinen Seinszustand in die Bilder und Reliefs. „Aber sie gehören allen Menschen, die vielleicht selbst Teil der Bilder werden können.“

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