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Hanna Große Holtrup (l.) und Alexandra Pichl wurden erneut als Parteivorsitzende der brandenburgischen Grünen gewählt.

© dpa/Patrick Pleul

Führungsduo auf Landesparteitag wiedergewählt: Brandenburgs Grüne im Verteidigungsmodus

Die märkischen Grünen rechnen mit schwierigen Wahlkämpfen und Gegenwind. Auseinandersetzungen mit den Koalitionspartnern gibt es vor allem in der Migrationspolitik.

Die kraftvollste Rede, so scheint es lange auf diesem Grünen-Parteitag in Frankfurt (Oder), wurde gleich am Anfang gehalten. Von einem Linken. Oberbürgermeister René Wilke begrüßt die Brandenburger Grünen am Samstag zu ihrer Landesdelegiertenkonferenz in der Oderstadt. Verteidigt sie gegen Angriffe. „Ich habe euch noch nie gewählt“, sagt er. „Aber ich bin verdammt froh, dass es euch gibt.“

Dann fordert Wilke, der während einer rot-roten Regierung Landtagsabgeordneter war, weniger gegenseitiges Diskreditieren. Es ist klar, wen er meint: SPD und CDU, die im Jahr vor den Kommunal- und Landtagswahlen dazu übergehen, angesichts der Rekord-Umfragewerte für die AfD die Kenia-Partnerschaft der eigenen Profilierung zu opfern.

Ich habe euch noch nie gewählt, aber ich bin verdammt froh, dass es euch gibt.

René Wilke (Linke), Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder) beim Grünen-Parteitag

Besonders CDU-Landes- und Fraktionschef Jan Redmann, designierter Spitzenkandidat für die Landtagswahl, fährt den Konfrontationskurs gegen den kleinsten Koalitionspartner. Tags zuvor will er den Grünen ihr To-do ins Hausaufgabenheft diktieren. „Ich würde es sehr begrüßen, wenn die Grünen ihren Parteitag nutzen, um ihren Kurs in der Migrationspolitik zu korrigieren“, schreibt er am Freitag in einer Pressemitteilung. Während der Parteitag läuft, wird die nächste Mitteilung verschickt: Die CDU weite ihre Unterschriftenaktion zu stationären Grenzkontrollen aus.

Vorsitzende wiedergewählt

„Wir sind mit immer neuen populistischen Forderungen aus den anderen Parteien konfrontiert“, sagt die Landesvorsitzende Hanna Große Holtrup (25) beim Parteitag unter dem Motto „Demokratie verteidigen!“ Die Umstellung von Geld- auf Sachleistungen für Asylbewerber und stationäre Grenzkontrollen zu Polen seien populistische Antworten, die vermeintlich schnelle Lösungen für das Migrationsproblem versprächen.

Stattdessen müsse aber die Integration von Asylsuchenden auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt verbessert werden, sagt die 25-Jährige, die am Samstag mit 88 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt wurde. Die 45-jährige Alexandra Pichl aus Kleinmachnow wurde mit 80,8 Prozent als Co-Vorsitzende wiedergewählt. Weitere Bewerber gab es nicht.

„Wir haben die verdammte humanitäre Pflicht, die vor Krieg und Verfolgung fliehenden Menschen aufzunehmen und ihnen zu helfen“, betont auch Verbraucherschutzstaatssekretärin Antje Töpfer, die Spitzenkandidatin der Grünen für die Landtagswahl werden will, mit ihrer Rede aber nur etwa die Hälfte der 140 Delegierten zu stehendem Applaus motiviert. Es offenbart sich, was für die Grünen im Wahlkampf zum Problem werden dürfte: Ihnen fehlt bekanntes Spitzenpersonal, das rhetorisch überzeugen und in die Inhalte grüner Politik trotz populistischem Gegenwind vermitteln kann.

Antje Töpfer, Gesundheitsstaatssekretärin und designierte Spitzenkandidatin der Grünen, beim Landesparteitag.

© dpa/Patrick Pleul

Die Stimmung in der Messehalle dreht erst, als Sozialministerin und Vize-Ministerpräsidentin Ursula Nonnemacher sowie Umweltminister Axel Vogel, sprechen. Energisch, sachlich, aber auch selbstkritisch. „Der Hang zum Dozieren ist uns manchmal nicht fremd“, sagt Nonnemacher. „Das ersetzt nicht die empathische Ansprache.“ Die Grünen, alle demokratischen Parteien, dürften ihre Verankerung vor Ort nicht verlieren. „Wir müssen präsent sein“, sagt Nonnemacher, auch wenn das für eine Partei mit landesweit nur 2670 Mitgliedern nicht leicht sei.

„Wir sind nicht in diese Koalition eingetreten, um aus Furcht vor der Gesellschaft den Rückwärtsgang einzulegen“, betont Vogel und hebt Erfolge grüner Umweltpolitik hervor. So habe Brandenburg als erstes Land eine Niedrigwasserstrategie entworfen. Nach beiden Reden gibt es viel Applaus. Doch Nonnemacher und Vogel, 66 und 67 Jahre alt, wollen nach der Landtagswahl nicht mehr antreten.

Zuspruch von Brandenburgs bekanntester Grünen, Außenministerin Annalena Baerbock, können die Delegierten am Samstag nicht bekommen. Die Potsdamerin ist nach dem Angriff der Hamas auf Israel in Nahost und nicht im nahen Frankfurt (Oder).

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