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Die Bahn will ihre Güterzugsparte endlich profitabel machen.

© imago/Jochen Tack/imago stock

Brüssel macht Druck wegen DB Cargo: Jetzt greift die Bahn die Lokführer-Privilegien an

Die Transporttochter DB Cargo macht seit Jahren hohe Verluste. Deshalb ermittelt sogar die EU-Kommission. Bahn-Gütervorständin Sigrid Nikutta fordert mehr Flexibilität von den Lokführern.

Seit Jahren rauscht die Deutsche Bahn in eine immer tiefere Krise. Mehr als 30 Milliarden Euro Schulden schränken den Handlungsspielraum der Konzernspitze ein. Zuletzt warnte DB-Aufsichtsratsvize Martin Burkert schon vor Problemen beim Kauf neuer Züge.

Hauptverantwortlich für die wirtschaftlichen Probleme ist DB Cargo. Allein 2022 erwirtschaftete die Transporttochter einen Verlust von 665 Millionen Euro, im vergangenen Jahr sollen es nach Reuters-Informationen wieder 500 Millionen Euro gewesen sein.

Nach rund vier Jahren im Amt will die als Saniererin geholte DB-Cargo-Chefin Sigrid Nikutta nun hart durchgreifen. Nikutta greift die Privilegien der Cargo-Lokführer an. Den sogenannten Kombinierten Verkehr – also Transporte, bei denen Lkw die letzte Meile übernehmen – möchte die Managerin an vier Tochterunternehmen übergeben, in denen weniger kommode Arbeitsbedingungen vereinbart sind. Außerdem will Nikutta Arbeitsplätze in der Verwaltung abbauen.

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Der Zorn der Arbeitnehmervertreter ist groß. Am Freitag verschickten 34 Betriebsräte bei DB Cargo einen Brandbrief. Sie warnen vor dem Abbau von 1500 Arbeitsplätzen bei der Muttergesellschaft. Nikutta wolle DB Cargo kaputt schrumpfen, heißt es in dem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt.

Auch die Bahngewerkschaft EVG macht gegen Nikuttas Pläne mobil. Am Dienstag beschloss der EVG-Vorstand eine Kampfansage. Von einem „Schlag ins Gesicht der Beschäftigten“ und einem „Angriff auf die Mitbestimmung“ ist in dem Beschluss die Rede, der dem Tagesspiegel vorliegt. Die EVG-Führung ruft nun alle Eisenbahner auf, dagegen zu protestieren.

DB Cargo ist nicht wettbewerbsfähig

Mit der Auslagerung will Nikutta vor allem einen flexibleren Einsatz von Lokführern und längere Fahrten am Stück erreichen. Derzeit haben Cargo-Lokführer ein Recht darauf, ihren Arbeitstag wieder an ihrem Heimatbahnhof zu beenden. Während private Güterbahnen eine Fahrt von Hamburg nach Regensburg mit zwei Lokführern bewältigen, brauche man dafür 18 Kollegen, heißt es aus Bahnkreisen. Mit den geltenden Arbeitsschutzregeln sei man kaum noch wettbewerbsfähig. Tatsächlich verliert DB Cargo beständig Marktanteile. Inzwischen werden 60 Prozent der Schienentransporte von Wettbewerbern gefahren.

Bei den Tochterunternehmen, die künftig den gesamten kombinierten Verkehr organisieren sollen, seien längere Fahrten am Stück und Hotelübernachtungen hingegen üblich, heißt es in Bahnkreisen. Bei ihnen gelten Tarifverträge der Chemie- und Montanindustrie. Die Bahngewerkschaften EVG und GDL, die die starren Arbeitsschutzregeln durchgesetzt haben, wären aus dem Spiel.

Ihren Widerstand gegen eine Ausbootung will Nikutta brechen. Bei den Tochterfirmen stünden die Kunden im Mittelpunkt, nicht der beste Dienstplan, heißt es aus Bahnkreisen. Zur Not will der DB-Konzern den Umbau bei Cargo deshalb per Schlichtung oder gerichtlich durchsetzen.

Ein Beihilfeverfahren der EU-Kommission kann Nikutta als Druckmittel nutzen. Die Brüsseler Wettbewerbshüter untersuchen derzeit, ob es eine unerlaubte staatliche Beihilfe ist, dass der Staatskonzern Deutsche Bahn seit Jahren die Verluste von Cargo übernimmt. Den Vorwurf wolle die EU-Kommission nur fallen lassen, wenn sich DB Cargo umfassend reformiere, heißt es aus Bahnkreisen.

Auch im Bundesverkehrsministerium sieht man das EU-Verfahren gegen Deutschland durchaus mit Wohlwollen. Öffentlich äußert sich das Ministerium indes nur sehr zurückhaltend. Den Kampf gegen die Bahngewerkschaften will man Nikutta lieber alleine ausfechten lassen. Ob sich Nikutta ohne politischen Rückhalt gegen die einflussreiche EVG durchsetzen wird, bleibt abzuwarten.

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