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Blumenfelder bei Lisse in den Niederlanden (Archivbild von 2019)

© dpa/AP/Peter Dejong

Update

EU-Umweltplan auf der Kippe: „Manfred Weber sollte sich schämen“

In Berlin und Brüssel wollen Abgeordnete von CDU/CSU eine geplante Verordnung zum Naturschutz zu Fall bringen. Dabei kommt der Plan von Parteifreundin Ursula von der Leyen.

Während in diesem Monat auch in Berlin schon wieder Temperaturen bis 30 Grad verzeichnet wurden und die Trockenheit zum Problem wird, torpedieren CDU/CSU und Europas Konservative ein EU-Gesetz, das auch dem Klimaschutz zugutekommen soll. So sieht es jedenfalls die Ampelkoalition. Vor allem die Grünen kritisieren die Blockadehaltung scharf, die hierzulande vom Deutschen Bauernverband mitgetragen wird.

Der Streit dreht sich um das geplante EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur. Der Plan sieht vor, mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresfläche in der EU zu schützen. Gleichzeitig sollen Ökosysteme wie Wälder und Moore wiederhergestellt werden.

Am Mittwoch befasste sich der Umweltausschuss des Bundestages mit dem Umwelt- und Klimaplan der EU. Aus den Reihen der Union wurde kritisiert, dass die Kommunen durch das Brüsseler Vorhaben in ihren Entwicklungsmöglichkeiten beschränkt würden. Auch müsse bei einer Umsetzung der EU-Verordnung mit einer „Enteignung“ von Flächen gerechnet werden, wurde aus den Reihen von CDU/CSU kritisiert.

Doch während die Union im Bundestag in der Opposition sitzt, stellen die Christdemokraten der EVP im Europaparlament die stärkste Fraktion. Und dort – im EU-Parlament – wird letztlich entschieden, ob das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur verabschiedet wird oder nicht. Im Umweltausschuss des EU-Parlaments gelang es den EVP-Abgeordneten am Donnerstag nicht, das Vorhaben zu Fall zu bringen. Am Ende muss das Plenum des EU-Parlaments über das Gesetz entscheiden.

Bemerkenswert ist die Blockadehaltung der EVP vor allem deshalb, weil die von Manfred Weber (CSU) geführte EVP-Fraktion in Straßburg damit der EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen einen Strich durch die Rechnung zu machen droht.

Von der Leyen, die ebenso wie Weber zur politischen Parteienfamilie der EVP gehört, pocht auf Fortschritte beim „Green Deal“ der EU. Und dabei ist die geplante Verordnung zum Schutz der Naturflächen ein wesentlicher Baustein.

Entsprechend deutlich fällt auch die Kritik der Grünen an der Blockadehaltung von Vertretern der CDU und CSU in Berlin und Brüssel aus. „Manfred Weber sollte sich schämen, dass er im Europaparlament mit den Rechtsextremen paktiert, um das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur zu Fall zu bringen“, sagte Jan-Niclas Gesenhues, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, dem Tagesspiegel. CDU-Chef Friedrich Merz „sollte alles unternehmen, damit die Union in Berlin diesen populistischen Kurs nicht mitträgt, der letztlich der Demokratie schadet“, forderte Gesenhues.

EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) macht Front gegen das geplante EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur.
EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) macht Front gegen das geplante EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur.

© dpa/Jan-Philipp Strobel

Die Union will dennoch am Freitag im Bundestag über einen Antrag beraten lassen, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, sich angesichts der Krisen, die aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine resultieren, für eine Verschiebung des EU-Umweltplans einzusetzen. Laut der Vorstellung der Union sei ein verbesserter Umweltzustand der EU durch den „Green Deal“ zwar „grundsätzlich zu begrüßen“. Allerdings müsse die Umsetzung praxistauglich ausgestaltet werden, lautet die Forderung von CDU/CSU. Land-, Forstwirtschaft sowie Fischerei und Jagd dürften nicht weiter belastet werden, ebenso wenig wie die Kommunen bei der Umsetzung.

In ihrer Kritik an der EU-Verordnung sucht die Union den Schulterschluss mit dem Deutschen Bauernverband, dessen Generalsekretär Bernhard Krüsken bei einer Anhörung im Bundestag im April angesichts der EU-Pläne von einer „Landnahme“ gesprochen hatte, die zu einer Entwertung von Flächen führe.

Inzwischen hat die EU-Kommission zwar nachgebessert und etwa Zugeständnisse bei der Wiedervernässung von Mooren gemacht. Dennoch bleibt Krüsken im Grundsatz bei seinen Einwänden. „Nach wie vor sieht diese geplante Regelung den großflächigen Entzug landwirtschaftlicher Flächen vor und markiert die Abkehr vom Prinzip des kooperativen Naturschutzes“, sagte der Generalsekretär des Bauernverbandes.

Pauschale Verbote, Einschränkungen und Flächenstilllegungen verlagern die landwirtschaftliche Erzeugung in Länder mit deutlich niedrigeren ökologischen und sozialen Standards.

Albert Stegemann, agrarpolitischer Sprecher der Unionsfraktion

Nach den Worten von Krüsken ist das geplante EU-Gesetz trotz „aller kleinteiligen Nachbesserungen so nicht akzeptabel und erfordert grundlegende Überarbeitung“. Darüber hinaus würde die Verordnung „auch dem Naturschutz nicht wirklich helfen“, sagte er weiter.

Ähnlich lautet auch die Kritik des agrarpolitischen Sprechers der Unionsfraktion, Albert Stegemann. „Pauschale Verbote, Einschränkungen und Flächenstilllegungen verlagern die landwirtschaftliche Erzeugung in Länder mit deutlich niedrigeren ökologischen und sozialen Standards“, warnte der CDU-Politiker. Stegemann befürchtet, dass das EU-Gesetz zu einer Verknappung von Lebensmitteln führen könnte: „Wir brauchen weiterhin vielfältige und bezahlbare Lebensmittel, die vor allem regional produziert werden.“

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Die Politik der Extensivierung und Reduzierung der Produktion, „wie sie derzeit von der Ampel und von Teilen der EU verfolgt wird, ist der falsche Weg“, so Stegemann. „Erfolgreicher Klima- und Artenschutz gelingt nur mit den Landwirten und nicht gegen sie“, zeigte er sich überzeugt.

Inzwischen hat sich auch Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) in die Meinungsschlacht um das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur eingeschaltet. Sie verteidigte das Vorhaben von Kommissionschefin von der Leyen mit den Worten: „Mit Waldbränden, Starkregenereignissen oder Dürrephasen erleben wir die Auswirkungen der Klimakrise längst schon bei uns in Europa. Mit gravierenden Folgen für Menschen, Natur und ökonomischen Schäden in Milliardenhöhe.“

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