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Moderator Thomas Gottschalk wird am Ende der ZDF-Show „Wetten, dass..?“ in einer Baggerschaufel über die Bühne gefahren.

© dpa/Philipp von Ditfurth

Gottschalks letzte „Wetten, dass..?“-Sendung : Der Gockel kräht zum Abschied

Diesmal ist der Abgang endgültig, daran ließ der Moderator in Offenburg keinen Zweifel. Viel Freude wollte an diesem Abend nicht aufkommen.

Diesmal darf man es ihm glauben: Thomas Gottschalk hat zum letzten Mal „Wetten, dass..?“ moderiert. Traurig wirkte er darüber nicht, nach über drei Stunden Sendung aus Offenburg, dafür mindestens leicht verbittert. 36 Jahre nachdem er das Steuer des Show-Schlachtschiffs übernommen hatte, geht der Moderator von Bord – und lässt durchblicken, dass er sich dabei auch als Opfer einer Meuterei begreift. 

Für Nostalgiker begann der Abend vielversprechend. In einem für seine Verhältnisse äußerst dezenten Anzug sonnte sich Gottschalk wie gewohnt in minutenlangen stehenden Ovationen des Publikums, begrüßte gesondert den Show-Erfinder und Ehrengast Frank Elstner in der ersten Reihe.

Nach dem Versprechen, dass das heute „keine öffentliche Grablegung“, sondern eine lustige Unterhaltungssendung werden würde, „wie ,Wetten, dass..?“ es immer war und hoffentlich immer sein wird“, schritt er gleich zur Tat und kündigte seinen ersten Gast an.

„Ich weiß sogar noch, wer als Erstes kommt!“, kokettierte Gottschalk, der es bekanntlich mit Namen nicht so hat, und nahm Matthias Schweighöfer in Empfang – um ihn dann wenige Minuten später Matthias Schweinsteiger zu nennen. 

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Der Schauspieler nahm es gelassen, begegnete dem Geschehen auf dem Sofa generell mit einiger Distanz, auch physisch, indem er bald weit mehr als nötig an die Seite des halbrunden Sitzmöbels rutschte.

Die erste Wette sorgte allerdings auch bei ihm für großes Vergnügen. Horst Freckmann, nach eigenen Angaben Rassegeflügelzüchter seit dem zwölften Lebensjahr, musste fünf Hähne an ihrem Schrei erkennen und sprach mit so viel Zuneigung über Uli den Bergischen Schlotterkamm, Käthe, die Kosovo-Langkräherin, und den japanischen Kampfhahn Bruce Lee, dass man den Wettkönig schon gekrönt glaubte.

Aus Tierschutzgründen durfte das Geflügel nur vom Band krähen, „ich bin der einzige Gockel, den sie in den Saal gelassen haben“, kommentierte der Moderator. 

Gockel unter sich: Der Rassegeflügelzüchter Horst Freckmann erkannte Hähne an ihrem Schrei.
Gockel unter sich: Der Rassegeflügelzüchter Horst Freckmann erkannte Hähne an ihrem Schrei.

© ZDF

Dass Gottschalk sich schon seit einiger Zeit daran stört, dass Menschen heute Verhaltensweisen monieren, die vor zwanzig Jahren noch Schenkelklopfer oder einfach gar keine Reaktionen ausgelöst hätten, ist bekannt. In einem Interview mit der „Zeit“ hat er das kürzlich noch mal bekräftigt: Bevor er nur noch Shitstorms erzeuge, weil er Frauen ans Knie fasse, höre er lieber auf.

„Heutzutage hat man ja richtig Angst, eine Frau anzufassen“

Tatsächlich ist auf Gottschalk bisher noch nie ein veritabler Shitstorm niedergegangen. Eine gewisse Häme in den Sozialen Medien gehört zwar seit der Erfindung von Twitter zu „Wetten, dass..?“; das hätte man allerdings auch als Beweis dafür werten können, dass die Lagerfeuer-Show bis zuletzt die Grenzen zwischen den Generationen niederzubrennen vermochte.

Ganz so souverän wollte oder konnte der Moderator Kritik an seiner Person aber nie begegnen, und so bestritt er auch seinen letzten Abend in einem eher trotzigen Grundtenor. Sogar vor Cher, dem Superstar des Abends, mochte er sich nicht zusammenreißen.

