zum Hauptinhalt
Jusitzminister Marco Buschman (li.) und Finanzminister Christian Lindner sorgen für den nächsten Koalitionskrach.

© dpa/Kay Nietfeld

„Die FDP macht eine große Show“: SPD und Grüne erzürnt Nein zum Lieferkettengesetz

Im letzten Moment blockiert die FDP neue Sozial- und Umweltstandards für internationale Konzerne. Im Europawahlkampf will die Partei so mit Bürokratiebekämpfung punkten.

Weltweit arbeiten laut der Internationalen Arbeitsorganisation mehr als 160 Millionen Kinder, schuften knapp 30 Millionen Menschen in Zwangsarbeit. Über den internationalen Handel kommen die von ihnen hergestellten Produkte auch nach Europa. Das soll das EU-Lieferkettengesetz künftig verhindern.

Doch ein Scheitern der Richtlinie wird vor der finalen Abstimmung der EU-Länder am Freitag immer wahrscheinlicher. Die FDP bekräftigte am Dienstag ihre Ablehnung. „Die Richtlinie ist ein bürokratisches Monster, schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland und trägt nicht dazu bei, dass sich die menschenrechtliche und ökologische Situation verbessert“, sagte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai dem Tagesspiegel.

Damit wird sich Deutschland enthalten. Nun könnte das ganze Vorhaben scheitern. Denn auch andere EU-Länder zögern, ihre Unternehmen weltweit auf die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards zu verpflichten.

Wir führen gerade eine überfällige Diskussion darüber, wie die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands wieder aufgebaut werden kann.

Generalsekretär Bijan Djir-Sarai (FDP)

Seinen Frust darüber verbarg der zuständige Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nicht. Er sprach von einer „ideologisch motivierten Blockade der FDP“. Die Co-Chefin der Grünen Jugend, Svenja Appuhn, fragte bei X gar: „Wie sehr kann man Menschen hassen?“

Für Heil ist die Enthaltung peinlich. Deutschland hatte die EU-Lieferkettenrichtlinie selbst vorgeschlagen, um einen Wettbewerbsnachteil für deutsche Konzerne zu verhindern. Denn für sie gilt seit 2023 bereits ein nationales Lieferkettengesetz. Mit der Einführung einer europäischen Richtlinie wollte Heil viele nationale Vorschriften abschaffen. Das sollte die skeptischen Wirtschaftsverbände besänftigen.

Die FDP überzeugte das allerdings nicht. Die Partei präsentiert sich im anlaufenden Europawahlkampf als Streiterin gegen bürokratische Vorschriften. „Wir führen gerade eine überfällige Diskussion darüber, wie die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands wieder aufgebaut werden kann“, sagte Djir-Sarai. „Da wäre es geradezu paradox, jetzt diese Richtlinie zu beschließen.“

SPD und Grüne empört vor allem die späte Ablehnung

Am Dienstag mahnte FDP-Justizminister Marco Buschmann in einem Brief an Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auch einen schnelleren Bürokratieabbau im Inland an.

Der Brief dürfte den Schreibtisch des Grünenpolitikers kaum erreicht haben, da war er schon öffentlich. Ihr Nein zum EU-Lieferkettengesetz hatten Buschmann und FDP-Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Freitag in einem Brief an Verbände öffentlich angekündigt.

SPD und Grüne empört vor allem die späte Ablehnung – nach dem eigentlich maßgeblichen Trilog zwischen EU-Rat und Parlament. „Mit ihrer Absage in der letzten Minute macht die FDP eine große Show“, sagte Anna Cavazzini, die zuständige Grünen-Abgeordnete im EU-Parlament, dem Tagesspiegel. Damit beschädige die FDP die Reputation Deutschlands als zuverlässiger Verhandlungspartner, betonte sie.

Ob das Lieferkettengesetz verabschiedet wird, hängt nun maßgeblich am Votum der rechtspopulistischen, italienischen Regierung.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false