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Teilnehmerinnen einer Protestkundgebung an der Berliner Charité (2015).

© dpa/Jörg Carstensen

Fordern vier Prozent Inflationsausgleich: Krankenhausgesellschaften warnen vor Kliniksterben

Am Mittwoch wollen Ärzte und Klinikmanager auf die Straße gehen. Auch die Berliner Krankenhausgesellschaft klagt über hohe Kosten und mangelnde Unterstützung durch den Bund.

Bundesweit gehen Ärzte und Klinikmanager diesen Mittwoch auf die Straße. Insgesamt rechnen die Veranstalter der Proteste im ganzen Land mit bis zu 20.000 Demonstranten. Vertreter der Berliner Kliniken sammeln sich vor dem Brandenburger Tor – ihnen geht es um steigende Preise für Arzneien, Technik und Baustoffe sowie die anstehenden Lohnerhöhungen in den Krankenhäusern. Einige Direktoren sprechen von drohender Insolvenz.

„Es droht ein Kliniksterben“, sagte Marc Schreiner, der Geschäftsführer der Berliner Krankenhausgesellschaft (BKG). Das gefährde die Versorgung und womöglich die Demokratie: „Davon profitiert am Ende allenfalls die AfD.“

Die vom Bund geplante Krankenhausreform, in der kleine Kliniken wohl fusionieren werden, dürfe man nicht abwarten, sagte Schreiner. Selbst wenn die Reform kommendes Jahr in Kraft trete, werde sie erst 2026 voll wirken.

4007
Euro beträgt der Landesbasisfallwert, ein im Gesundheitswesen entscheidendes Maß.

Die BKG wirft nicht nur dem Bund, sondern auch dem Senat „erhebliche Versäumnisse“ vor. Das Land komme seinen Investitionsverpflichtungen nicht nach. In den Jahren 2022 und 2023 fehlten 200 Millionen Euro, teilte der Lobbyverband mit, kommendes Jahr erhöhe sich der Betrag wahrscheinlich auf 400 Millionen Euro.

Verband fordert Bestandserhalt

Gesetz ist, dass die Bundesländer in Bauten und Technik der als nötig anerkannten Krankenhäuser investieren müssen. Die Krankenkassen zahlen für Personal und Medikamente.

Und so fordert BGK-Mann Schreiner für „Bestandserhalt“ und „Herausforderungen durch Klimaschutz und Digitalisierung“ massive Hilfen vom schwarz-roten Senat. Nach Einschätzung des Verbandes der Ersatzkassen haben Berlins Krankenhäuser einen jährlichen Bedarf von 350 Millionen Euro.

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Zur Diskussion in den Haushaltsberatungen stehen derzeit 118,4 Millionen Euro in 2024 und 120 Millionen Euro in 2025 für die frei-gemeinnützigen, privaten und konfessionellen Kliniken. Der landeseigene Vivantes-Konzern, dessen Krankenhäuser oft soziale Brennpunkte versorgen, könnte 572 Millionen Euro erhalten, wobei die Abgeordneten über diese Summen noch streiten werden.

Vom Bund fordert die BKG einen Inflationsausgleich: Die Gesellschaft veranschlagt für 2022 und 2023 vier Prozent des Landesbasisfallwerts. Dieser Wert – in Berlin liegt er bei 4007 Euro – wird jährlich zwischen den Bundesländern, Kassen und Kliniken ausgehandelt. Von ihm leiten sich die Höhen der sogenannten Fallpauschalen ab, mit denen die Versicherungen die Behandlungen der Krankenhäuser bezahlen.

Senat trägt die Reformpläne mit

Pro Diagnose gibt es eine „Bewertungsrelation“, die sich am durchschnittlichen Aufwand für die Behandlung orientiert. Diese Zahl wird mit dem Basisfallwert multipliziert. Ein vereinfachtes Beispiel: Eine Kreislauferkrankung ohne besondere Schwere wurde lange mit einer Bewertungsrelation von eins eingestuft, die Behandlung folglich mit circa 4000 Euro vergütet.

Die Haushaltsgelder sind in Zeiten der Schuldenbremse begrenzt

Senatsgesundheitsverwaltung

Die Kassen dringen auf Landesinvestitionen, weil sie fürchten, dass die Kliniken sonst jene Mittel für Sanierungen und Geräte verwenden, die für die unmittelbare Krankenversorgung bestimmt sind. Auf Anfrage teilte die Verwaltung von Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) mit: „Berlin kommt seinen Finanzierungspflichten gemäß Krankenhausfinanzierung nach, jedoch sind die Haushaltsgelder in Zeiten der Schuldenbremse begrenzt.“

Die Verwaltung verwies auf die Reform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), was BKG-Mann Schreiner ärgern dürfte, geht der doch davon aus, dass die vom Bund geplanten Mechanismen erst 2026 wirkten. Die Versorgung der Stadt ist der Senatsverwaltung zufolge nicht gefährdet.

Die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Abgeordnetenhaus, Silke Gebel (Grüne), pflichtete den Kliniken bei: „Wenn die Investitionen des Landes auf dem aktuellen Niveau bleiben und man sich die Baukostensteigerungen ansieht, dann bedeutet das eine Nullrunde für die Krankenhäuser.“ Die schwarz-rote Koalition lege keine Priorität auf die Kliniken. „Es ist wichtig, dass die Krankenhäuser Druck machen.“ Zudem kritisierte Gebel, dass das vom Vorgängersenat geplante Green-Hospital-Programm im Entwurf des Landeshaushalts fehle.

In der BKG sind alle Plankrankenhäuser Berlins organisiert. So werden jene Kliniken bezeichnet, die vom Land für die Versorgung als notwendig eingestuft werden und Anspruch auf die oben erwähnten Gelder haben.

In der Krankenhausgesellschaft aber gibt es Risse: 29 frei-gemeinnützige, private und konfessionelle Kliniken sehen sich vom Senat benachteiligt, sie unterstützen eine Klage der DRK-Kliniken Köpenick. Ihr Vorwurf: Der Senat bevorzuge die kommunalen Vivantes-Kliniken unverhältnismäßig stark. Auch Senatschef Kai Wegner (CDU) will sich des Problems annehmen.

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