zum Hauptinhalt
Da freut sich der Trainer. Nach einer schwierigen Transferphase hat Pal Dardai (links) inzwischen viele personelle Optionen.

© IMAGO/Jan Huebner

Qualität setzt sich durch: Der Aufschwung von Hertha BSC ist kein Zufall

Nach dem verkorksten Saisonstart hat sich Hertha BSC in der Tabelle peu à peu nach oben gearbeitet. Das liegt auch in der Stärke des renovierten Kaders begründet.

Im Fußball ist es so etwas wie ein ungeschriebenes Gesetz, den Blick nicht allzu weit schweifen zu lassen: am liebsten nur von Spiel zu Spiel schauen und sich vor allem nicht damit beschäftigen, was die Konkurrenz gerade veranstaltet.

Im Fall von Hertha BSC aber sollte ein Blick auf die Konkurrenz ausnahmsweise erlaubt sein. Erst recht am Ende eines Wochenendes, an dem die Dinge erstmals nach langer Zeit wieder etwas freundlicher aussehen.

Der Berliner Fußball-Zweitligist hat sich am Sonntagnachmittag durch einen 3:2-Erfolg bei Holstein Kiel in der Tabelle ins gesicherte Mittelfeld hervorgearbeitet. Erstmals in dieser Saison findet er sich sogar in der oberen Hälfte des Tableaus wieder. Und das 3:2 in Kiel war nach dem 3:0 gegen Eintracht Braunschweig in der Woche zuvor sogar schon der zweite Sieg am Stück. Als Hertha dies zum letzten Mal gelungen ist, hieß der Trainer noch Felix Magath.

Zum nun deutlich freundlicheren Gesamtbild gehört aber eben auch der Zustand der Konkurrenz. Und da vor allem der Zustand jener Konkurrenten, die qua ihrer Strahlkraft gerne in einem Atemzug mit Hertha genannt werden. Als da wären: der Hamburger SV und der FC Schalke 04.

Wir sind auf einem guten Weg.

Pal Dardai, Trainer von Hertha BSC, nach dem Sieg in Kiel

Es ist ziemlich genau einen Monat her, dass die Berliner beim HSV anzutreten hatten und hoffnungslos überfordert waren. Selbst Pal Dardai, Herthas Trainer, sprach nach der 0:3-Niederlage seiner Mannschaft von einem Klassenunterschied. Die Hamburger waren derart überlegen, dass ihr immer wieder verschobener Aufstieg in dieser Saison aber wirklich und ganz sicher nicht mehr zu verhindern sein würde, während Hertha … nun, ja.

Vier Spiele später stellt sich die Situation nicht mehr ganz so eindeutig dar. Das liegt zum einen daran, dass Hertha drei der vier Spiele seitdem gewonnen hat. Und zum anderen am HSV, der zuletzt eben wieder HSV-Dinge getan hat: Der Niederlage beim Aufsteiger SV Elversberg ließ er eine Niederlage beim Aufsteiger VfL Osnabrück folgen. Die Tabellenführung ist erst einmal futsch, und von sieben Punkten Vorsprung auf Hertha sind nur noch vier geblieben.

Bei Schalke 04, wie Hertha im Frühjahr aus der Bundesliga abgestiegen, ist alles noch viel schlimmer. Am Wochenende ist die Mannschaft durch die Niederlage beim FC St. Pauli auf den Relegationsplatz zurückgefallen. Und innerhalb des Teams brodelt es gewaltig, nachdem Innenverteidiger Timo Baumgartl im TV-Interview bei Sky Kritik an der Idee von Trainer Thomas Reis geäußert hatte.

Nach sieben Spieltagen muss das alles noch nicht viel bedeuten, erst recht nicht in einem derart ausgeglichenen und engen Wettbewerb wie der Zweiten Liga. Gerade zwei Punkte liegen zwischen dem Neunten Hertha und dem Drittletzten Schalke. Aber der Trend spricht gerade eindeutig für die Berliner. Nach dem fürchterlichen Saisonstart mit null Punkten und null Toren aus den ersten drei Spielen hat sich die Mannschaft inzwischen gefangen.

Dardai nutzte die Optionen seines Kaders

„Wir sind auf einem guten Weg“, sagte Trainer Dardai nach dem hart erkämpften und letztlich auch ein bisschen glücklichen Sieg bei Holstein Kiel. Seine Mannschaft verspielte eine 2:0-Pausenführung, vergab kurz vor Schluss durch den sonst so treffsicheren Haris Tabakovic einen Elfmeter und gewann am Ende doch noch durch einen von Fabian Reese verwandelten Strafstoß. Es lag laut Dardai nur an „Kleinigkeiten, ob Kiel glücklich ist oder wir“.

Herthas Trainer übte einige Kritik am Auftritt seiner Mannschaft. Weil einige seiner Spieler nur 70 Prozent ihrer Leistungskapazität erreicht hätten, fand Kiel nach der Pause zurück ins Spiel und setzte den Berliner arg zu. Dass Hertha die Partie letztlich für sich entscheiden konnte, sagt allerdings auch etwas über die Qualität des Teams.

Den ganzen Sommer über war von Herthas komplizierter Situation die Rede, von der schwierigen Kaderplanung und den finanziellen Beschränkungen des Klubs. Inzwischen aber verfügt Trainer Dardai über personelle Möglichkeiten, die sich im Zweitligavergleich durchaus sehen lassen können.

Hinter dem HSV unterhält Hertha BSC den teuersten Kader der Liga. Der polnische Außenverteidiger Michal Karbownik zum Beispiel, den sowohl die Hamburger als auch Schalke gern verpflichtet hätten, war mit einer Ablöse von 2,5 Millionen Euro der teuerste Einkauf der gesamten Zweiten Liga. Darüber hinaus gab es lediglich zwei Spieler (Ron Schallenberg, Schalke, und Ragnar Ache, Kaiserslautern), für die in diesem Sommer eine siebenstellige Ablöse fällig wurde.

Es ist auch diese Qualität, die sich in engen Spielen zugunsten von Hertha BSC bemerkbar macht. Mit gezielten Wechseln in der zweiten Hälfte konnte Trainer Dardai seine taumelnde Mannschaft gegen Holstein wieder stabilisieren. Er brachte unter anderem Bilal Hussein, einen schwedischen Nationalspieler, von der Bank, sowie Bence Dardai, der kurz vor Schluss den zweiten Elfmeter für die Berliner herausholte.

Und so war es Kiels Trainer Marcel Rapp, der nach dem Spiel aussprach, was in den Turbulenzen des Saisonstarts ein wenig in den Hintergrund gerückt ist: „Der Gegner hat ja auch eine richtig gute Mannschaft.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false