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Die Lunapharm-Geschäftsführerin Susanne Krautz-Zeitel am Freitag im Landgericht Potsdam. Die Brandenburgerin bestreitet alle Vorwürfe.

© dpa/Bernd settnik

Prozess um illegalen Handel mit Krebsarzneien: Die nette Brandenburger Geschäftsfrau von nebenan

Ein Medikamentenskandal führte vor fünf Jahren zum Rücktritt von Brandenburgs Gesundheitsministerin. Vor Gericht wehrt sich nun die Geschäftsführerin von Lunapharm gegen die Vorwürfe.

Das Bild, das Susanne Krautz-Zeitel von sich zeichnet, ist das der netten, unbescholtenen Geschäftsfrau von nebenan. Einer bodenständigen Brandenburgerin, beliebt bei den Nachbarn. Die es dank solider Ausbildung und Hilfe der Familie geschafft hat, im knapp 30.000 Einwohner zählenden Blankenfeld-Mahlow unweit Berlins eine Firma aufzubauen, die auch auf dem internationalen Markt reüssierte. Ein „mittelständisches Familienunternehmen“, so Krautz-Zeitel, mit einem Jahresumsatz von 25 bis 30 Millionen Euro. Bis der „angebliche Skandal“, wie sie es ausdrückt, über sie hereinbrach und ihre berufliche Existenz zerstört habe.

Es ist der zweite Prozesstag zur juristischen Aufarbeitung einer Affäre, die vor fünf Jahren die Hauptstadtregion erschütterte und Wellen in ganz Deutschland schlug. Eines Skandals um den mutmaßlich illegalen Handel mit Krebsarzneien, der vom ARD-Magazin „Kontraste“ aufgedeckt wurde und schließlich zum Rücktritt von Brandenburgs Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) führte. Ihr war schlechtes Krisenmanagement vorgeworfen worden und eine Wagenburgmentalität in einem Fall, der das Vertrauen vieler Krebspatienten und ihrer Angehöriger erschütterte.

Susanne Krautz-Zeitel kämpft am Freitag vor der 4. Strafkammer des Landgerichts Potsdam mit offenem Visier. Gegen vollständige Namensnennung und unverpixelte Bilder habe sie nichts einzuwenden. Schließlich, so ihre Darstellung in einer langen Einlassung, sitze sie zu Unrecht auf der Anklagebank. „Ich bin überzeugt, dass ich mich nicht rechtswidrig verhalten habe“, sagte die 56-Jährige, die nach dem Abitur 1985 in Cottbus dort zunächst in einer Apotheke arbeitete, ehe sie in Halle und Leipzig ein Studium zur Pharmazie-Ingenieurin absolvierte. Und sich schließlich 2006 als Pharmahändlerin selbständig machte, mit einem Schwerpunkt auf onkologischen Präparaten.

Zu keinem Zeitpunkt gab es eine Gefährdung für die Patienten.

Susanne Krautz-Zeitel, Lunapharm-Geschäftsführerin

Vor Gericht betont die Geschäftsführerin, dass sie nur mit den erforderlichen Genehmigungen Handel mit günstigen Arzneimitteln aus dem EU-Ausland betrieben habe. Sogenannten Parallelhandel, der gängig und politisch gewollt ist, weil sich so die Behandlungskosten senken ließen. Die Medikamente seien in allen Fällen vollkommen in Ordnung und wirksam gewesen. „Zu keinem Zeitpunkt gab es eine Gefährdung für die Patienten“, versicherte die Angeklagte. Kühlketten für die empfindlichen Medikamente etwa seien eingehalten worden.

Ein Urteil in dem Mammutprozess könnte Anfang März fallen

Die Anklage hingegen wirft der Geschäftsführerin vor, zwischen 2015 und 2018 Medikamente über eine Apotheke in Griechenland bezogen und in Deutschland vertrieben zu haben, obwohl diese Apotheke keine Großhandelserlaubnis hatte. Das Landesgesundheitsamt hatte diesen Handel im Mai 2017 verboten. Dennoch seien bis Juli 2018 weitere Lieferungen von Lunapharm bezogen worden – verschleiert über Rechnungen eines Großhändlers aus Zypern. „Aus meiner Sicht ist hier nichts getäuscht worden“, betonte Krautz-Zeitel.

Im Zentrum der aus Anklagesicht unsauberen Handelswege steht der in Hessen lebende Deutsch-Ägypter Mohamed H., der Lunapharm die Geschäfte mit der griechischen Apotheke vermittel haben soll und im Zuge eines großen Medikamentenskandals in Griechenland ins Visier der dortigen Ermittler geraten war. Es ging um den Handel mit teils aus Krankenhäusern gestohlenen Medikamenten und die Nichteinhaltung von Kühlketten.

Mohamed H., den Krautz-Zeitel am Freitag „einen väterlichen Freund“ nannte, sollte mit ihr auf der Anklagebank sitzen. Doch das Verfahren wurde wegen dessen schlechten Gesundheitszustands abgetrennt und ruht vorerst. Für den Prozess gegen Krautz-Zeitel und einen mutmaßlichen Mittäter, einen Anwalt aus Hessen, sind 18 weitere Prozesstage angesetzt. Ein Urteil könnte Anfang März fallen.

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