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Tschüss, Wolodymyr: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verabschiedet seinen ukrainischen Amtskollegen Selenskyj im Park von Schloss Bellevue.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

„Kommt der Selenskyj mit der S-Bahn?“: Verkehrschaos durch Staatsbesuch verärgert Berliner

Beim Besuch des ukrainischen Staatspräsidenten Wolodymyr Selenskyj galt die höchste Sicherheitsstufe. Für die Berliner hieß das: Straßensperrungen, Zugausfälle, Stress.

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Hauptstadt zu sein, geht mit vielen Annehmlichkeiten einher: bedeutende Museen, große Feste und dann und wann gibt’s mal einen König oder Prinzen zu sehen. Am Freitag litten Zehntausende Berliner jedoch unter den lästigen Begleiterscheinungen des Hauptstadtdaseins: Fünf Stunden war der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj zum Staatsbesuch zugegen – und weil er eine der meistgefährdeten Personen der Welt ist, galt die höchste Sicherheitsstufe.

Die Folge: Straßensperrungen und vor allem weitreichende Ausfälle bei S-Bahn, Regionalzügen und dem Fernverkehr der Deutschen Bahn. Für viele Berliner wirbelte das den Alltag durcheinander – und stieß auf Unverständnis. „Warum genau führt so ein Staatsbesuch eigentlich zu Verzögerungen bei den Öffis? Kommt der Selenskyj mit der S-Bahn?“, fragte Jonathan Andree bei X. „Oder hat er sich auf die Gleise geklebt?“

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„Die Einschränkungen zum Besuch von Zelensky sind einfach eine Frechheit“, wetterte der Nutzer ChaWiBiker bei X. „Wo sind wir bitte? Dann empfangt ihm doch auf einem Militärstützpunkt!“

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Nun traf Selenskyj am Nachmittag erst Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und dann Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier – und sowohl Kanzleramt als auch Schloss Bellevue befinden sich in der Nähe der Stadtbahn als zentraler West-Ost-Achse. Die S-Bahn hatte deswegen auf dem Abschnitt durchs Regierungsviertel den Verkehr gleich eingestellt.

Doch auch fernab der Machtzentralen bekamen Berliner den Staatsbesuch zu spüren, auch der Takt der Ringbahn war zum Beispiel ausgedünnt. „Habe mich heute etwas durch Berlin bewegen müssen, und es ist wirklich eine komplett unverhältnismäßige Zumutung“, berichtete ein frustrierter Fahrgast dem Tagesspiegel. „Wieso müssen in Friedrichshagen und Wannsee S-Bahnen ausfallen, wenn der ukrainische Präsident mit dem Hubschrauber zum Kanzleramt fliegt? Überall Busse und Züge ausgefallen und völlig überfüllt.

Nachfrage bei der S-Bahn Berlin: Der Takt werde reduziert „in Voraussicht auf mögliche Maßnahmen und Streckensperrungen, die von den Sicherheitsbehörden im Laufe des Tages kurzfristig angeordnet werden”, sagte ein Sprecher. Ziel der Taktausdünnung sei es, auf mögliche Streckensperrungen schnell reagieren zu können. Würde die S-Bahn den Takt nicht reduzieren und es käme zu einer Anweisung seitens der Sicherheitsbehörden, sei es zu spät, sagte der Sprecher. Dann stauten sich die Züge in den Bahnhöfen und es dauere, bis die Fahrgäste aussteigen könnten.

Für die Sicherheitsvorkehrungen rund um den Staatsbesuch war die Berliner Polizei zuständig. Konkrete Anordnungen, die die S-Bahn betreffen, verhängt in solchen Fällen allerdings die Bundespolizei. Fragen zur S-Bahn-Taktung wollte sie nicht beantworten. „Um Ihnen das darzulegen, müsste ich unsere Einsatztaktik offenlegen“, sagte eine Sprecherin der Bundespolizei. „Und das würde der Gefährdungslage widersprechen.“

In Nauen hat der Zugführer erst mal Feierabend

Im Regionalverkehr wirkten sich die Sperrungen noch weiter aus. Zum Beispiel der RE 8, der um 15.05 Uhr von Lichtenberg in Richtung Wittenberge abfuhr: Vom Ostkreuz über den Hauptbahnhof und Spandau bis Falkensee westlich von Berlin wurden die Haltestellen an diesem Nachmittag nicht bedient. In Lichtenberg sagte der Zugführer diese Änderungen an und ergänzte, für weitere Fragen stehe das „hoffentlich im Zug anwesende Zugbegleitpersonal“ zur Verfügung – es war aber dann doch keines anwesend.

Auf den Hund gekommen: Auch im Tiergarten war nicht überall ein Durchkommen für Spaziergänger. Klar, hier liegt das Schloss Bellevue.

© dpa/Sebastian Gollnow

Das Abenteuer ging in Brandenburg weiter: Nach einem unplanmäßigen Halt in Brieselang meldete sich der Zugführer wieder und gab bekannt, dass man mit Nauen jetzt den ersten planmäßigen Halt des Zuges erreiche. Von dort könne man dann, wenn man wolle, „irgendwann“ zum Beispiel mit der RB 10 zum ansonsten planmäßigen Halt Spandau zurückfahren.

In Nauen stehe aber auch ein unplanmäßiger Aufenthalt bevor, „weil das Zugpersonal für diesen Zug erst mit dem nächsten Zug in Nauen eintreffen“ werde. Dazu gehöre auch der Triebwagenführer, denn, so der bisherige solche, „ich hab jetzt nämlich Feierabend“.

Fünf Minuten später kam noch eine weitere Durchsage, mit anderer Stimme, die der Hoffnung Ausdruck verlieh, dass es in absehbarer Zeit weitergehe, „wenn denn das Zugpersonal demnächst hier ankommen sollte“. Es kam dann offenbar wirklich, und der Zug fuhr, mit gebührender Verspätung, weiter.

Mit dem Hubschrauber geht es für Selenskyj nach Schönefeld

Es ist gegen 18 Uhr am Abend, als mancher in Kreuzberg und Neukölln mehrere Hubschrauber über die Dächer fliegen hört. Der Staatsbesuch ist zu Ende, Wolodymyr Selenskyj ist auf dem Weg zum Regierungsflughafen in Schönefeld.

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So endet der Staatsbesuch auch für Berliner noch versöhnlich. „Wusste gar nicht, dass die Bundeswehr so viele Hubschrauber in die Luft bekommt“, schreibt Frank Parakenings anerkennend bei X, nachdem er insgesamt sechs Hubschrauber über Britz gezählt hat.

Um 18.25 Uhr teilt die Berliner Polizei mit: „Herr Selenskyj hat Berlin nun wieder verlassen. Die Sperrungen sind dementsprechend aufgehoben.“

Ihren Dank richtet sie an Polizei-Einheiten aus Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Sachsen-Anhalt, die an dem Großeinsatz beteiligt waren. „Wir wünschen Ihnen ein schönes Wochenende.“

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