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Zwei Alphatiere: Der türkische Präsident Erdogan gefällt sich in der Rolle des Vermittlers gegenüber Wladimir Putin.

© AFP/Vyacheslav Prokofyev

Nach Putins Drohung : Es braucht türkischen Geleitschutz für ukrainische Getreideschiffe

Das Schwarze Meer ist internationales Seegebiet. Nur Anrainer wie die Türkei können die freie Seefahrt dort mit ihrer Kriegsmarine sichern – und Millionen in Afrika vor Hunger retten.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

| Update:

Muss die Welt sich das bieten lassen? Millionen Menschen vor allem in Afrika sind von Hunger bedroht, weil der russische Präsident Wladimir Putin erneut droht, die Ausfuhr ukrainischen Getreides aus ukrainischen Schwarzmeerhäfen mit Gewalt zu verhindern.

Russland werde alle Frachtschiffe, die ukrainische Häfen anlaufen, als militärische Ziele betrachten, hat Moskau Mitte der Woche ankündigt. Und alle Länder, unter deren Flagge solche Schiffe fahren, als Feindstaaten.

Das Absurde an dieser Eskalation: Westliche Staaten liefern der Ukraine zwar Waffen – was die UN-Charta erlaubt, da die Ukraine Opfer eines völkerrechtswidrigen Angriffs ist. Aber sie achten peinlichst darauf, dass sie nichts tun, was sie in einen direkten Krieg mit Russland verwickelt.

China und Afrika rücken von Putin ab

Moskau dagegen droht pauschal allen Staaten, die mit Schiffen bei der Ausfuhr ukrainischen Getreides helfen, um drohende Hungersnöte zu verhindern, sie als Kriegsgegner zu behandeln. Und das in einem internationalen Seegebiet, in dem die freie Schifffahrt garantiert sein müsste. Es lässt sich bereits beobachten, wie Staaten in Afrika und Asien, die bisher Kritik an Putin vermieden, deshalb von Russland abrücken. Peking ist zudem verärgert, weil Russland bei den Angriffen auf Odessa auch das chinesische Konsulat dort getroffen hat.

Letztes Schiff im Getreideabkommen: Der türkische Massengutfrachter „Tq Samsun“ verlässt den Hafen von Odessa in der Südukraine.
Letztes Schiff im Getreideabkommen: Der türkische Massengutfrachter „Tq Samsun“ verlässt den Hafen von Odessa in der Südukraine.

© dpa/Ukrinform/Uncredited

Doch Putins Drohung wirkt erstmal. Welcher Eigner eines Frachtschiffs ist bereit, das Risiko einzugehen, dass die russische Flotte es versenkt? Welcher Versicherungskonzern ist noch bereit, solch ein Schiff zu versichern?

Es gäbe ein Gegenmittel: militärischen Geleitschutz für Getreideschiffe, am besten mit einem Mandat der UN. Putin würde wohl kaum den Befehl geben, ein westliches Kriegsschiff offen anzugreifen. Denn damit würde er von sich aus den Krieg gegen die Nato eröffnen. So lebensmüde ist er nicht.

Türkische Kriegsmarine müsste Frachter schützen

Doch Kriegsschiffe, die nicht bereits vor Ort sind, können das Schwarze Meer nur erreichen, wenn die Türkei ihnen die Durchfahrt durch den Bosporus gestattet. Das tut sie prinzipiell nicht.

Dieser Umstand schränkt die Optionen, wer Getreidefrachtern Geleitschutz geben könnte, ein auf die Kriegsschiffe, die bereits im Schwarzen Meer sind. Voran die Kriegsmarine des Nato-Staats Türkei plus die Bulgariens und Rumäniens, die ebenfalls dem Bündnis angehören.

Die aussichtsreichste Variante wäre ein Geleitschutz durch die türkische Kriegsmarine. Die Türkei ist der Vermittler der bisherigen Getreideabkommen. Mit Präsident Recep Tayyip Erdogan darf Putins es sich nicht verscherzen. Und der wiederum würde die Rolle genießen, dass die halbe Welt ihn bittet, den Weg für die weitere Ausfuhr des Getreides zu öffnen.

Wer weiß, vielleicht genügt bereits ein Signal Erdogans an Putin hinter den Kulissen, dass er dazu bereit wäre, um Moskau zurück an den Verhandlungstisch zu holen.

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