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Das Kabinett billigt Erleichterungen für Hausärzte.

© dpa/Patrick Pleul

Update

„Es darf keine medizinischen Banlieues geben“: Kabinett billigt Lauterbachs Gesetz für bessere hausärztliche Versorgung

Hausarztpraxen sind für Millionen Patientinnen und Patienten wichtig – als erste Anlaufstellen in der Nähe und Lotsen durchs System. Um das Netz zu erhalten, sind Anreize geplant.

Hausärztinnen und Hausärzte sollen zur Absicherung der Versorgung vor Ort bessere Arbeitsbedingungen bekommen. Das sieht ein Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur Reform der ambulanten Gesundheitsversorgung vor, den das Bundeskabinett am Mittwoch auf den Weg gebracht hat.

„Unser Gesundheitssystem braucht eine Generalüberholung, um stark zu bleiben“, erklärte Gesundheitsminister Lauterbach anlässlich des Kabinettsbeschlusses. Parallel zur Krankenhausreform sei die Reform der ambulanten Versorgung deswegen „zwingend notwendig“.

Das Gesetz sei auch für die Demokratie von großer Bedeutung, betonte Lauterbach. Schon jetzt gebe es Orte und ländliche Regionen, wo Haus- und Fachärzte, Psychotherapeuten und Krankenhäuser fehlten.

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„Es darf keine medizinischen Banlieues geben“, so der Minister in Anspielung auf die oft abgehängten Randgebiete großer französischer Städte. Und fügte hinzu: „Wir müssen dringend den Hausarztberuf attraktiver machen.“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bei der Vorstellung des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) in Berlin.

© imago/Chris Emil Janßen

Zielsetzung der Pläne ist auch, angesichts einer weiteren Ruhestandswelle bei Hausärzten ein flächendeckendes Praxisnetz aufrechtzuerhalten.

Hintergrund ist, dass bereits jetzt rund 5000 hausärztliche Praxen – vor allem in ländlichen Regionen – unbesetzt sind. Mit dem anstehenden Ruhestand der sogenannten Babyboomer fürchten Experten eine weitere Welle an Schließungen bei Hausarztpraxen.

Deckelung bei Vergütungen soll wegfallen

Konkret sollen für Hausärzte wie schon für Kinderärzte Obergrenzen bei der Vergütung (Budget) aufgehoben werden. Dadurch werden alle Leistungen, auch Hausbesuche oder Online-Sprechstunden im Homeoffice, unbürokratisch vergütet. Diese Veränderung werde die Versicherten etwas kosten, wie viel, sei schwer abzuschätzen, räumte der Minister ein.

Eingeführt werden soll unter anderem auch eine Jahrespauschale zur Behandlung chronisch kranker Patienten, die ständig Arzneimittel nehmen. Dies soll Praxisbesuche nur zum Abholen von Rezepten vermeiden und insgesamt mehr Behandlungsfreiräume schaffen.

Ein weiterer Punkt des Gesetzentwurfes sind medizinische Versorgungszentren (MVZ), in denen Mediziner gemeinsam ihre Leistungen anbieten. Für Kommunen soll es leichter werden, solche Zentren zu gründen.

Besser und einfacher werden soll auch die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie die Versorgung für vulnerable Gruppen, etwa Drogenabhängige, mit langfristigen psychischen Problemen.

Krankenkassen kritisieren neue Hausarzt-Regelungen

Für chronisch Kranke und Menschen mit Behinderungen soll der Zugang zu medizinischen Hilfsmitteln vereinfacht werden. Hier geht es vor allem um schnellere Bewilligungsverfahren. Hebammen und Pflegekräfte sollen mehr Mitspracherechte im Gemeinsamen Bundesausschusses von Kassen, Ärzten und Krankenhäusern erhalten.

Die geplante Reform stößt bei Krankenkassen und Verbänden auf wenig Zuspruch. Vor allem die hohen Kosten, die aus Sicht der Kassen beim Beitragszahler landen, sorgen für Kritik. Dafür gebe es zu wenig Mehrwert.

Auch die Stiftung Patientenschutz zeigte sich skeptisch, ob die Versorgung wirklich besser werde. Mehr Geld für Hausärzte löse die Probleme nicht, hieß es. „Auch hängt die Entscheidung für eine Praxis im ländlichen Raum neben Verdienstmöglichkeiten von weiteren Standortfaktoren ab.“ Die Hausärzte begrüßen die Veränderungen.

Im Zuge der Beratungen sind zahlreiche Bausteine aus dem Gesetz herausgefallen – darunter die niedrigschwelligen Gesundheitskioske als erste medizinische Anlaufstellen für Bürger, Primärversorgungszentren und Gesundheitsregionen. Diese Aspekte sollen aber laut Lauterbach bei den noch vor der Sommerpause beginnenden Bundestagsberatung erneut auf den Tisch kommen. (KNA, dpa)

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