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Gegen den Bundestagsabgeordneten Petr Bystron (AfD) werden schwere Vorwürfe erhoben.

© dpa/Carsten Koall

Update

Russland-Affäre belastet Partei: AfD-Spitze rät Bystron zum Ausstieg aus dem EU-Wahlkampf

Eine tschechische Zeitung bringt den AfD-Bundestagsabgeordneten in Zusammenhang mit prorussischer Propaganda und Geldzahlungen. Die Parteispitze rückt von ihm ab.

| Update:

In der Affäre um angeblich angenommene Gelder aus Russland hat die AfD-Spitze dem AfD-Bundestagsabgeordneten und Europawahlkandidaten Petr Bystron nahegelegt, aus dem laufenden Europa-Wahlkampf auszusteigen.

Da Bystron nicht mehr von der Wahlliste der AfD zum Europaparlament gestrichen werden könne, solle er nach der Wahl außerdem zum Mandatsverzicht gedrängt werden, wenn er die Vorwürfe nicht aus der Welt räumen könne, berichtete die „Bild“-Zeitung unter Berufung auf Parteikreise.

Die AfD-Führung hatte Bystron eine Frist bis Donnerstag um 14.00 Uhr gesetzt, um die Korruptionsvorwürfe aus dem Weg zu räumen.

Die Partei- und Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla hatten von Bystron eine schriftliche Stellungnahme eingefordert. Es gehe darum, „sämtliche Vorwürfe zweifelsfrei ausräumen und von Seiten des Bundesvorstandes unserer Partei entsprechend reagieren zu können“.

In dem Schreiben an Bystron verwiesen Weidel und Chrupalla darauf, dass gegen ihn seitens verschiedener Medien mehrfach Vorwürfe im Zusammenhang mit der tschechischen prorussischen Internetplattform „Voice of Europe“ erhoben wurden.

Berichten des „Spiegel“ und der tschechischen Zeitung „Denik N“ zufolge soll Bystron Geld aus einem mit dem Portal zusammenhängenden prorussischen Netzwerk erhalten haben. Bystron wies die Vorwürfe zurück.

„Zu keinem Zeitpunkt habe ich von einem Mitarbeiter von ‚Voice of Europe‘ (oder irgendeinem Russen) Geldzahlungen oder Kryptowährungen bekommen“, zitierte die „Welt“ am Donnerstag aus der Stellungnahme Bystrons zu den Vorwürfen.

AfD-Spitzenkandidat Krah will nicht mehr mit Bystron auftreten

Der AfD-Spitzenkandidat zur Europawahl, Maximilian Krah, erklärte gegenüber der „Bild“, er wolle mit Bystron nicht mehr im Wahlkampf auftreten. „Der Petr und ich sind ja alte politische Weggefährten und Freunde. Er tut mir wirklich leid gerade: Da sind Vorwürfe im Raum, gegen die er sich nicht verteidigen kann, weil er die Beweise nicht kennt.“

Maximilian Krah, AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl, am 1. April bei einer Kundgebung auf dem Dresdner Schlossplatz.
Maximilian Krah, AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl, am 1. April bei einer Kundgebung auf dem Dresdner Schlossplatz.

© dpa/Sebastian Kahnert

Zunächst jedoch müsse Bystron den Fall klären. Solange das nicht geschehen sei, „wäre es unklug von mir, mit ihm aufzutreten“, sagte Krah weiter.

Bereits am Donnerstag hatte Krah seinem Parteikollegen einen Verzicht auf Auftritte im Europawahlkampf nahegelegt. „Petr Bystron sollte bis zur Klärung der im Raum stehenden Vorwürfe keine Wahlkampfauftritte absolvieren“, sagte Krah der „Welt“.

Bystron soll auf eine tschechische Sanktionsliste gesetzt worden sein

Die tschechische Zeitung „Denik N“ hatte unter Berufung auf Geheimdienstkreise berichtet, Bystron stehe im Verdacht, mit der prorussischen Internetplattform „Voice of Europe“ in Kontakt gestanden zu haben.

Das Portal „Voice of Europe“ hatte unter anderem Interviews mit den AfD-Politikern Maximilian Krah und Petr Bystron verbreitet, die auf den ersten beiden Plätzen der Kandidatenliste der AfD zur Europawahl stehen.

Das Kabinett in Prag hatte am Mittwoch vergangener Woche entschieden, Betreiber und Hintermänner der Internetplattform wie den Putin-Vertrauten Wiktor Medwedtschuk auf die nationale Sanktionsliste zu setzen.

Möglicherweise habe Bystron Geld aus dem Umfeld der russischen Regierung entgegengenommen. Auf der Kabinettssitzung soll Bystrons Name gefallen sein, wie die Zeitung unter Berufung auf mehrere Minister berichtete.

