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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Kanzler Olaf Scholz (SPD) vor der Sitzung des Kabinetts in Berlin.

© action press/Henning Schacht

Vermurkstes Heizungsgesetz: Maximaler Schaden auf allen Ebenen

Dass das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgebungsprozess im Eilverfahren gestoppt hat, ist richtig. Und bietet eine Chance.

Ein Kommentar von Christian Tretbar

Für den Grünen Robert Habeck ging es gut los. Er war so etwas wie der Shooting-Star der Ampel, beliebt, kommunikativ und irgendwie modern. Ein nachdenklicher Macher, der Deutschland gut durch die Energiekrise nach Beginn von Russlands Krieg gegen die Ukraine führte. Dass damals die Lichter nicht ausgingen, hing auch mit seinem Pragmatismus zusammen.

Dann kam der Bruch. Habeck schaltete bei der Wärmewende von Pragmatismus auf Ideologie und verlor die politische Kontrolle. Dass im März erste Pläne des Heizungsgesetzes durchgestochen wurden, gehört zum politischen Geschäft. Aber alles, was danach folgte, war geprägt von handwerklichen und kommunikativen Fehlern, von politischer Instinktlosigkeit und letztlich auch von einer gewissen Form der Arroganz.

Wie konnte das passieren? Selbst Grüne rätseln darüber. Habeck hat die Gefahr des Leaks nicht erkannt und viel zu lange zugeschaut, anstatt gegenzusteuern. Denn es war klar, dass sich schnell ein Narrativ durchsetzen würde, wonach alle im nächsten Jahr ihre Heizungen herausreißen und neue, ökologische Heizungen einbauen müssten – und zwar auf eigene Kosten. Das war so zwar nie geplant, aber Politik besteht eben aus Wahrheiten und Wahrnehmungen.

Aber nicht nur Habeck, sondern auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) und FDP-Chef Christian Lindner tragen die Verantwortung für das politische Desaster, in das sich die Ampel manövriert hat.

Die Hoffnung, dass die Menschen das Gesetz vergessen würden, war naiv

SPD und FDP witterten erst mal die Chance, den grünen Liebling der Nation im Regen stehenzulassen. Die FDP schaltete auf innerkoalitionäre Opposition um und heizte damit die Stimmung im Land weiter an. Die SPD und ihr Kanzler wiederum schauten nur zu. Erst als der öffentliche Druck so groß war, dass man die Debatte nicht weiter ausufern lassen konnte, sollte plötzlich alles ganz schnell gehen.

Im Hauruckverfahren durch den Bundestag, Hauptsache Strich unter das vermaledeite Gesetz – verbunden mit der Hoffnung, dass die Angst besetzten Heizungspläne aus der Debatte verschwinden und damit aus den Köpfen der Menschen. Auch, damit das alles in den bevorstehenden Landtagswahlkämpfen keine Rolle mehr spielen würde.

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Diese Hoffnung war naiv, sie wäre auch dann nicht in Erfüllung gegangen, wenn das Gesetz hätte vor den Parlamentsferien verabschiedet werden können. Denn das Heizungsgesetz ist längst zur Chiffre für eine Politik geworden, die sich wenig um die konkreten Sorgen und Ängste der Menschen kümmert und zu viel von oben verordnet.

Und nun hat das Bundesverfassungsgericht noch einen obendrauf gesetzt. Der Schaden ist groß und ob sich die Ampel davon noch mal erholen wird, ist unklar.

Das Ergebnis ist desaströs, für die Stimmung im Land und die Ziele des Gesetzes

Dass die Koalition es nicht geschafft hat, ein zentrales Gesetz sauber aufzusetzen, gesellschaftliche Zustimmung dafür zu gewinnen und es in einem ordentlichen parlamentarischen Verfahren auf den Weg zu bringen, ist desaströs. Und zwar für die Stimmung in der Gesellschaft. Denn dort herrscht ohnehin der Gedanke, dass hier ein Gesetz durchgepeitscht werden soll, was Teile der Bevölkerung offen ablehnen, andere mindestens skeptisch bis sorgenvoll betrachten. Es stärkt das Misstrauen in die Politik und die Entfremdung von der repräsentativen Demokratie.

Was kommt jetzt auf die Ampel zu? Vizekanzler und Kanzler im Angesicht.

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Und es ist desaströs für das Klima, um das es ja eigentlich bei dem Gesetz gehen soll. Denn natürlich ist es richtig, darüber nachzudenken und konkrete Gesetze dafür zu erarbeiten, wie wir künftig klimafreundlicher heizen können – oder auch sollen. Doch die misslungene Debatte um die Heizungspläne haben der Akzeptanz der Klimapolitik insgesamt mehr geschadet als geholfen. Sie sind kein Booster für das Klima, wohl aber für die Umfragewerte der AfD.

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Dass das Gericht den Express-Gesetzgebungsprozess nun erst mal gestoppt hat, ist absolut richtig. Immer mehr Gesetze werden in Eilverfahren durch das Parlament gepeitscht. Es ist ein Unding, dass Abgeordnete kaum die Chance haben, Themen noch richtig zu durchdringen und zu verstehen, bevor sie darüber entscheiden. Natürlich muss es möglich sein, schnell zu entscheiden, wenn es um eine unmittelbare Gefahrenabwehr geht – egal ob es eine gesundheitliche, finanzielle oder sicherheitspolitische Gefahr ist. Es darf aber nicht zur Regel werden.

Deshalb ist es gut, dass das Parlament jetzt mehr Zeit hat. Und die Koalition sollte das als Chance begreifen, den Menschen genau zu erklären, was wann auf sie zukommt – und warum. Eine Erfolgsgeschichte wird das alles wohl nicht mehr, aber es könnte befrieden. Und das würde dem gesellschaftlichen Klima helfen.

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