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Tausende folgten am Mittag dem Aufruf des Vereins Vitsche zur Solidaritätsdemonstration für die Ukraine am Brandenburger Tor in Berlin.

© dpa/Fabian Sommer

Update

Tausende bei Ukraine-Protest in Berlin: Wegner fordert Konsequenzen für „Mörder-Putin“ – Greenpeace-Projektion an russischer Botschaft

Zweiter Jahrestag des Ukrainekriegs: Etwa 5000 Menschen demonstrieren vor dem Brandenburger Tor. Und Greenpeace projiziert die Parole „Stoppt das Töten!“ an die russische Botschaft.

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Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner hat sich anlässlich des zweiten Jahrestags des russischen Angriffs für weitere Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen – inklusive deutschen Marschflugkörpern vom Typ Taurus. Bei der Kundgebung „Frieden verteidigen“ am Samstag vor dem Brandenburger Tor forderte er außerdem, der russische Präsident Wladimir Putin müsse zur Verantwortung gezogen werden. „Er will die Ukraine vernichten, die Kultur auslöschen, die Sprache auslöschen. Das lassen wir nicht zu“, sagte der CDU-Politiker. „Kindesverschleppung, Vergewaltigung, Kriegsverbrechen – Putin muss zur Verantwortung gezogen werden für diese schrecklichen Taten.“

Nach Polizeiangaben demonstrierten am frühen Nachmittag bis zu 5000 Menschen für das angegriffene Land im Osten Europas. Der Solidaritätsverein Vitsche hatte zu der Kundgebung aufgerufen. Es reiche nicht, Sonntagsreden zu halten, sagte Wegner weiter. „Wir müssen der Ukraine helfen.“ Das gelte zum einen mit Blick auf den Wiederaufbau in der Zukunft. „Aber was die Ukraine heute braucht, schnell braucht, sind Waffen, das ist Munition, das ist der Taurus, um sich selbst zu verteidigen“, sagte der CDU-Politiker unter großem Beifall.

Die Ukrainer kämpften auch für Europa und „für unsere Art des Zusammenlebens“, sagte Wegner. Er sprach der Ukraine die uneingeschränkte Solidarität Berlins aus und erinnerte an die Städtepartnerschaft zwischen Kiew und Berlin, die im vergangenen Jahr vereinbart wurde. „Mir war das sehr, sehr wichtig.“

Berlin sei die Stadt der Freiheit, sagte der Regierende Bürgermeister. „Ich bin mir sicher, dass auch Kiew in Zukunft eine Stadt der Freiheit sein wird.“ Wegner weiter: „Wir müssen zusammenstehen und schnell unterstützen, am besten schon heute. Die Ukraine wird weiter leben. Mörder-Putin muss zur Verantwortung gezogen werden.

„Russland bringt den Tod“: ein Schild bei der Ukraine-Demo vor dem Brandenburger Tor.
„Russland bringt den Tod“: ein Schild bei der Ukraine-Demo vor dem Brandenburger Tor.

© dpa/Fabian Sommer

Im Anschluss an seine Rede rief die Menge in Sprechchören „Taurus jetzt“. Raketen vom Typ Taurus sind ein deutsches Waffensystem, das von Kampfflugzeugen abgeworfen wird und rund 500 Kilometer weit entfernte Ziele treffen kann. Weil es zugleich sehr tief fliegt, ist es von gegnerischem Radar nur schwer zu erkennen. Die Ukraine wünscht sich eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern. Einen entsprechenden Antrag der Union hatte der Bundestag am Donnerstag abgelehnt.

Vor Wegner sprach unter anderem die Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal bei der Kundgebung. Sie forderte ein entschlosseneres und geeintes Vorgehen Europas. „Wo ist unsere gemeinsame Stimme, wo ist unsere gemeinsame Verteidigungsstrategie?“, fragte sie.

Viele Teilnehmer der Kundgebung hatten ukrainische Fahnen dabei. Andere zeigten ihre Einschätzung des Kriegsgeschehens auf Transparenten und Plakaten. „Russland lügt immer“ war dort zum Beispiel zu lesen, „Der Teufel steckt im Kreml“ oder auch „Russia is a terrorist state“ (Russland ist ein terroristischer Staat), ein Slogan, der aus der Menge auch mehrfach gerufen wurde.

Greenpeace-Projektion auf russischer Botschaft: „Stoppt das Töten!“

„Hände weg von der Ukraine!“: Auch dieser Schriftzug war auf der Fassade der russischen Botschaft zu lesen.
„Hände weg von der Ukraine!“: Auch dieser Schriftzug war auf der Fassade der russischen Botschaft zu lesen.

