zum Hauptinhalt
Das Krankenhaus Hedwigshöhe im Berliner Südosten.

© Alexianer St. Hedwig Kliniken Berlin

Streit um Gelder für Berliner Kliniken: CDU-Wirtschaftsexperte sieht Erfolgschance für Klage

Weil der Senat die landeseigenen Vivantes-Häuser bevorzuge, klagten 29 Kliniken. Investitionen braucht derzeit insbesondere das Krankenhaus Hedwigshöhe. Schließt dort die Psychiatrie?

Der Klage gegen die Klinikpolitik des Senats werden in der mitregierenden CDU offenbar Erfolgschancen gegeben. „Die Klage der freien Krankenhäuser ist nachvollziehbar“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus, Christian Gräff. „Das Land investiert mindestens seit 2017 zu wenig in die nicht-kommunalen Kliniken. Sollte die Klage erfolgreich sein – und die Chancen stehen aus meiner Sicht gut –, wird sich das Finanzierungsgefüge ändern müssen.“

Für 29 Krankenhäuser stellvertretend hatte die DRK-Klinik Köpenick kürzlich Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. Die Betreiber dieser privaten, frei-gemeinnützigen und konfessionellen Häuser monieren, dass der Senat die kommunalen Vivantes-Kliniken unverhältnismäßig mit Millionensummen bediene.

Der Senat gleicht die Vivantes-Defizite aus

Das Land verstoße so gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, das EU-Beihilferecht und das Krankenhausfinanzierungsgesetz, erklärten die 29 Kliniken, zudem beeinträchtige der Senat die „Berufsfreiheit“, denn der Senat finanziere Vivantes branchenunübliche Tarife, was anderen Kliniken die Personalsuche erschwere.

100
Prozent der Psychiatrie-Betten in Berlin sind meist belegt

Der Abgeordnete Gräff, der bis zur Wiederholungswahl dem Gesundheitsausschuss vorsaß, sagte dazu: „Der Vorgänger-Senat machte Druck auf Vivantes, selbst in den Tochterfirmen für Reinigung, Speiseversorgung und Transport den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes anzuwenden. Und die daraus resultierenden Defizite will er mit Sonderzahlungen ausgleichen.“

Auch in den aktuellen Haushaltsberatungen stehen für 2024 und 2025 als Defizitausgleich und für weitere Investitionen 572 Millionen Euro für den landeseigenen Vivantes-Konzern zur Diskussion. Die frei-gemeinnützigen, privaten und konfessionellen Krankenhäuser sollen nächstes Jahr 118,4 Millionen Euro, in 2025 dann 120 Millionen Euro erhalten. Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) muss sich derzeit zudem um die Folgen der Klinikreform des Bundes für Berlin kümmern.

Insbesondere die Psychiatrien sind überlastet

Hintergrund der Klage ist, dass die Bundesländer gesetzlich verpflichtet sind, in Bauten und Technik aller für die Versorgung nötigen Krankenhäuser zu investieren. Die Krankenkassen wiederum sind für Personal-, Energie- und Arzneimittelkosten zuständig.

Besonders dringend Hilfe braucht das Treptower Krankenhaus Hedwigshöhe. Dessen Psychiatrie-Gebäude sei so marode, heißt es in einem Brandbrief, dass es in den nächsten Jahren gesperrt werden müsse: „Es geht nicht also darum, ob die Behandlung psychiatrischer Patienten unter adäquaten Bedingungen erfolgt, es geht darum, dass sie überhaupt nicht mehr stattfinden wird“, schreiben Geschäftsführung, Mitarbeitervertretung und Pflegedirektion in dem Brief, der Ende August das Abgeordnetenhaus erreichte.

Hedwigshöhe sei „der alleinige Psychiatrie-Versorger“ im Bezirk, warnen die Autoren, also für ein Einzugsgebiet mit 290.000 Einwohnern zuständig.

Tatsächlich könnten andere Psychiatrien Berlins kaum zusätzliche Patienten aus dem Südosten aufnehmen. Stadtweit sind fast alle psychiatrischen Stationen überlastet, die Betten oft zu 100 Prozent belegt.

Bricht die Psychiatrie weg, gleicht das einer sozialpolitischen Katastrophe.

Carolin Weingart (Linke), Gesundheitsstadträtin in Treptow-Köpenick

„Wir sind einer der am stärksten wachsenden Bezirke der Stadt – und zudem der flächenmäßig größte. Bricht die Psychiatrie in Hedwigshöhe weg, gleicht das einer sozialpolitischen Katastrophe“, sagte Carolin Weingart (Linke), die Gesundheitsstadträtin in Treptow-Köpenick. Statistisch gesehen seien 5600 Einwohner des Bezirks von psychischen Leiden betroffen. Unbehandelt könne dies massive Folgen auf deren Bildungsweg und im Berufs- und Familienleben haben.

Träger der Treptower Klinik, die sich nicht der erwähnten Klage angeschlossen hat, ist eine Gesellschaft der katholischen Alexianerbrüder, die in Berlin zudem das St. Hedwig-Krankenhaus in Mitte führt. Im Herbst 2022 stellten die Alexianer einen Antrag auf Sonderförderung für 145 Millionen Euro. Im Haushaltsentwurf des Senats ist allerdings kein Geld für die Treptower Psychiatrie vorgesehen.

„Der Hilferuf aus Treptow zeigt deutlich, wie massiv in den vergangenen Jahren versäumt wurde, auch in freie und konfessionelle Krankenhäuser zu investieren“, sagte CDU-Mann Gräff. „Es muss unbedingt verhindert werden, dass der Berliner Südosten keine psychiatrische Klinik mehr hat.“

Mit der Spitze der klagenden DRK-Kliniken verhandelt Verdi derzeit um einen neuen Tarifvertrag. Die Gewerkschaft fordert vor allem eine 35-Stunden-Woche. Die zweite Verhandlungsrunde endete vor einigen Tagen ergebnislos.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false