Die Berichterstattung von „Denik N“ nennt Bystron in seinem Schreiben demnach „sehr nebulös“. Es sei „Blödsinn“, dass er „Geld von den Russen genommen“ habe, „um Putin-Propaganda zu betreiben“. Bystron spricht demnach von „Verleumdung“ und einer „auf falschen Anschuldigungen aufgebauten Kampagne“.

Geheimdienst will Audioaufnahmen nicht veröffentlichen

Ein nicht genanntes Regierungsmitglied sagte demnach mit Bezug auf Bystron unter Berufung auf den Inlandsgeheimdienst BIS: „Sie können die Übergabe von Geld als Audio belegen.“

Der BIS plant vorerst nicht, etwaige Audioaufnahmen an die Öffentlichkeit zu bringen. „Allgemein gilt, dass es sich um Geheimdienstmaterial handeln würde, das wir nicht veröffentlichen“, teilte ein Sprecher am Donnerstag in Prag auf Anfrage zum Fall des AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron mit. Es sei unter Geheimdiensten auch nicht üblich, derartiges Material anderen Staaten zur Verfügung zu stellen. Die Kollegen eines deutschen Nachrichtendienstes hätten davon abgesehen „vergleichsweise umfangreiche Informationen“ zu dem Fall erhalten. „Es liegt dann an ihnen oder den staatlichen Organen, wie man gegenüber der Öffentlichkeit auftritt“, hieß es.

Weitere Einzelheiten wollte der BIS-Sprecher nicht bekanntgeben, weil es sich nach seinen Angaben um einen aktiven Fall handelt, an dem mehrere europäische Geheimdienste arbeiten.

FDP und Grüne fordern Aufklärung im Fall Bystron

Bystron hatte der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag gesagt, es handele sich „um unbewiesene Anschuldigungen und Behauptungen“. Demnach müsse der tschechische Geheimdienst „die angeblichen Mitschnitte endlich veröffentlichen, damit Klarheit herrscht“. Und: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen.“

Den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte er: „Ich habe kein Geld angenommen, um prorussische Positionen zu vertreten.“ Seinen Angaben zufolge soll es am kommenden Montag auch ein persönliches Gespräch mit der Parteispitze geben.

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) sagte den Funke-Zeitungen: „Dass es unter den AfD-Spitzenvertretern solche gibt, deren Russland-Liebe weiter geht, als es als deutscher Abgeordneter politisch vertretbar ist, ist bekannt.“

Wenn die Berichte über illegale Machenschaften stimmen sollten, werde Bystron die Konsequenzen eines funktionierenden Rechtsstaates spüren. „Es wäre sicherlich hilfreich und ratsam, wenn er selber beziehungsweise seine Partei diesen Sachverhalt selbst aufklären würden.“ 

Auch der Vizechef der Grünen-Bundestagsfraktionn und Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Konstantin von Notz, hatte in der „taz“ Aufklärung gefordert. „Es stehen gravierende Vorwürfe im Raum. Wir erwarten, dass der Sachverhalt genauestens aufgeklärt wird und auch alle strafrechtlichen Aspekte zügig geprüft werden“, sagte von Notz dem Blatt.

SPD warnt vor Sicherheitsrisiko

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), warnte angesichts der Vorwürfe gegen Bystron vor einem möglichen schwerwiegenden Sicherheitsrisiko. „Als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses hatte Herr Bystron Zugang zu geheimen Informationen. Sollten die gegen ihn erhobenen schwerwiegenden Vorwürfe der Käuflichkeit zutreffen, wäre der AfD-Abgeordnete ein massives Risiko für die Sicherheit unseres Landes“, sagte Roth der Nachrichtenseite „Zeit Online“ am Donnerstag. „Die im Raum stehenden Vorwürfe gegen den Abgeordneten Bystron sind schwerwiegend und müssen lückenlos aufgeklärt werden“, ergänzte der SPD-Politiker.

Dass AfD-Abgeordnete „in Deutschland ohne Skrupel als Putin-Knechte auftreten, ist auch so schon unerträglich“, sagte Roth. „Sollten dafür im Gegenzug auch noch Geldzahlungen aus Russland geflossen sein, so ist das ein ungeheuerlicher Skandal, der nicht ohne Konsequenzen bleiben darf.“ Roth betonte: „Ein Abgeordneter von Putins Gnaden - was für eine Schande für unser Land.“

Vorermittlungen in Affäre um prorussische Desinformation und Bystron

In der Affäre hat die Generalstaatsanwaltschaft München ein sogenanntes Vorermittlungsverfahren angelegt. Die Anklagebehörde betont, dass sich daraus nicht auf einen Anfangsverdacht schließen lasse.

Vorermittlungen sind gesetzlich nicht geregelt und werden oft routinemäßig aufgenommen, in diesem Fall begründete die Staatsanwaltschaft die Prüfung mit „der aktuellen Berichterstattung“. (dpa, AFP)

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