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Neue Einigkeit: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne, l.) und Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Donnerstag in Potsdam.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Kriegsbeil auf Pressekonferenz begraben: Schulterschluss von Woidke und Habeck zum Kohleausstieg

PCK-Schwedt, Kohleausstieg: Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gerieten regelmäßig aneinander. Plötzlich herrscht Eintracht.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hält nichts mehr von Vorgaben der Politik, den Ausstieg aus der Lausitzer Braunkohle von 2038 auf 2030 vorziehen. Das hatte er selbst mehrfach gefordert. Doch nach einem Treffen mit Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) schlug Habeck am Donnerstag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in der Staatskanzlei neue Töne an. Überhaupt demonstrierten beide eine unerwartete Annäherung, frühere Konflikte in der Energiepolitik wurden entschärft.

Ist es dann so, dass wir bei 2038 bleiben, dass wir es ein bisschen vorziehen oder dass man 2030 erreicht? Da bin ich geduldig.

Robert Habeck, Grüne, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz

„Die Debatte um den Kohleausstieg, die wie ein Elefant im Raum steht, sollte sich nach der Wirklichkeit richten“, erklärte Habeck nun. Es müsse vielmehr darum gehen, die Voraussetzungen für den Ausstieg zu schaffen, etwa den Aufbau eines neuen Wasserstoff-Pipelinenetzes, von erneuerbaren Energien. „Ist es dann so, dass wir bei 2038 bleiben, dass wir es ein bisschen vorziehen oder dass man 2030 erreicht? Da bin ich geduldig“, erklärte Habeck. Das könne man davon abhängig machen, ob die Voraussetzungen geschaffen seien.

Das ist die bisherige Linie der von Woidke geführten Kenia-Regierung aus SPD, CDU und Grünen in Brandenburg. Bei dem mit Spannung erwarteten einstündigen Treffen im Rahmen der Bundesländer-Reisen Habecks standen durchaus heiße Eisen auf der Tagesordnung. Woidke hatte Habeck mehrfach hart attackiert, ob zur Zukunft der PCK-Raffinerie Schwedt oder auch in der Kohleausstiegsdebatte über einen Vorziehen auf 2030. Noch letzte Woche hatte Woidke öffentlich erklärt: „Wir warten seit zwei Jahren auf klare Aussagen von Bundesminister Habeck zu den Bedingungen für einen früheren Ausstieg. Bisher gibt es dazu nichts.“

Habeck zeigte sich beeindruckt

Habeck äußerte Verständnis für diese Forderung. „Es ist richtig, was der Ministerpräsident sagt: Es muss Bedingungen geben“, so der Bundesminister. „Und wir wollen diese Bedingungen schaffen.“ Er zeigte sich beeindruckt, wie das Lausitzer Bergbauunternehmen LEAG in die Energiewende investieren will, in Solar- und Grünstrom und Wasserstoff investiert, sieben Gigawatt. Das sei eine echte Nummer. Der Rest sei „eine ökonomische Überlegung, die vor allem der Konzern anstellen muss“, so Habeck. Wann lohne sich der Betrieb der Braunkohlekraftwerke nicht mehr.

Im Zuge der Energiekrise waren letzten Winter zwei bereits abgeschaltete Blöcke des Braunkohlekraftwerkes Jänschwalde vorübergehend in Betrieb genommen worden, was im Juni ausläuft. Sie bleiben aber in Reserve, sagte Habeck. Er rechne damit, dass sie im nächsten Winter erneut angeschaltet werden.

Ganz auf einer Linie waren Habeck und Woidke auch bei den Netzentgelten, die bislang allein in den Ländern fällig werden, in denen die Wind- oder Solarparks errichtet und an die Netze angebunden werden. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Bundesländer mit dem höchsten Ausbaustand bei erneuerbaren Energien mit den höchsten Strompreisen bestraft werden“, sagte Woidke.

Reform der Netzentgelte

Das ist eine Position, die Habeck schon als früherer Umweltminister in Schleswig-Holstein vertreten hatte. Dass bislang die Strompreise in Regionen durch den Ausbau erneuerbarer Energien höher sind, sei „ökonomisch unsinnig und gesellschaftlich auch nicht richtig“, so Habeck. „Wir werden mit den anderen Bundesländern über eine Reform der Netzentgelte reden müssen.“ Das sei lange nicht angepackt worden. Er sei „halb hoffnungsvoll“, dass die Bereitschaft wachse. Als Begründung führte Habeck an, dass jetzt alle Bundesländer ihren Beitrag beim Ausbau der erneuerbaren Energien leisten müssen. Denn die Zwei-Prozent-Verpflichtung für Windkraft gelte für alle. Die Problemstellung werde sich bundesweit abbilden. „Doch insgesamt hat der Ministerpräsident recht: Es muss ein Vorteil sein für die Regionen, für die Menschen, dass sie sich an diesem Transformationsprojekt beteiligen, und kein Nachteil.“

Und auch zur PCK-Raffinerie in Schwedt, die seit Jahresbeginn ohne Öl aus Russland arbeitet, gibt es keinen Dissens mehr. Die Auslastung habe sich auf 75/80 Prozent verbessert, die Situation sei stabil, lobte der Regierungschef. „Bisher hat es gut geklappt“, sagte Habeck, der sich ausdrücklich beim Land Brandenburg für das „Gemeinschaftswerk“ bedankte. Gegenüber dieser Zeitung resümierte Woidke das Habeck-Treffen so: „Ich bin zufrieden.“

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