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© imago images/Jürgen Held

Verschenkte Chance beim Görli-Gipfel: Die Berliner Politik hat den Ernst der Lage nicht verstanden

Die Symbolkraft von Görlitzer Park und das Drogen-Elend dürfen nicht länger unterschätzt werden. Der Senat hätte konkrete Maßnahme vorschlagen müssen – und ein Finanzkonzept.

Ein Kommentar von Julius Betschka

Das Gefährliche an politischen Gipfeln sind die Erwartungen, die damit verknüpft sind. Nach einem Spitzentreffen wie dem Sicherheitsgipfel des Berliner Senats am Freitag erwartet man Ergebnisse. Am besten solche, die greifbar sind und Aussicht auf Besserung liefern.

Zwar hat der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) gemeinsam mit ganzen drei Senatorinnen ein 30 Punkte umfassendes Programm vorgestellt. Doch die wichtigsten Fragen bleiben darin unbeantwortet, viele der Punkte standen ohnehin im Koalitionsvertrag. Das Ganze wird zwar von deutlichen Worten („Zeit der Toleranz vorbei“) begleitet, scheint aber wie ein Budenzauber.

Anlass für das Spitzentreffen am Freitag war vor allem die Lage am Görlitzer Park. In den vergangenen Wochen waren viele Ideen dafür vorgebracht worden: mehr Licht, nächtliche Schließungen, ein Zaun drumherum, mehr Pflege der Büsche, härteres Vorgehen gegen Dealer, gleichzeitig mehr Sozialarbeit und Suchthilfe. Aber was bedeutet das? Wann geht es los? Wer zahlt das alles?

Bezirk und Senat sind sich mal wieder nicht einig

Das muss das Ergebnis eines solchen Gipfels sein. Aus Ideen muss praktische Politik gemacht werden. Auch ein Finanzierungskonzept wäre angesichts der langen Vorbereitungszeit machbar gewesen. Doch der Senat will jetzt erst prüfen, wer alles bezahlt, verweist auch auf die Bezirke. Mit Friedrichshain-Kreuzberg gibt es offenbar nicht einmal über die Art Maßnahmen Einigkeit. Wird der Ernst der Lage in Bezirk und Senat nicht verstanden?

Zur Not sollte der Senat im Bezirk durchgreifen. Immer mehr Berliner sind entsetzt von den Zuständen in öffentlichen Parks und Plätzen – nicht nur im Görlitzer Park. Die Gesundheitslage der wachsenden Zahl an Drogensüchtigen wird schlechter, die Drogen härter, damit auch Beschaffungskriminalität häufiger. Das bestätigen Sozialarbeiter und Polizei. Kaum noch eine S-Bahnfahrt vergeht inzwischen, ohne auf das sich ausbreitende (vor allem gesundheitliche) Elend zu stoßen.

Es ist einerseits ehrenwert, wenn der Regierende Bürgermeister auf dem Gipfel keine schnellen Lösungen verspricht, die ohnehin nicht umsetzbar wären. Das unterscheidet seriöse Politiker vom Populisten. Das Einsetzen eines „gesamtstädtischen Lenkungsgremiums“ für öffentliche Plätze klingt zwar nicht besonders toll, ist aber ein wichtiger Schritt. Aber vor allem auf langfristige Maßnahmen zu verweisen, weil man sich auf vieles kurzfristig Mögliche nicht einigen konnte, ist dann doch zu wenig.

Die Berliner können zu Recht erwarten, dass Bezirke und Senat die Lage mit einem Mix aus Hilfe für die Suchtkranken und Repression gegen Dealer und Hintermänner verbessern. Und zwar möglichst schnell und mit einer Stimme. Dieser Gipfel hätte ein gelungenes Symbol für den Auftakt eines langen Kampfes gegen Elend und Kriminalität in der Stadt sein können. Diese Chance wurde verschenkt.

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