„Heutzutage hat man ja richtig Angst, eine Frau anzufassen“ motzte er und geleitete sie an der Hand zum Sofa, wo zu diesem Zeitpunkt schon Shirin David und Helene Fischer neben Bastian Schweinsteiger und dessen Frau Ana Ivanović saßen. 

Die Sängerin Cher stellte in der Sendung einen Song von ihrem neuen Weihnachtsalbum vor.
Die Sängerin Cher stellte in der Sendung einen Song von ihrem neuen Weihnachtsalbum vor.

© REUTERS/WOLFGANG RATTAY

Die French-Open-Gewinnerin hatte er zuvor gefragt, ob Basti ihr denn auch im Haushalt helfe und ob sie eigentlich eifersüchtig auf Helene Fischer sei. Der Rapperin David, die vorher mit Fischer ein Remake von „Atemlos“ performt hatte, sehe man ja weder ihre Liebe zur Oper noch ihre feministische Einstellung an, fand Gottschalk.

Die Kollaboration der beiden Frauen, mit einem Altersunterschied von elf Jahren, verglich er mit der Zusammenarbeit von Elton John und Britney Spears. „Ach, lass mich doch labern“, sagte er irgendwann, und natürlich ließen die Gäste ihn. Nur eben nicht ganz unwidersprochen.

12,13
Millionen Zuschauer schalteten am Samstagabend „Wetten Dass..?“ ein. Das entspricht einem Marktanteil von 45,3 Prozent. Im vergangenen Jahr sahen 10,1 Millionen zu.

„Wir können gut aussehen und klug sein und eloquent zugleich“, referierte Shirin David in schönster Instagram-Feminismus-Manier. „Was anderes habe ich auch nie behauptet“, entgegnete Gottschalk. „Ich bin auch ein Feminist. Aber aus der Generation Alice Schwarzer.“

Als Helene Fischer ihm dann noch unterstellte, sicher ein Fan der Band Simple Minds zu sein, war der Moderator endgültig eingeschnappt und hatte nun auch keine Skrupel mehr, die Sängerin zu fragen, ob sie eigentlich wieder schwanger sei. 

Liebe Grüße von den Stones

Auch der Sender blieb von Gottschalks Unmut nicht verschont. „Es ist dem ZDF eine liebe Gewohnheit geworden, in solchen Sendungen eigene Produkte zu promoten“, feixte der Moderator, bevor er Jan Josef Liefers und Stefanie Stappenbeck begrüßte, die am Montag in einer neuen Folge der Krimi-Reihe „Rechtsanwalt Vernau“ zu sehen sind.

Liefers hatte sogar eine Videogrußbotschaft der Rolling Stones dabei, in der die Bandmitglieder Gottschalk alles Gute für die letzte Sendung wünschten. Dessen einziger Kommentar dazu: „Ein Gruß aus der Abteilung alte weiße Männer“. 

Es ist leider vor allem diese Attitüde, die von der Sendung aus Offenburg in Erinnerung bleiben wird.

Die Wetten fielen unterhaltungstechnisch solide aus: Unter anderem erkannte ein Hund Zahlen, leisteten zwei Frauen Präzisionsarbeit mit Gabelstaplern, zog eine Gruppe Schweizer eine Bergbahn hinter sich her und identifizierte eine ehemalige Kinderkandidatin vergangene Wetten inklusive Datum und Ort anhand optischer Strichcodes. Letztere wurde dann auch zur Königin gekürt. 

Doch auch bei seinen endgültigen Abschiedsworten ließ es sich Thomas Gottschalk nicht nehmen, dieser Welt, die er nicht mehr versteht, noch mal einen mitzugeben. Er werde ja häufig nach dem Grund für sein Aufhören gefragt.

Erstens sei es problematisch, wenn man ihm irgendwann erklären müsste, wer seine Gäste seien. Zweitens: „Ich habe im Fernsehen immer das gesagt, was ich zu Hause gesagt hab, inzwischen rede ich zu Hause anders als im Fernsehen. Das ist keine dolle Entwicklung.“ Bevor sich verzweifelte Aufnahmeleiter über von ihm herbeigelaberte Shitstorms sorgen müssten, sage er lieber gar nichts mehr. 

Man kann Gottschalk seine Ehrlichkeit zugutehalten, vielen Zuschauern seiner Generation dürfte er aus dem Herzen sprechen. Allen anderen wird der Abschied nach diesem Auftritt nicht allzu schwerfallen. Am Ende ließ das ZDF seinen bekanntesten Moderator abtransportieren. Natürlich mit einem Bagger

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