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CSU-Landesgruppenchef Dobrindt gibt dem Spitzenkandidaten-Modell keine Zukunft.

© dpa/Britta Pedersen

CSU-Streit über Europawahl: Dobrindts Spitze gegen EVP-Chef Weber

CSU-Landesgruppenchef Dobrindt wendet sich vor der Europawahl 2024 gegen das Spitzenkandidaten-Modell. Damit richtet er sich auch gegen den Europapolitiker Weber.

Eine besondere Art der Rivalität verbindet Alexander Dobrindt und Manfred Weber. Ein ums andere Mal liegen der CSU-Landesgruppenchef Dobrindt und der CSU-Vizechef Weber über Kreuz, wenn es um europapolitische Themen geht. Jüngstes Beispiel: die Frage einer europaweiten Spitzenkandidatur vor der Europawahl.

Dabei geht es um die Frage, ob die gegenwärtige EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen ein zweites Mandat erhält. Als denkbar gilt die Option, dass die CDU-Politikerin von der Leyen bei der Europawahl im kommenden Jahr – anders als 2019 – als Spitzenkandidatin ihrer europäischen Parteienfamilie antritt. Diese Parteienfamilie, die Europäische Volkspartei (EVP), werde das sogenannte Spitzenkandidaten-Modell unterstützen, wenn von der Leyen antrete, heißt es in Brüssel. Mit Blick auf eine mögliche Kandidatur hält sich die 64-Jährige bislang jedoch bedeckt.

Da es bis zur Europawahl noch über ein Jahr hin ist, hat es in Brüssel einige überrascht, dass Dobrindt schon jetzt einmal einen Pflock einschlagen hat. „Das Spitzenkandidaten-Konzept führt nicht zum Erfolg, sondern zu Irritationen wie beim letzten Mal, als Manfred Weber Spitzenkandidat war und Ursula von der Leyen Kommissionspräsidentin geworden ist“, sagte Dobrindt der Funke-Gruppe.

Die Spitze richtete sich vor allem gegen Weber, der nicht nur in Bayern Vize-Chef der CSU ist, sondern vor allem auch Vorsitzender der europäischen EVP-Parteienfamilie. Weber gilt als Befürworter des Spitzenkandidaten-Modells. Es hängt also maßgeblich von ihm ab, wie die EVP im kommenden Jahr mit dem Spitzenkandidaten-Modell umgeht. Zuletzt war der 50-Jährige bei der Europawahl vor vier Jahren mit dem Versuch gescheitert, als Spitzenkandidat der EVP an die Spitze der EU-Kommission zu gelangen. Das hatte zwei Gründe: Zum einen verhinderte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron den Niederbayern. Zum anderen fand Weber nach der Europawahl auch keine Mehrheit im Europaparlament.

Bei von der Leyen könnte das 2024 schon anders aussehen. Denn die Deutsche genießt wegen ihres Einsatzes für den Klimaschutz vor allem auf der linken Seite des Europaparlaments Unterstützung, obwohl ihre politische Heimat in der CDU ist. Und Macron verfügt unter den Staats- und Regierungschefs weiter über gehörigen Einfluss.

Es ist nicht das erste Mal, dass Weber und Dobrindt in der Europapolitik unterschiedliche Positionen vertreten. Nachdem Weber im italienischen Wahlkampf im vergangenen Jahr den früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi unterstützt hatte, erklärte Dobrindt: „Es darf niemals eine Unterstützung von uns geben für diejenigen, die Steigbügelhalter für Rechtsnationalisten in Europa sind.“ Gemeint war die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni, die von Berlusconis „Forza Italia“ in der Regierung unterstützt wird.

Innerhalb der CSU hat Weber noch einen mächtigen Gegenspieler - nämlich den Vorsitzenden Markus Söder selber. Weber und Söder kommen aus derselben Generation ehemaliger CSU-Nachwuchspolitiker, allerdings trennten sich ihre Wege früh. Während Weber nach Brüssel ging, arbeitete sich Söder jahrelang an seinem Amtsvorgänger Horst Seehofer ab, bis er schließlich Ministerpräsident wurde.

Zwar suchen Weber und Söder den Schulterschluss in der Öffentlichkeit, wenn es darauf ankommt. So trommelte Söder im März 2019 bei einem kleinen CSU-Parteitag in Nürnberg vor der Europawahl für den damaligen Spitzenkandidaten Weber. Dennoch gilt von den beiden Weber als der deutlich glühendere Europäer.

Mit seiner aktuellen Spitze richtet sich Dobrindt indes nicht nur gegen seinen innerparteilichen Rivalen Weber, sondern auch gegen die CDU. Denn die Christdemokraten, die jüngst noch einmal ihre Unterstützung für Ursula von der Leyen bekräftigt haben, befürworten ebenfalls das Spitzenkandidaten-Modell. „Das ist eine Nicht-Diskussion, denn das Spitzenkandidaten-Prinzip ist in der Satzung der EVP festgeschrieben“, sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, Daniel Caspary (CDU), dem Tagesspiegel mit Blick auf den Vorstoß Dobrindts. Und der EVP gehören sowohl die CDU als auch die CSU an.

Dennoch ist Dobrindt eines gelungen: Beim bevorstehenden EVP-Treffen an diesem Donnerstag und Freitag in München werden die Delegierten nicht um die Frage herumkommen, ob und wie man erneut einen Spitzenkandidaten oder eben eine -kandidatin benennen soll. Zu der Versammlung unter der Leitung von Weber wird neben Söder auch CDU-Chef Friedrich Merz erwartet.

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