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Abgekühltes Verhältnis: Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump, hier beim G7-Gipfel in Frankreich.

© Michael Kappeler/dpa

Umfrage zum Verhältnis von Deutschland und den USA: Bei der Sicherheitspolitik werden die Differenzen deutlich

Die transatlantischen Beziehungen sehen Amerikaner und Deutsche in etwas besserem Zustand als noch ein Jahr zuvor. Aber es gibt große Unterschiede.

Drei Jahre mit Donald Trump im Weißen Haus belasten und verändern das Verhältnis zwischen den USA und Deutschland nachhaltig. Die Kanzlerin war schon lange nicht mehr in Washington - und Angela Merkel wird wohl auch nicht mehr vorbeischauen, so lange sie im Amt ist. Genauso wie ein offizieller Staatsbesuch des US-Präsidenten in Deutschland derzeit eher unwahrscheinlich ist. Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern sind vor allem im Vergleich zu den Jahren unter Trumps Vorgänger Barack Obama deutlich abgekühlt.

Aber es gibt Hoffnung. So zeigt eine neue Studie des Pew Research Centers in Washington und der Körber-Stiftung in Hamburg, dass die Jungen in beiden Ländern wieder optimistischer auf die transatlantischen Beziehungen schauen. Auch wenn das nicht bedeutet, dass Streitfragen wie die Höhe der Verteidigungsausgaben oder das Verhältnis zu China und Russland besonders an Brisanz verloren haben.

Der Studie zufolge halten 82 Prozent der Amerikaner zwischen 18 und 29 Jahren die Beziehungen für "gut", im Vergleich zu 73 Prozent der über 65-Jährigen. Auch auf deutscher Seite finden immerhin noch vier von zehn aus dieser Altersgruppe das Verhältnis "gut" - und nur 31 Prozent der Älteren.

Generell bewerten die Amerikaner den Zustand der Beziehungen deutlich besser (drei Viertel der Befragten sehen diese positiv, ein Anstieg von sieben Prozentpunkten seit 2017), als dies die Deutschen tun (34 Prozent). Aber die Meinungsforscher weisen darauf hin, dass noch ein Jahr zuvor lediglich 24 Prozent der Deutschen die Einschätzung geäußert hatten, dass das Verhältnis ein gutes ist. Es geht also etwas aufwärts.

Große Differenzen beim Thema Nato

Große Unterschiede lassen sich aber weiterhin beim Thema Sicherheits- und Verteidigungspolitik feststellen. So sträubt sich beispielsweise die Mehrheit der Deutschen gegen die Auffassung, dass ihr Land einem Nato-Bündnispartner im Falle eines russischen Angriffs beiseite stehen soll: 60 Prozent sind dagegen.

In den USA verhält es sich genau umgekehrt: Sechs von zehn Amerikanern sprechen sich dafür aus, dass die USA ihren Nato-Verpflichtungen aus Artikel 5 nachkommen und ihre Partner notfalls auch mit militärischen Mitteln verteidigen. Interessant ist, dass knapp zwei Drittel der Deutschen selbstverständlich davon ausgehen, dass die USA genau dies tun.

Wenig überraschend ist, dass 78 Prozent der Amerikaner der These zustimmen, dass militärische Maßnahmen im Zweifelsfall erlaubt sein müssen, aber nur weniger als die Hälfte der Deutschen. In beiden Ländern teilen diese Auffassung eher Konservative als Liberale beziehungsweise dem linken Spektrum zugehörige Parteien.

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Junge Deutsche sehen die US-Präsenz kritisch

Obwohl Präsident Trump seit seinem Amtsantritt ständig Druck auf die Europäer und hier vor allem die Deutschen macht, mehr Geld für Verteidigung auszugeben, sind die Hälfte seiner befragten Landsleute der Meinung, dass die europäischen Militärausgaben angemessen sind. Nur 35 Prozent fordern eine Erhöhung, für neun Prozent könnten sie sogar gesenkt werden. Noch 2017 wollten 45 Prozent, dass die Europäer mehr in ihre nationalen Verteidigungskapazitäten investieren.

Auch in Deutschland findet hier angesichts der intensiven Debatte um das Zwei-Prozent-Ziel der Nato offenbar ein Umdenken statt: War 2017 noch gut die Hälfte der Bundesbürger mit dem eigenen Verteidigungsetat zufrieden, sind es nun nur noch 41 Prozent. Die Bundesregierung hat wie die anderen Nato-Mitglieder zugesagt, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigungsausgaben aufzuwenden. Nach monatelangen Vorwürfen von Seiten Trumps gibt es nun die Zusage Berlins, dieses Ziel im Jahr 2031 zu erreichen.

Unterschiede gibt es auf beiden Seiten des Atlantiks auch bei der Frage, wie bedeutsam die amerikanische Militärpräsenz in Deutschland für die eigene Sicherheit ist. 85 Prozent der Amerikaner halten dies für wichtig, 56 Prozent sogar für sehr wichtig. In Deutschland wiederum sehen dies lediglich rund die Hälfte der Befragten so, 45 Prozent widersprechen, dass das stationierte US-Militär einen besonderen Schutz bedeute. Vor allem jüngere Deutsche sind hier skeptisch.

Russland spaltet

Beim Blick auf die außenpolitischen Partner unterscheiden sich Amerikaner und Deutsche ebenfalls. Für die USA steht Großbritannien ganz oben, vor China und Kanada. Deutschland folgt erst an fünfter Stelle, hinter Israel. Lediglich 13 Prozent der befragten Amerikaner gaben an, Deutschland sei der wichtigste oder zweitwichtigste außenpolitische Partner der USA.

Für die Deutschen bleibt Frankreich mit großem Vorsprung (60 Prozent) vor den USA (42 Prozent) der wichtigste Verbündete. Danach folgen China, Russland und Großbritannien.

Wenn die Befragten entscheiden sollen, ob sie Russland dem transatlantischen Partner vorziehen, wählen knapp zwei Drittel der Amerikaner die Deutschen, umgekehrt tun dies nur 39 Prozent der Bundesbürger (25 Prozent ziehen Russland vor, 30 Prozent finden beide Länder gleich wichtig). Die Ostdeutschen neigen sogar mehrheitlich Russland zu (38 Prozent zu 23 Prozent). Im Westen ziehen 43 Prozent die USA vor, 21 Prozent Russland.

Wird diese Frage mit Blick auf China gestellt, stehen wiederum die Deutschen eher zur transatlantischen Partnerschaft als die Amerikaner.

Für die Studie befragte das Pew Research Center zwischen dem 17. und dem 22. September 2019 insgesamt 1004 Erwachsene in den USA. Die Körber-Stiftung führte eine ähnlich Erhebung zwischen dem 9. und dem 28. September in Deutschland durch.

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