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Kai Wegner, Regierender Buergermeister von Berlin, aufgenommen im Rahmen eines Interviews.

© imago/photothek/IMAGO/Janine Schmitz/photothek.de

Exklusiv

Interview mit Kai Wegner: „Natürlich ist Schwarz-Grün eine Option im Bund“

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) positioniert sich im Tagesspiegel-Gespräch erneut klar gegen CDU-Chef Friedrich Merz. In der Migrationspolitik hält er den Bund für einen „Totalausfall“.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hält eine Koalition zwischen der Union und den Grünen im Bund für möglich und geht damit erneut auf Distanz zum CDU-Chef Friedrich Merz. „In vielen Bundesländern funktioniert Schwarz-Grün oder Grün-Schwarz gut“, sagte Wegner in einem Interview mit dem Tagesspiegel (Freitagsausgabe).

„Sicherlich müssten die Grünen wieder mehr Pragmatismus entwickeln. Aber natürlich ist das auch eine Option für den Bund, die man nicht ausschließen kann. Und nicht ausschließen sollte.“

Die AfD kennt nur Dagegen und Spaltung. Wo soll es da Zusammenarbeit geben?

Kai Wegner, Regierender Bürgermeister

Damit widerspricht Wegner dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz. Dieser hatte am Montag auf dem Volksfest Gillamoos im bayrischen Abensberg gesagt: „Diese Grünen können keine Koalitionspartner für die Union sein, wenn sie die Realität so verweigern, wie sie das auch und insbesondere in der Einwanderungspolitik und der Inneren Sicherheit in diesem Land tun.“ Erst jüngst hatte sich Wegner deutlich gegen Merz positioniert, als dieser im ZDF-Sommerinterview andeutete, dass es eine Zusammenarbeit zwischen der Union und der AfD auf Bundesebene geben könnte.

Auf X, ehemals Twitter, schrieb Wegner daraufhin: „Die AfD kennt nur Dagegen und Spaltung. Wo soll es da Zusammenarbeit geben? Die CDU kann, will und wird nicht mit einer Partei zusammenarbeiten, deren Geschäftsmodell Hass, Spaltung und Ausgrenzung ist.“ Merz ruderte später zurück und twitterte: „Es wird auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben.“

Klausur mit Bezirksbürgermeisterinnen und Bürgermeistern geplant

Wegner will außerdem die Bezirksbürgermeisterinnen und Bezirksbürgermeister der Hauptstadt zu einer gemeinsamen Klausur einladen. Unter dem Motto „Berlin – eine starke Stadt, zwölf starke Bezirke“ will der Regierende mit den Bezirken über die geplante Verwaltungsreform sprechen.

Im Gegenzug müssen aber auch einige Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung beim Senat zentralisiert werden – gerade beim Thema Digitalisierung.

Kai Wegner, Regierender Bürgermeister

„Ein solches Treffen gab es noch nie in Berlin“, sagte der CDU-Politiker. Laut Wegner sollen die Bezirke in Zukunft mehr Eigenverantwortung bei der Finanzierung bekommen. „Im Gegenzug müssen aber auch einige Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung beim Senat zentralisiert werden – gerade beim Thema Digitalisierung.

Bis Ende September werde der Berliner Senat ein Eckpunktepapier für die Verwaltungsreform vorlegen, kündigte Wegner an. „Wir müssen das kommende Jahr nutzen und spätestens Ende 2024 zu Beschlusslagen für die Verwaltungsreform kommen“, sagte er. „Ab 2025 konzentriert sich die Opposition wieder stärker auf den Wahlkampf.“ Insbesondere mit den Grünen will Wegner bis dahin das Gespräch suchen, um Mehrheiten für eine mögliche Verfassungsreform auszuloten.

Die Lage ist schlimmer, als ich es befürchtet habe.

Kai Wegner, Regierender Bürgermeister


Zum Thema E-Akte sagte Wegner: „Die Lage ist schlimmer, als ich es befürchtet habe.“ Der Bezirk Mitte hatte die probeweise Nutzung der E-Akten nach zahlreichen Problemen jüngst ausgesetzt. In dem Zusammenhang wurden auch Vorwürfe gegen den Vertragspartner Materna laut. „Das muss jetzt gelingen, sonst müssen wir über andere Optionen nachdenken“, sagte Wegner. „Bevor die E-Akte in der vorliegenden Form ein Schrecken ohne Ende wird, wäre ich aber auch bereit, einen Schlussstrich zu ziehen und das Projekt neu auszuschreiben.“ Dies würde allerdings mehrere Jahre dauern, so Wegner.

„Unterkünfte in Berlin sind voll“

Die Bundesregierung forderte Wegner auf, die Migration nach Deutschland stärker zu regulieren. „Wir spüren das überall in Deutschland: Der Druck ist enorm und wächst weiter“, sagte Wegner dem Tagesspiegel.

Seiner Meinung nach müssen sich Aufnahmen „auf diejenigen, die wirklich schutzbedürftig sind“ beschränken. „Anders wird das nicht mehr lange gutgehen. Wir können nicht immer sagen: Kommt alle zu uns – und am Ende schlafen die Menschen unter Brücken.“ Der Bund sei in dieser Frage bisher ein „Totalausfall“.

Für Berlin kündigte Wegner an, neue Großunterkünfte in Betracht zu ziehen. „Wir werden bis Ende September über neue Standorte in Berlin entscheiden müssen“, sagte der CDU-Politiker. Über das Ankunftszentrum in Tegel mit mehr als 4000 Plätzen sagte Wegner: „Das ist kein würdevoller Umgang mit geflüchteten Menschen. Wir haben bloß keine Alternativen mehr – unsere Unterkünfte in Berlin sind voll.“

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