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Sahra Wagenknecht hat gerade ihre neue Partei gegründet – das „Bündnis Sahra Wagenknecht – für Vernunft und Gerechtigkeit“ (BSW).

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Update

Organisator des Geheimtreffens in Potsdam: Wagenknecht hatte jahrelang Kontakt zum Rechtsextremisten Mörig

Die Gründerin der Partei BSW ist mit einem der Initiatoren der rechtsextremen Versammlung in Potsdam bekannt. Von dessen Gesinnung will sie nichts gewusst haben. Nun schließt sie weiteren Kontakt aus.

| Update:

Das Geheimtreffen von Rechten in Potsdam im Oktober 2023, bei dem es um die massenhafte Deportation unter anderem von Asylbewerbern ging, hat massive Empörung ausgelöst und die Debatte über ein AfD-Verbot weiter befeuert. Die Gründerin der Partei BSW, Sahra Wagenknecht, hat nun erklärt, dass sie über einen längeren Zeitraum Kontakt zu einem der Einlader des Treffens hatte – dem bekannten Rechtsextremisten Gernot Mörig.

Dies erklärte die Ex-Linke am Mittwochabend in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“. Von seinem politischen Hintergrund will die heute 54-Jährige bis zu den aktuellen Enthüllungen nichts gewusst haben. Dies berichten unter anderem der „Spiegel“ und „Ntv online“.

Mörig gehört Berichten zufolge gemeinsam mit dem Unternehmer Hans Christian Limmer zu den Initiatoren des Treffens in der Potsdamer Villa Adlon, an dem Mitglieder von AfD, CDU, Werteunion und der Identitären Bewegung sowie weitere Personen teilgenommen hatten. Dabei wurde ein Plan zur Deportation von Asylbewerbern, Ausländern mit Bleiberecht und „nicht assimilierten“ deutschen Staatsbürgern diskutiert.

Ich wusste nicht, dass das ein Rechtsradikaler ist.

Sahra Wagenknecht, Gründerin der Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht – für Vernunft und Gerechtigkeit“

Die Versammlung in Potsdam wurde vom Recherchenetzwerk „Correctiv“ aufgedeckt, das in der vergangenen Woche erstmals darüber berichtete. Bei einer szenischen Lesung hat Correctiv seine Recherchen am Mittwoch im Berliner Ensemble präsentiert. Seit dem vergangenen Wochenende demonstrieren bundesweit Tausende Menschen gegen Rechtsextremismus und die Partei.

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Recherchen der „Zeit“ zufolge gab es vor dem Treffen in Potsdam mindestens sechs weitere Zusammenkünfte. An mindestens einem dieser Treffen soll auch der AfD-Co-Vorsitzende Tino Chrupalla teilgenommen haben. Dieser sagte, er erinnere sich nicht mehr an eine Teilnahme.

In der Sendung am Mittwoch wurde über das Treffen diskutiert; als dabei der Name Mörig fiel, sagte Wagenknecht: „Ich kenne den.“ Mörig habe sich mit ihr 2013 oder 2014 per Mail in Verbindung gesetzt, sagte Wagenknecht. Er habe ihr damals ein Abendessen „mit einem linken deutschen Kabarettisten“ vermittelt und an dem Abend auch selbst teilgenommen, sagte Wagenknecht, die damals noch stellvertretende Fraktionschefin der Linkspartei im Bundestag war. 

Bei dem Kabarettisten handelt es sich offenbar um Volker Pispers, dies ergab sich aus Nachfragen der anderen Gäste der Sendung – geladen waren der stellvertretende Chefredakteur der „Welt“, Robin Alexander, und Correctiv-Reporter Marcus Bensmann.

„Ich wusste nicht, dass das ein Rechtsradikaler ist“, betonte Wagenknecht den Berichten zufolge mit Bezug auf Mörig. „Jetzt werde ich mit diesem Mann keinerlei Kontakte mehr haben.“ Wagenknecht sagte weiter: Dass Mörig ein einschlägiger Rechtsextremist ist, sei ihr erst klar geworden, als sie jetzt von dem Potsdamer Treffen im Oktober gelesen habe.

Mörig führte in den 70er Jahren den rechtsextremen „Bund Heimattreuer Jugend“. Er war früher Zahnarzt in Düsseldorf und Lehrbeauftragter an der dortigen Universität. Nachdem seine völkischen Aktivitäten bekannt wurden, verlor er vor sechs Jahren seine Anstellung. 

Bei einer szenischen Lesung hat Correctiv seine Recherchen am Mittwoch im Berliner Ensemble präsentiert. Im Hintergrund sind auf Fotos Gernot Mörig (links) und Hans Christian Limmer zu sehen.
Bei einer szenischen Lesung hat Correctiv seine Recherchen am Mittwoch im Berliner Ensemble präsentiert. Im Hintergrund sind auf Fotos Gernot Mörig (links) und Hans Christian Limmer zu sehen.

© dpa/Carsten Koall

Martin Sellner, langjähriger Sprecher der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ Österreichs, stellte den Recherchen zufolge bei dem Geheimtreffen in Potsdam einen Plan zur „Remigration“ vor. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang.

Mörig habe sich nach dem Abendessen „immer mal wieder“ bei ihr gemeldet, sagte Wagenknecht. In seinen Mails habe er sie für Auftritte in Talkshows oder Reden im Bundestag gelobt. Sie habe sich dann dafür lediglich bedankt. Der letzte Kontakt habe „vor ein, zwei Jahren“ bestanden. Einen Austausch im Zusammenhang mit der Gründung des BSW habe es nicht gegeben. „Meines Wissens hat er keinen Mitgliedsantrag gestellt“, sagte Wagenknecht.

Mörig sei es vermutlich darum gegangen, Kontakte in Kreise zu bekommen, die sonst nichts mit Rechtsradikalen zu tun hätten: „Dadurch hatte er einen sehr guten Leumund bei mir“, sagte Wagenknecht. „Ich will damit nur sagen: Diese Leute sind offenbar sehr umtriebig in dem Versuch, irgendwie an alle Richtungen Kontakte zu knüpfen.“

Entstanden sei der Kontakt durch Max Otte, so Wagenknecht den Berichten zufolge. Otte war zu dieser Zeit ein bekannter Buchautor und Börsenspezialist. Später rückte er politisch deutlich nach rechts, wurde Vorsitzender der Werteunion und kandidierte 2022 für die AfD für das Amt des Bundespräsidenten. 

Auf die Frage, warum sie überhaupt auf das Vermittlungsangebot für das Pispers-Essen eingegangen sei, antwortete Wagenknecht: „Wenn mir jemand anbietet, dass ich jemanden treffen kann, den ich interessant finde, den ich hochrespektabel finde, dann freut mich das und dann mache ich das.“ (lem)

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