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Rentnerdemo in Deutschland. Treten ältere Menschen vornehmlich für ihre eigenen Interessen ein?

© dpa/Stephanie Pilick

Fast ausschließlich Männer betroffen: Neue Rentner bekommen im Schnitt 100 Euro weniger

Sogenannte Bestandsrentner haben deutlich mehr Geld zur Verfügung als Senioren, die 2022 in den Ruhestand gegangen sind. Hier wirkt sich die höhere Arbeitslosigkeit aus.

Die gebrochenen Erwerbsbiografien aufgrund höherer Arbeitslosenzahlen in den vergangenen Jahren haben besonders für Senioren, die im Jahr 2022 in Rente gegangen sind, deutlich spürbare Konsequenzen: Neurentner bekommen im Schnitt 100 Euro weniger als Senioren, die schon länger Rente beziehen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, über die die „Augsburger Allgemeine“ berichtet.

Sogenannte Bestandsrentner bekommen demnach durchschnittlich 1373 Euro, neue Rentner kriegen dagegen 1275 Euro. Betroffen sind dem Bericht zufolge fast ausschließlich Männer. Bei Frauen verlaufe die Entwicklung dagegen andersrum: Mit 910 Euro haben die Neurentnerinnen demnach im Schnitt 20 Euro mehr als die Rentnerinnen in Bestand. Das liegt daran, dass Frauen inzwischen weitaus häufiger arbeiten als früher.

Es gab Zeiten, in denen fast fünf Millionen Menschen ohne Stelle waren und weniger oder nichts in die Rentenkasse eingezahlt haben. Mehr und längere Arbeit führt zu steigenden Renten. Dennoch zeigen die Daten dem Bericht zufolge, dass Frauen von einem viel niedrigeren Niveau kommen und gerade sie im Alter von Armut bedroht sind. 

Neben einer Erhöhung des gesetzlichen Rentenniveaus sind vor allem höhere Löhne Voraussetzung für armutsfeste Renten.

 Susanne Ferschl, Linken-Fraktionsvize

Linken-Fraktionsvize Susanne Ferschl forderte als Reaktion von der Ampel-Koalition einen Doppelschritt für höhere Renten. „Neben einer Erhöhung des gesetzlichen Rentenniveaus sind vor allem höhere Löhne Voraussetzung für armutsfeste Renten. Dafür wäre aber eine höhere Tarifbindung notwendig“, sagte sie dem Blatt mit Blick auf das Tariftreuegesetz.

In solch einem Gesetz können Bundesländer festlegen, dass öffentliche Aufträge nur an Firmen gehen dürfen, die Tariflöhne zahlen. Entsprechende Bestimmungen auf Landesebene gelten fast überall in Deutschland – mit Ausnahme von Sachsen und Bayern.

Die Vorstandvorsitzende des Sozialverbandes Deutschland, Michaela Engelmeier, beklagte vor diesem Hintergrund die hohe Zahl von Menschen, die durch Altersarmut bedroht seien. „Es kann nicht sein, dass sie ihr Leben lang in Vollzeit gearbeitet haben und im Alter Grundsicherung beantragen müssen, weil ihre Rente nicht reicht“, sagte sie der Zeitung.

Wie Ferschl plädierte auch Engelmeier für gute Löhne und bekräftigte die Forderung ihres Verbandes nach einer „Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzahlen – auch Selbstständige, Beamte und Abgeordnete. Darüber hinaus fordern wir 53 anstatt 48 Prozent beim Rentenniveau.“

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) wollen noch in der Sommerpause einen Gesetzentwurf zum zweiten Rentenpaket vorlegen. Dies hatte ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums in der letzten Juli-Woche angekündigt. Damit wolle die Ampel-Regierung das Rentenniveau dauerhaft sichern und die sogenannte Aktienrente auf den Weg bringen.

Ampel will Rentenniveau bei 48 Prozent festschreiben

Einen konkreten Termin für die Beratung im Bundeskabinett könne er aber noch nicht nennen, die regierungsinternen Gespräche dauerten an, sagte der Sprecher. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums sagte, das Paket werde „zeitnah“ kommen.

SPD, Grüne und FDP haben im Koalitionsvertrag vereinbart, das Rentenniveau für künftige Neurentner auch nach 2025 bei mindestens 48 Prozent festzuschreiben – obwohl es wegen des demografischen Wandels absinken müsste. Wenn das Rentenniveau nicht sinken soll, müssten aber die Beiträge steigen. Das wiederum würde die Sozialbeiträge weiter über die Marke von 40 Prozent schieben, die eigentlich gehalten werden soll.

Woher das Geld für die Rentenkasse kommen soll, ist ungeklärt. Bislang behalfen sich die Vorgängerregierungen mit einem höheren Zuschuss aus dem Bundeshaushalt. Dieser beträgt aber schon 120 Milliarden Euro und ist damit der höchste Einzelposten im Etat

Die Ampel will mit dem Aufbau eines ergänzenden „Generationenkapitals“ – der sogenannten Aktienrente – die langfristige Beitragssatzentwicklung stabilisieren. Die geplante Aktienrente setzt auf einen Staatsfonds, der Gelder am Kapitalmarkt anlegt und dessen Erträge ab Mitte der 2030er-Jahre in die Rentenversicherung fließen sollen. Der Fonds soll mit zehn Milliarden Euro gefüllt werden. (lem)

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