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Eine Frau hält einen Joint in der Hand.

© dpa/Annette Riedl

Anhörung im Gesundheitsausschuss: Glaubensstreit um die Cannabis-Freigabe

Bei der geplanten Teil-Legalisierung der Droge prallen die Meinungen aufeinander: Die einen halten den Gesetzentwurf der Bundesregierung für zu restriktiv, die anderen sorgen sich um den Jugendschutz.

Die Ampel-Koalition will mit der geplanten Cannabis-Freigabe den Schwarzmarkt zurückdrängen und die gesundheitlichen Risiken beim Konsum vermindern. Doch das Vorhaben von SPD, Grünen und FDP ist alles andere als ein Selbstläufer. Das wurde am Montagabend bei einer Anhörung von Experten und Verbänden im Gesundheitsausschuss des Bundestages deutlich.

Der Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht unter anderem die Abgabe von maximal 50 Gramm Cannabis pro Monat für Erwachsene in Anbauvereinen vor, die nicht gewinnorientiert sein dürfen. Nach den Angaben des Gesundheitswissenschaftlers Jakob Manthey vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist die geplante Regelung mit den „Social Clubs“ in Spanien vergleichbar, wo gemeinsam Cannabis für den persönlichen Gebrauch angebaut wird.

Die in Spanien gefundene Lösung für den legalen privaten Cannabis-Konsum funktioniere, erläuterte Manthey weiter. Die Abgabemengen in den „Social Clubs“ seien für über 95 Prozent der dortigen Mitglieder ausreichend, so Manthey. Auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung biete „gute Balance“ zwischen einer Beschränkung des Konsums und dessen Zulässigkeit.

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Dagegen warnte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Alexander Poitz, vor einem Einzug krimineller Strukturen in die demnächst auch in Deutschland geplanten „Cannabis-Clubs“. Angesichts der „desololaten Personalsituation“ der Polizei seien ausreichende Kontrollen etwa in Berlin, wo demnächst mit 500 Anbauvereinen mit jeweils 500 Mitgliedern zu rechnen sei, nicht möglich.

„Wir sind als Polizei auf dieses Gesetz nicht vorbereitet“, so Poitz. Der Kriminalbeamte forderte Übergangsregelungen, um Polizei, Kommunen und Bundesländer in die Lage in die Lage zu versetzen, das Gesetz zur Cannabis-Freigabe mitzutragen.

Bernd Werse vom „Centre for Drug Research“ in Frankfurt am Main wandte sich hingegen gegen die Annahme, dass sich der Schwarzmarkt entgegen der Absicht der Ampel bei der Teil-Legalisierung noch ausdehnen könne. Angesichts der geplanten Kontrollen dürfte es für Kriminelle zu riskant sein, die Anbauvereine zu kapern, sagte er voraus.

Der Anbau von maximal drei Hanfpflanzen in den eigenen vier Wänden soll künftig legal sein.

© picture alliance / dpa/Marijan Murat

Nach der Einschätzung von  Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband lasse sich durch die geplante Regelung zur Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken der Schwarzmarkt um 30 Prozent zurückdrängen, „wenn es gut läuft“. Kritisch äußerte sich Wurth hingegen zur vorgesehenen Obergrenze von 25 Gramm für den Besitz der Droge zum Eigenkonsum. Für den geplanten Eigenanbau – erlaubt sollen künftig maximal drei Hanfpflanzen in den eigenen Wänden sein – sei dies „dysfunktional“. „Damit wird kein Mensch zusätzlichen Eigenanbau betreiben und den Schwarzmarkt vermeiden“, lautete die Einschätzung von Wurth.

Damit wird kein Mensch zusätzlichen Eigenanbau betreiben.

Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband

Auch der Strafrechter Mustafa Temmuz Oglakcioglu von der Universität des Saarlandes bezeichnete die Besitzgrenze von 25 Gramm pro Person als „äußerst problematisch“. Sobald Konsumenten über etwas weniger oder etwas mehr als diese Menge verfügten, bestehe für die Polizei ein Anfangsverdacht, der Hausdurchsuchungen nach sich ziehen könne. Oglakcioglu plädierte für „eine Abschaffung der konsumbezogenen Straftatbestände“. Auch in Zukunft würden die Ermittlungsbehörden trotz der Cannabis-Freigabe weiter tätig werden können, sobald es Indizien für einen Handel mit der Droge gebe, erläuterte er.

Massive Bedenken gegen die Freigabe äußerte indes der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach. Der Kinderarzt kritisierte unter anderem, dass laut Lauterbachs Entwurf der Cannabis-Konsum in der Öffentlichkeit nicht generell verboten ist. Zudem seien keine Strafen vorgesehen, wenn unter 18-Jährige entgegen der geplanten Regelung Zugang zu den Cannabis-Clubs erhielten.

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte kommt daher in seiner Stellungnahme zu Lauterbachs Gesetz zu einem deutlichen Urteil: „Die Legalisierungspläne der Bundesregierung führen aus unserer Sicht zu einer Gefährdung der psychischen Gesundheit und der Entwicklungschancen junger Menschen in Deutschland“, heißt es dort.

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