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Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron (links) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigten sich am Sonntag beim Bürgerfest an einem Tischkicker.

© dpa/Michael Kappeler

Staatsbesuch in Deutschland : Schulterschluss zwischen Macron und Steinmeier beim Demokratiefest

Frankreichs Staatschef und der Bundespräsident betonen beim Demokratiefest in Berlin, was ihre Länder zusammenhält. Es bleiben allerdings schwer zu überwindende Differenzen.

Emmanuel Macron spricht mit großer Eindringlichkeit, so wie man es aus vielen seiner Reden auch kennt. „Ich glaube wirklich, dass unser Europa sterben kann“, sagt der Gast aus Frankreich am Sonntagnachmittag auf der Bühne im Berliner Regierungsviertel. Damit wiederholt er einen Satz aus seiner Rede in der Pariser Sorbonne-Universität vor wenigen Wochen – eine Formulierung, die wachrütteln soll.

Es sind keine einfachen Rahmenbedingungen für das gemeinsame Bühnengespräch, zu dem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den französischen Präsidenten Macron zu Beginn von dessen Staatsbesuch am Sonntag zum Demokratiefest eingeladen hat.

Während sich in Deutschland die tätlichen Angriffe auf Politikerinnen und Politiker während des Europawahlkampfes fortsetzen, führt in Frankreich die rechtspopulistische Partei „Rassemblement National“ in den Umfragen.

Und so ist es auch naheliegend, dass Macron vor der Infragestellung der Demokratie von innen warnt, ohne freilich den politischen Gegner in Frankreich beim Namen zu nennen. „Es gibt eine Form der Faszination des Autoritarismus, die in unseren Demokratien entsteht“, warnte er.

Aber wenn nationalistische Kräfte in den vergangenen Jahren in Europa am Ruder gewesen wären, dann hätte es weder eine gemeinsame europäische Corona-Impfstrategie gegeben noch einen anschließenden Wiederaufbaufonds für alle 27 Mitgliedstaaten, so Macron.

Steinmeier und Macron nutzen den knapp dreitägigen Staatsbesuch, um für die Teilnahme an der Europawahl zu werben. Gleichzeitig demonstrieren die beiden Politiker den Schulterschluss zwischen den beiden Ländern, zwischen denen die zivilgesellschaftlichen Bande in der Nachkriegszeit so eng geworden sind wie nirgendwo sonst in der EU. „Das französisch-deutsche Verhältnis ist zentral in Europa“, so Macron.

Es ist daher eine besondere Geste, dass Steinmeier den französischen Präsidenten als einzigen ausländischen Gast zum Demokratiefest im Regierungsviertel eingeladen hat. Mit einer kleinen protokollarischen Finesse wird der besondere Charakter der deutsch-französischen Beziehungen untermauert: Noch bevor Macron überhaupt mit militärischen Ehren in Schloss Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten, empfangen wird, kann sich Macron inhaltlich mitten auf der Feier zum 75-jährigen Bestehen des Grundgesetzes äußern.

Auch Steinmeier fordert dabei eine „Allianz der Demokraten“ in Europa. Vor der letzten Europawahl im Jahr 2019 – vor Corona und vor dem Krieg in der Ukraine – hätten noch andere Bedingungen geherrscht, sagt der Bundespräsident. Er betont, dass „sich Europa nicht hat spalten lassen in diesen letzten zweieinhalb Jahren, seitdem der Krieg tobt“. Die Ukraine könne sich auf die Unterstützung Deutschlands und Frankreichs verlassen, fügt er hinzu.

Am Sonntagnachmittag kamen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und seine Frau Brigitte Macron am militärischen Teil des Flughafens BER an.

© dpa/Christophe Gateau

Im vergangenen Jahr musste Macron seinen Staatsbesuch nach den landesweiten Ausschreitungen, die von den tödlichen Polizeischüssen auf einen 17-Jährigen ausgelöst worden waren, absagen. Ironie des Schicksals: Diesmal findet der Staatsbesuch zwar planmäßig statt, aber Macron kommt über einen kurzen Zwischenstopp in Paris direkt aus dem Überseegebiet Neukaledonien nach Berlin, wo eine von Frankreich geplante Änderung des Wahlrechts zu Unruhen geführt hat.

Am Dienstag will Macron Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Rahmen eines deutsch-französischen Ministerrates in Meseberg treffen, der sich an den Staatsbesuch anschließt. CDU-Chef Friedrich Merz machte Scholz zum Vorwurf, noch keine Antwort auf Macrons Rede an der Pariser Sorbonne-Universität von Ende April gegeben zu haben.

Scholz nutzte derweil seinen Auftritt bei einem Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen des Demokratiefestes am Sonntagvormittag, um die Einigkeit mit dem Gast aus Frankreich zu unterstreichen. Er sei mit Macron einer Meinung, dass in einigen Bereichen der EU-Politik wie der Außen- und Steuerpolitik das Prinzip der Einstimmigkeit aufgegeben werden müsse. Die Hürde sei dabei nicht unüberwindbar, betonte Scholz.

Bleiben allerdings schwer zu überwindende Differenzen im deutsch-französischen Verhältnis, gerade in der Ukraine-Politik. Bei dem Bürgerdialog stellte Scholz in diesem Punkt klar, dass er nichts von einer Ausweitung des Einsatzgebietes westlicher Waffen im Krieg in der Ukraine hält. Macron hält hingegen gegenüber dem Kremlchef Wladimir Putin das Prinzip der „strategischen Ambiguität“ hoch, das einen weitreichenderen Einsatz westlicher Waffen beinhalten würde.

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