© REUTERS/LISI NIESNER

Der zweite Jahrestag des russischen Angriffs hatte in Berlin überraschend begonnen. Greenpeace-Aktivisten projizierten gegen 6.15 Uhr die Forderung „Stoppt das Töten“ in englischer und in deutscher Sprache an die russische Botschaft. Zudem leuchtete der Schriftzug „Hands off Ukraine!“ an der Fassade des Gebäudes am Boulevard Unter den Linden auf – „Hände weg von der Ukraine“.

„Russland muss das Töten in der Ukraine beenden und sich wieder zurückziehen“, sagte Alexander Lurz, Abrüstungsexperte von Greenpeace. Demnach fordern die Aktivisten auch, dass die internationale Gemeinschaft und die Bundesregierung ihre diplomatischen Anstrengungen wieder verstärken, um den Krieg zu beenden.

Lastwagen „ordnungsgemäß geparkt“, aber Projektor für Polizei unerreichbar

Unmittelbar vor Beginn der Aktion hatte eine Aktivistin den Objektschützern an der Botschaft die Projektion angekündigt. Wie die Polizei berichtete, machten die Beamten fünf Männer und zwei Frauen von Greenpeace aus, die jedoch der Aufforderung, ihre Aktion abzubrechen, nicht nachkamen.

Der Mitteilung zufolge hatten sie einen Lastwagen mit einem Überseecontainer etwa 115 Meter von der Botschaft entfernt in der Schadowstraße „ordnungsgemäß geparkt“. Der Container sei nach oben offen und der Projektor in vier bis fünf Metern Höhe unerreichbar für die Polizisten installiert gewesen. Noch ehe alarmierte Feuerwehrleute der Polizei zur Hilfe kommen konnten, hätten die Aktivisten die Aktion gegen 6.40 Uhr beendet. Die Aktivisten zwischen 27 und 47 Jahren erwarten nun Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz.

Ukraine-Verein scheitert vor Bundesverfassungsgericht

Zuvor war der Verein Vitsche mit dem Versuch gescheitert, eine Erlaubnis für eine Videoprojektion von Kriegsbildern auf das Gebäude an diesem Sonnabend zu erhalten. Er hatte eine Stunde lang Fotos und Videos vom Krieg auf die Botschaft projizieren wollen. Nachdem die Polizei dies verboten hatte, zog der Verein vor Gericht. Ein Eilantrag am Bundesverfassungsgericht blieb am Abend vor dem zweiten Jahrestag des Überfalls auf die Ukraine ohne Erfolg.

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Die Aktion von Greenpeace stieß bei Vitsche auf Unverständnis. Der Anwalt des Ukraine-Solidaritätsvereins, Patrick Heinemann, fand dazu auf X (ehemals Twitter) scharfe Worte. Dass Greenpeace die Idee von Ukrainer:innen klaue und mit der Forderung nach Verhandlungen mit Russland verknüpfe, schrieb Heinemann, sei „einfach nur zum Kotzen“.

Bundesverfassungsgericht betont „Würde der diplomatischen Vertretung“

Das Bundesverfassungsgericht hatte am Freitag mitgeteilt, dass eine Folgenabwägung zum Nachteil des Antragstellers ausgehe. (Az. 1 BvQ 11/24) Denn würde sich das Verbot später im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig herausstellen, hätten die Projektionen bereits stattgefunden – dann wären der Erklärung zufolge der geschützte Frieden und die Würde der diplomatischen Vertretung verletzt und das diplomatische Verhältnis zwischen Deutschland und Russland dadurch beeinträchtigt.

Sollte sich hingegen herausstellen, dass das Verbot verfassungswidrig war, wäre der Antragsteller in seinen Grundrechten verletzt, erläuterte das Gericht. Bei Abwägung der Interessen sei vor allem zu beachten, dass nach der Würdigung der Vorinstanz, des Berliner Oberverwaltungsgerichts, auch eine Projektion auf eine Leinwand vor dem Botschaftsgelände noch hinreichend Beachtung erzielen könne.

Sowohl das Berliner Verwaltungsgericht als auch das Oberverwaltungsgericht verwiesen auf das Wiener Übereinkommen von 1961 über diplomatische Beziehungen. Danach treffe den Empfangsstaat die besondere Pflicht, die Räumlichkeiten einer diplomatischen Mission zu schützen, um zu verhindern, dass ihr Friede oder ihre Würde beeinträchtigt werden. Vitsche-Anwalt Patrick Heinemann dagegen pochte auf das Recht der Versammlungsfreiheit und beantragte in Karlsruhe den Erlass einer einstweiligen Anordnung. (mit dpa)

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