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Fischbrötchen-Freundschaft. Kanzler Olaf Scholz (links) und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron am Dienstag bei der deutsch-französischen Klausur in Hamburg.

© dpa/Reuters/Pool/Fabian Bimmer

Nach der gemeinsamen Kabinettsklausur: Wo es weiter zwischen Berlin und Paris knirscht

Kanzler Scholz zeigte sich zufrieden, Frankreichs Staatschef Macron beschwor nach der Klausur den „Geist von Hamburg“. Doch Knackpunkte zwischen beiden Ländern bleiben.

Man kennt diese Gesten der deutsch-französischen Verbundenheit: Ein gemeinsamer Besuch beim europäischen Flugzeugbauer Airbus, zusammen Fischbrötchen essen und an der Elbe spazieren.

Doch der demonstrative Schulterschluss, den Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Montag und Dienstag in Hamburg bei der Kabinettsklausur beider Länder zeigten, verdeckt kaum die Differenzen zwischen Berlin und Paris.

Dass sich das maritime Ambiente gut für gemeinsame Fotos eignet, wussten schon Gerhard Schröder (SPD) und Jacques Chirac. Die beiden Amtsvorgänger von Scholz und Macron fielen sich 2004 beim Jahrestag des D-Day an der Normandie-Küste in die Arme.

Angela Merkel (CDU) und Nicolas Sarkozy einigten sich 2010 im französischen Deauville auf einen Kompromiss zum Schuldenmachen in der EU.

Heute sehen allerdings Kritiker aus der Opposition wie der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen das deutsch-französische Verhältnis auf einem Tiefpunkt. Tatsächlich gilt das politische Klima zwischen Scholz und Macron seit dem Beginn des Ukraine-Krieges als verbesserungswürdig. Daher auch die Idee einer gemeinsamen Kabinettsklausur, wie man sie sonst auf deutscher Seite von den Treffen auf Schloss Meseberg kennt.

Scholz beteuerte hinterher, dass sich das neue gemeinsame Klausur-Format bewährt habe und fortgesetzt werden solle. Auch Macron beschwor den „Geist von Hamburg“. Allerdings gibt es weiterhin Knackpunkte im Verhältnis beider Länder:

Rüstung

Die Entwicklung des gemeinsamen Kampfpanzers MGCS kommt nur schleppend voran. Das „Main Ground Combat System“ soll ab 2035 den deutschen Leopard und den französischen Leclerc ersetzen. Immerhin haben sich die Heereschefs beider Länder auf die Fähigkeiten verständigt, die der neue Panzer erfüllen muss.

Deutschland hat nach den Worten von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die Führungsrolle bei dem Projekt. Jenseits dieser Festlegung ist aber weiter offen, wie die Aufteilung zwischen Deutschland und Frankreich bei der Lieferung der Bauteile erfolgt.

Strompreis

Auch bei der Diskussion um mögliche staatliche Stromsubventionen gibt es unterschiedliche Sichtweisen: In Berlin wird befürchtet, dass die Regierung in Paris über das neue EU-Strommarktdesign auch die eigene Atomindustrie fördern könnte.

Silas Stein/dpa
In Deutschland wird über einen subventionierten Industriestrompreis diskutiert, Frankreich setzt hingegen auf billigen Atomstrom.

© dpa/Silas Stein

Dass Deutschland vor allem auf den Ausbau erneuerbarer Energie und Frankreich weiterhin auf die Kernkraft setzt, wurde auch bei dem Treffen in Hamburg deutlich. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Dinge gut zueinander passen“, sagte Scholz mit Blick auf den unterschiedlichen Energiemix in den beiden Ländern.

Allerdings hat man in Berlin die Sorge, dass Frankreichs Industrie durch einen günstigeren Strompreis mit dem neuen Strommarktdesign einen Wettbewerbsvorteil bekommen könnte.  Bis Ende des Monats soll nach den Worten von Macron eine deutsch-französische Verständigung über die Reform des europäischen Strommarktes stehen.

Afrika-Politik

Nach den Militärputschen in Mali, Niger und Gabun hat Frankreich als ehemalige Kolonialmacht in Zentral- und Westafrika keinen guten Ruf mehr. Angesichts des Debakels der französischen Afrika-Politik wird nun auch auf EU-Ebene über einen Neuanfang diskutiert.

In Berlin wird allerdings weiter nach einer Antwort auf die Frage gesucht, was die Militärputsche konkret für die deutsche Außenpolitik bedeuten. Nach der Ansicht von Ulrich Lechte, des außenpolitischen Sprechers der FDP-Fraktion, müsse Deutschland bei der Gestaltung der EU-Außenpolitik in der Region künftig eine führende Rolle haben.

Kulturaustausch

Das Goethe-Institut plant die Schließung von drei Standorten in Bordeaux, Lille und Straßburg, während an fünf weiteren Orten in Frankreich die Arbeit fortgesetzt werden soll.

Unterm Strich dürfte sich der schon seit Jahren anhaltende Trend, dass der Erwerb der jeweils anderen Sprache auf beiden Seiten des Rheins rückläufig ist, mit der Entscheidung des Goethe-Instituts noch verschärfen.

Scholz sprach sich am Dienstag zwar dafür aus, dass es auch künftig eine „starke Präsenz“ des Goethe-Instituts in Frankreich geben werde. Er fügte allerdings auch hinzu, dass das Institut unabhängig zur Entscheidung über die Schließung gekommen sei.

Zuvor hatte es aus dem Elysée-Palast geheißen, dass Macron in der Schließung ein „unglückliches Signal“ sehe. 

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