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Vorgeschnittenes Bio-Gemüse. (Archivbild von 2016).

© dpa/Daniel Karmann

Mehr Bio, mehr Fairtrade, weniger Fleisch: Der Bundestag stellt seinen Speiseplan um

In den Kantinen des Bundestags dominierten lange Currywurst und Fleischgerichte den Speiseplan. Nun gibt es neue, strengere Regeln. Manche feiern die Ernährungswende im Parlament, andere haben Zweifel.

So mancher Abgeordnete dürfte sich nach der Weihnachtspause umschauen beim Gang in die Kantinen des Bundestags. Denn zum Jahreswechsel werden die Speisepläne im Hohen Haus rigoros umgestellt. Wo lange Currywurst, Buletten und Braten dominierten, sollen künftig mehr Bio-Essen, mehr Gemüse und mehr saisonale Produkte auf die Teller kommen.

Was serviert wird, ist immer auch politisch. Im Bundestag war das Essen im vergangenen Jahr zum Politikum geworden. Rund 6000 Menschen arbeiten für die Fraktionen und die Verwaltung – und essen auch im Bundestag. Dafür gibt es diverse Angebote. Mehrere Bistros, die große Kantine, den sogenannten Lampenladen und ein Restaurant auf der Plenarsaal-Ebene. Doch nach der Kündigung des Betreibers hatte es Streit darüber gegeben, was in Zukunft im Parlament serviert wird.

Wie aus einer Unterrichtungsvorlage einer Kommission des Ältestenrats hervorgeht, ist nun jedoch ein neuer Caterer gefunden worden. Dabei handelt es sich um die Dussmann Service Deutschland GmbH, die auch der aktuelle Betreiber ist. Doch für die kommenden fünf Jahre wurden im Ausschreibungsverfahren strenge Regeln gemacht.

40
Prozent muss der Bioanteil in den Bundestagskantinen ab Januar 2024 mindestens betragen.

Demnach soll es künftig täglich mindestens ein vegetarisches und ein veganes Gericht geben. Der Bioanteil in Kantine und Cafeteria soll bereits ab Januar 2024 auf mehr als 40 Prozent steigen und muss künftig noch erhöht werden. Zudem sollen „in den Monaten Mai bis Oktober mindestens 85 Prozent saisonale Produkte verwendet“ werden. Fisch darf den neuen Regeln zufolge nur aus nachhaltigem Fang mit MSC/ASC-Gütesiegel angeboten werden.

Selbst Details werden in der neuen Ausschreibung geregelt. So darf nur Frischgemüse oder aktuell eingefrorene Tiefkühlware verwendet werden. Kaffee, Tee, Kakao und Bananen müssen aus fairem Handel und nachhaltigem Anbau stammen. Auch Gewürze müssten fair gehandelt, Salatdressings selbst hergestellt werden.

Dieser Schritt in Richtung Ernährungswende ist gleichzeitig gut für Mensch, Gesundheit und Umwelt.

Grünen-Politikerin Renate Künast über die neuen Regeln

„Das Ergebnis der Ausschreibung kann sich sehen lassen“, freut sich die frühere Landwirtschaftsministerin Renate Künast. Die Grünen-Politikerin hatte sich lange für eine gesündere Kantine im Bundestag eingesetzt. „Dieser Schritt in Richtung Ernährungswende ist gleichzeitig gut für Mensch, Gesundheit und Umwelt“, sagte sie dem Tagesspiegel.

Auch der Caterer selbst scheint zufrieden: „Wir sind stolz darauf, dass wir uns in der Ausschreibung durchgesetzt haben und die Abgeordneten und Mitarbeitenden des Deutschen Bundestags ab Januar weiterhin gastronomisch versorgen dürfen“, sagte Philipp Conrads, Vorsitzender der Geschäftsführung Dussmann Service Deutschland, dem Tagesspiegel. Und weiter: „Die innovative Ausschreibung des Deutschen Bundestags und unser Angebot beweisen, dass die Ernährungswende schon heute auf den Teller kommen kann.“

Tatsächlich ist die Ausschreibung für Dussmann aber auch mit einigen Extra-Auflagen verbunden. So werden „Pop-Up-Cafes“ mit regionalen Berliner Kaffeeröstereien und Bäckereien angestrebt. Dussmann hat sich zudem verpflichtet, externe Beratungsleistungen anzunehmen, um die Qualität des Essens und die Maßgaben für Nachhaltigkeit und Klimaschutz weiter zu erhöhen. Zudem muss der Betreiber schon ab Januar über den CO₂-Fußabdruck aller Gerichte informieren.

Die CDU ist skeptisch

Im Ältestenrat ist man offenbar sehr zufrieden mit der neuen Regelung: „Das gastronomische Angebot wird insgesamt vielfältiger, gesünder und nachhaltiger“, heißt es in der Tischvorlage. Die Preise könnten dabei „weitgehend“ beibehalten werden.

Auch Grünen-Politikerin Künast zieht eine positive Bilanz: „Ich bin froh, dass der deutsche Bundestag damit zum einen ein Vorbild wird und zum anderen für seine Mitarbeiter*innen das Essen genussvoll macht. Darauf haben fast alle gewartet.“

Doch es gibt auch kritischere Stimmen. „Der Erfolg der Neuausschreibung bemisst sich am Ende daran, ob der Caterer seine veganen oder vegetarischen Gerichte tatsächlich verkauft. Ich habe da meine Zweifel“, sagte der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann. Zwar gebe es eine Nachfrage, sagte er dem Tagesspiegel. „Aber sie lässt sich beim Essen nicht durch Ausschreibungen steuern.“

Auch mit anderen Details der Ausschreibung ist Stegemann nicht zufrieden: „Bedauerlich ist, dass nur zwischen Mai und Oktober mindestens 85 Prozent saisonale Produkte verwendet werden sollen. Das ist keine wirkliche Herausforderung. Wichtiger als ein höherer Bioanteil im Essen ist ein hoher Anteil an regionaler Landwirtschaft. Das hilft den Bauern, der regionalen Wertschöpfung und spart CO₂.“

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