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Ministerpräsident von Baden-Württemberg: Winfried Kretschmann (Grüne).

© dpa/Marijan Murat

„Erreichen die Leute nicht mehr so“: Kretschmann sieht AfD in sozialen Medien besser aufgestellt als andere Parteien

Nur mit Zeitungsinterviews sei es nicht getan, sagt Baden-Württembergs Ministerpräsident. Die AfD sei auf anderen Kanälen präsenter. Politiker müssten zudem „direkt ins Getümmel“.

Angesichts der seit Monaten hohen Umfragewerte der AfD wird in Deutschland intensiv über den Umgang mit der in Teilen von Verfassungsschützern als rechtsextremistisch eingestuften Partei diskutiert. Neben den Debatten über ein mögliches Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht wird auch immer wieder eine stärkere inhaltliche Auseinandersetzung gefordert, um den Höhenflug der Populisten zu stoppen.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat in diesem Punkt eine klare Meinung. „Wir erreichen die Leute nicht mehr so“, sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag dem Radiosender „SWR 1“. So gebe man Zeitungen Interviews, aber immer weniger Leute läsen Zeitungen oder abonnierten sie.

Die AfD sei nur mit Argumenten zu stoppen, so Kretschmann

In sozialen Medien hingegen sei man zu wenig präsent. Da sei die AfD viel weiter vorne als andere Parteien. Politiker müssten auch wieder viel stärker „direkt ins Getümmel“, sagte Kretschmann – und nicht nur mit Verbänden sprechen, sondern mit den Menschen selbst. Man könne den Aufwuchs der AfD nur mit Argumenten stoppen. 

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Mittwoch zum Erstarken der AfD gesagt: „Der Geist ist aus der Flasche.“ Dies zurückzudrängen werde „schwer, wenn es um die geht, die rechte Gesinnungen haben“, sagte er der „Zeit“. Die anderen müsse man überzeugen, „indem wir eine Politik machen, die unser Land auf den richtigen Weg führt und die Probleme angeht“.

Zur Debatte über ein mögliches Verbot der Partei sagte Scholz, mit dieser Frage beschäftigten sich die zuständigen Behörden, besonders der Verfassungsschutz.

Auch Kretschmann hatte sich zu einem möglichen Verbotsverfahren zuvor zurückhaltend geäußert. „Wir konzentrieren uns darauf, Debatten zu führen, wie wir die AfD politisch eindämmen“, sagte der Grüne einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa zufolge Mitte des Monats. Seine Landesregierung prüfe derzeit nicht, ob man im Bundesrat ein Verbotsverfahren einleiten wolle.

Aus Sicht Kretschmanns sind zunächst andere Akteure gefordert. So müssten Verfassungsschutzbehörden die Frage prüfen. Ein möglicher Verbotsantrag sollte aus Kretschmanns Sicht von Bundesländern ausgehen, in denen die AfD besonders radikal sei. „Nach Verfassungsschutzaussagen wird die AfD vor allem in den östlichen Bundesländern als offenkundig rechtsextrem und rechtsextremistisch-verfassungsfeindlich gewertet“, sagte Kretschmann.

Im September werden in Thüringen, Brandenburg und Sachsen neue Landtage gewählt. In allen drei Bundesländern liegt die AfD in Umfragen vorne. 

Die Debatte um ein AfD-Verbot nahm zuletzt wieder Fahrt auf, nach Berichten des Medienhauses Correctiv über ein Geheimtreffen, an dem auch AfD-Mitglieder teilgenommen hatten. An dem Treffen in einer Potsdamer Villa hatten im November unter anderem einzelne AfD-Funktionäre sowie einzelne Mitglieder der CDU und der erzkonservativen Werteunion teilgenommen.

Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass er bei dem Treffen über „Remigration“ gesprochen hat. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang. (lem)

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