zum Hauptinhalt
„Symphoniacs“ im Rahmen des Kultursommerfestivals 2023 in Berlin.

© Marcus Glahn

Letztes Wochenende: Das Kultursommer-Festival neigt sich dem Ende zu

100 Veranstaltungen, umsonst und draußen – der Kultursommer endet mit einem „Tag im Grünen“ am Kulturforum. Weitergehen wird es 2024 wohl nicht.

„Umsonst und draußen“ lautete das Motto des Berliner „Kultursommer“-Festivals, das am 24. Juni startete. 100 Veranstaltungen unter freiem Himmel in kleinen und etablierten Institutionen. Der vom Senat geförderte Veranstaltungsmarathon war als Unterstützung für die pandemiegebeutelte Kulturbranche gedacht. Aber auch als Motivation für das Publikum.

Der Kultursommer geht nun an diesem Sonntag mit dem „Tag im Grünen“ am Kulturforum zu Ende. Die Einladung an das gerade mit Bauzäunen umstellte Kulturforum, sei eine „prototypische Veranstaltung für den Kultursommer“, sagt Moritz von Dülmen, Geschäftsführer der staatlichen Kulturprojekte GmbH, die das Programm im Auftrag der Kulturverwaltung organisiert. „Viele Partner arbeiten zusammen, öffnen Orte, die sonst nicht zugänglich sind, locken Besucher, die nicht zum Stammpublikum gehören.“

Am letzten Wochenende wird das versteckte Grün zur Geltung gebracht

Von 12 Uhr mittags bis in die Nacht hinein gibt es Programm in den anliegenden Institutionen, von der Neuen Nationalgalerie über St. Matthäus bis Kupferstichkabinett und Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. „Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass diese großen Player zusammenarbeiten“, sagt van Dülmen. Vor allem will man das versteckte Grün der Steinwüste Kulturforum zur Geltung bringen.

Es gibt zum Beispiel Konzerte im sonst nicht geöffneten Garten des Kunstgewerbemuseums, man kann den Philharmonischen Garten oder den „Lesegarten“ der Staatsbibliothek entdecken. Eine lange Festtafel empfängt die Besucher:innen auf dem Scharounplatz, die Bühne auf der Piazetta bietet Konzerte und Tanzperformances. Vor der Neuen Nationalgalerie spielt die Band 2raumwohnung, es gibt eine Sundowner-Bar, Führungen und das Gartenprojekt „Baumschule Kulturforum“.

Der Kultursommer wurde 2021 vom Kultursenator Klaus Lederer angestoßen, nach zwei Jahren coronabedingtem Stillstand. Er war Teil des holprig anlaufenden Förderprogramms „Draußenstadt“, an dem auch die Stiftung für kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung Gelder vergab sowie eine bezirkliche Förderung integriert war. 2021 erwies sich die Suche nach geeigneten Draußenorten wegen fehlender Genehmigungen und Lärmschutz noch als extrem schwierig. 2022 klappte es erstmals und für 2023 wurden die Förderung erneut aufgelegt, dieses Mal mit mehr Vorlauf und wohl auch weniger Chaos.

„Wir gehen mit einer sehr guten Stimmung aus dem Festival heraus“, resümiert Moritz von Dülmen. „Trotz schlechten Wetters an vielen Tagen, war die Publikumsresonanz sehr gut.“ Über 100.000 Menschen hätten die Angebote angenommen. In den vergangenen Tagen spielte das Berliner Ensemble „Big Brecht“ in der Freilichtbühne Weissensee mit über 1000 Besuchern, das Ukrainian Freedom Orchestra spielte im Schlossgarten Schönhausen, am Samstag laden noch die Öffentlichen Bibliotheken der Stadt ein.

„Wir wollten bewusst nicht in Konkurrenz zu anderen, laufenden Veranstaltungen oder privaten Events gehen. Viele Orte finanzieren sich schließlich über Eintrittsgelder.“ Deshalb setzte man auf andere, zusätzliche Orte, die bespielt werden.

Sieben Millionen Euro wurden 2022 und 2023 für das Festival ausgegeben

Zwar stehen die abschließenden Auswertung noch aus, Mitte September sollen die Zahlen der Besucherbefragungen dem Senat präsentiert werden. Was aber schon ablesbar ist: Das Kultursommer-Festival zieht neues Publikum an. „Circa die Hälfte der Besucher sind neues Publikum“, sagt van Dülmen. Diese Art von niedrigschwelligem Angebot, die Teilhabe, war das große Anliegen des Ex-Kultursenators Klaus Lederer.

Die vielen Orte, das dezentrale Programm, kostet aber auch: Sieben Millionen Euro wurden in 2022 und 2023 jeweils dafür ausgegeben. „Es ist eine andere Art von Förderprogramm geworden. Jede Institution braucht eine andere Art von Unterstützung.“ Das Geld floss in Produktionsgelder, Künstlerhonorare, in Marketing, manchmal wurde technischer Support gebraucht, freien Projekten wurden Orte vermittelt.

Ein Zuwendungssegen, der sich nicht wiederholen wird. Eine Verstetigung des Programms in der Größe werde es sehr wahrscheinlich nicht geben, so van Dülmen. Aus den Erfahrungen des Kultursommers wolle man auch lernen, wie Berlin insbesondere auch die freie Szene beim „Audience Development“ unterstützen kann.

Erstes Fazit: Umsonst zieht. Auch wenn Anmeldungen nötig sind. Die Menschen kommen. „Wir sehen eine hohe und steigende Nachfrage nach kostenfreien Kulturangeboten.“ Die Jugendkulturkarte zeige das ebenso wie der eintrittsfreie Museumssonntag, der bisweilen 70.000 Gäste anziehe. „Wir sehen deutlich, dass der kostenfreie Zugang Barrieren mindert. Kultur steht dann nicht im Wettbewerb zu anderen kleinen Investitionen oder zum Biergartenbesuch. Das Thema umsonst wird uns weiter beschäftigen“, so van Dülmen.

Mit dem neuen Senat werde man im Herbst über neue Formen der Förderung nachdenken. Es könnte eine reine Sommerferienbespielung sein, man könnte Schwerpunkt-Themen setzen oder sich auf die freie Szene konzentrieren. Auf jeden Fall gilt wohl: weniger Aufwand, weniger Geld.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false